In ihrer Regentschaft hat sie jeweils 14 britische Premierminister und US-Präsidenten sowie sieben Päpste erlebt – und zum Teil überlebt: Queen Elizabeth II. ist nicht nur die am längsten regierende Monarchin der britischen Geschichte, sondern auch das am längsten amtierende Staatsoberhaupt der Welt.
Ihr Konterfei ist dem Vernehmen nach auf den meisten Geldscheinen der Welt zu sehen. Ihr zu Ehren hat die Royal Mail nun acht Sonderbriefmarken herausgebracht. Am Sonntag begeht die „Rekordkönigin“ Elizabeth II. ihr 70. Thronjubiläum, wenngleich die großen Feierlichkeiten mit der Militärparade „Trooping the Colour“, einer Reitershow mit 500 Pferden in Windsor, einem pompösen Pop-Konzert vor dem Buckingham Palace und Straßenfesten in ganz London erst Anfang Juni auf dem Programm stehen.
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Den Grund für die verspätete öffentliche Huldigung der Königin verrät Michael Begasse auf Nachfrage unserer Redaktion: „Das hat ausnahmsweise nichts mit dem traditionell schlechten Wetter in England zu tun. Würde sie an diesem Sonntag feiern, wäre das pietätlos, da ihr Vater und Vorgänger auf dem Thron, Georg VI., am 6. Februar vor 70 Jahren starb.“
Wegen Andrew und Co.: Verliert das Queen-Jubiläum seine Strahlkraft?
Ein besonderer und geschichtsträchtiger Tag, der die ganze Welt in seinen Bann ziehen wird, ist dieser Sonntag dennoch, wie der RTL-Adelsexperte erklärt: „Die Queen wird im April 96 Jahre alt. Die nächstmöglichen großen Ereignisse wären ihr 100. Geburtstag in über vier Jahren und eines Tages die Krönung von Prinz Charles. Eines steht fest: Wenn Elizabeth II. irgendwann einmal nicht mehr da sein wird, wird es in Großbritannien eine große Zäsur geben.“
Dementsprechend sind an diesem ersten Februar-Wochenende im Jahr 2022 sämtliche Augen auf die Royal Family gerichtet, die in den vergangenen Wochen und Monaten schwere Zeiten durchlebt hat. Der Tod von Prinz Philip vor fast einem Jahr, die nicht endende Unruhe nach dem „Megxit“ von Meghan und Harry sowie der Skandal um Prinz Andrew, dem vorgeworfen wird, die US-Amerikanerin Virginia Giuffre als Minderjährige sexuell missbraucht zu haben: All das erschütterte die Palastmauern zuletzt beträchtlich.
Droht das Thronjubiläum der Queen aufgrund dieser Negativschlagzeilen nun an Bedeutung und an Strahlkraft zu verlieren? Sind die Schatten, die derzeit auf dem britischen Königshaus liegen, vielleicht zu dunkel für eine farbenfrohe Queen-Party?
Adelsexperte Begasse: „Philip war ihr Fels in der Brandung, das ausgleichende Element“
Laut Begasse muss hier eine klare Differenzierung vorgenommen werden. Aus seiner Sicht werde der Andrew-Skandal das Jubiläum zu Ehren der Königin nicht tangieren. Deutlicher stärker falle hingegen das Fernbleiben von Philip ins Gewicht, dessen Tod die Regentin in ihrem tiefsten Inneren getroffen habe.
„Mit ihm hätte sie am Sonntag gerne einen Tee getrunken. Er war ihr Fels in der Brandung, das ausgleichende Element. Philip war der einzige Mensch auf der Welt, bei dem sie nicht Königin sein musste, sondern einfach Mensch sein durfte“, erklärt er und legt sich fest: „Ohne Prinz Philip hätte die Queen ihr 70. Thronjubiläum nie erlebt.“
Der einzige Fehler der Queen in 70 Jahren auf dem Thron
Natürlich seien die Verwicklungen ihres Sohnes Andrew in den Fall „Jeffrey Epstein“ alles andere als wünschenswert, doch die Queen habe mit Blick auf ihre Familie schon sehr viel mitgemacht. Lässt man ihre nun 70-jährige Epoche als Königin Revue passieren, hat sie nach Einschätzung Begasses nur einmal einen Fehler gemacht – und zwar 1997 nach dem tödlichen Autounfall von Prinzessin Diana.
„In dieser Situation hat sie zu spät reagiert und eine zu kalte Rede gehalten. Sie war nicht mit dem Herzen bei ihrem Volk.“ Hingegen habe sie in Sachen Andrew richtig gehandelt, wie der 55-Jährige erläutert: „Die Queen hat frühzeitig reagiert, indem sie ihrem eigenen Sohn untersagte, das Königshaus zu repräsentieren. Diese Entscheidung war folgerichtig. Als Königin hat sie sich der Aufgabe verschrieben, alles zu tun, um der Monarchie keinen Schaden zuzufügen – selbst wenn das ihr Mutter-Herz brechen würde.“
Tassen und Teller zum Queen-"Jubbly": Fehldruck amüsiert Briten
Eben weil die „Rekordkönigin“ ihrer Disziplin jahrzehntelang treu geblieben ist, wird sie in England nach wie vor verehrt. „Die absolute Mehrheit der britischen Bevölkerung steht zu ihrer Königin“, sagt Begasse. Auch nach 70 Jahren Regentschaft werde es keine bedeutende öffentliche Diskussion über die Abschaffung der Monarchie geben.
„Solange Elizabeth II. auf diesem Thron sitzt“, räumt der Experte ein und wagt einen Blick in die Zukunft: „Wenn jedoch eines Tages Charles das Zepter in der Hand hält, kann es sein, dass die Stimmen lauter werden. Wenn man jetzt gegen die Monarchie wäre, dann wäre man gegen die Queen. Und das geht nicht.“
Mit einer Ausnahme: Zwar regiert die Königin aktuell über 15 Nationen, doch vor rund drei Monaten wurde sie auf Barbados als Staatsoberhaupt „abgesetzt“. Tendenzen in diese Richtung gibt es unter anderem auch in Australien und Kanada. Die Hoffnung der britischen Monarchie liegt daher nicht auf dem künftigen „Übergangskönig“ Charles, sondern auf William und Kate, die als junges, modernes Königspaar eine neue Ära begründen könnten.
Die Queen auf den Spuren des Sonnenkönigs
Doch soweit sind wir noch nicht. Und geht es nach Begasse, darf die Neuausrichtung gerne noch einige Jahre auf sich warten lassen. Zum 70-jährigen Thronjubiläum nennt er zwei persönliche Wünsche: „Erstens hoffe ich, dass sie mindestens so alt wird wie ihre Mutter“ (Queen Mum starb 2002 im Alter von 101 Jahren; Anm. d. Red.).
„Zweitens wünsche ich mir, dass sie es noch mit Sonnenkönig Ludwig XIV. aufnimmt: Er saß 72 Jahre und 110 Tage auf dem Thron und hält damit den Weltrekord. Ich wäre glücklich, wenn die Queen anlässlich ihres 70. Jubiläums sagen würde: Diese zwei Jahre und 111 Tage schaffe ich auch noch! Denn dann wäre sie auch in dieser Hinsicht die Nummer eins.“
„The Queen, Mommy. The Queen!“
Zuzutrauen wäre es Queen Elizabeth II. allemal, die sich in all den Jahrzehnten trotz teils schwerer Schicksalsschläge nie hat unterkriegen lassen. „Das liegt auch daran, dass sie blitzgescheit ist und über einen großen Sprachwitz verfügt“, verrät der Adelsexperte und nennt ein Beispiel: „Es gab einst einen Streit zwischen ihr und Queen Mum, die ihre Tochter daraufhin gefragt haben soll: ‚Was glaubst du eigentlich, wer du bist?‘ Die Antwort von Elizabeth ließ nicht lange auf sich warten, denn sie entgegnete trocken: ‚Die Königin, Mama. Die Königin!‘ (‚The Queen, Mommy. The Queen!‘).“
Das ist sie nach wie vor – auch 70 Jahre, nachdem ein gewisser Winston Churchill kurz nach dem Tod von Georg VI. die Frage in den Raum geworfen hatte: „Kann diese junge Frau die Last der Krone tragen?“ Dass sie es konnte, davon durften sich nach Churchill 13 weitere Premierminister höchstpersönlich überzeugen.
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