Es sollte anders sein, anders als das Erfolgsalbum „Nevermind“. Das war der Anspruch und dafür zogen sich Kurt Cobain, Krist Novoselic und Dave Grohl in ein Studio in Cannon Falls zurück – rund 60 Kilometer von Minneapolis entfernt im US-Bundesstaat Minnesota.
Als „In Utero“ in den USA am 21. September 1993 erschien, waren Fans und Kritiker gleichermaßen über die schonungslosen Sounds des Nirvana Albums schockiert.
Neuauflagen zum 30. Jubiläum
Heute gilt das dritte und letzte Album von Nirvana als ihr authentischstes Werk. In den Vereinigten Staaten und Großbritannien schoss es sofort nach dem Erscheinen an die Chartspitzen. Dementsprechend wird das ikonische Album mit der weiblichen Figur mit Engelsflügeln und gläserner Haut auf dem Cover zum 30. Jubiläum gefeiert: Mit gleich mehreren Neuauflagen, die 53 bisher unveröffentlichte Songs vereinen sowie zwei unverkürzte Live-Mitschnitte ihrer letzten Konzerte.
Aufnahmen des letzten Amerika-Konzerts
Die Veröffentlichung der Aufnahmen des Konzerts vom 8. Jänner 1994 in der Grunge-Metropole Seattle dürfte das Herz vieler Nirvana-Fans besonders hochschlagen lassen. Denn es war das letzte, das die Gruppe nur wenige Monate vor dem Tod ihres Frontmannes Kurt Cobain in Amerika gegeben hatte. Am 8. April 1994, drei Tage nach seinem Tod, wurde sein Leichnam im Gartenhaus seines Anwesens entdeckt. Die Ermittler fanden einen Abschiedsbrief. Der Sänger, Gitarrist und Songwriter wurde 27 Jahre alt. Die Band löste sich nach dem Tod von Cobain auf – nur sieben Jahre nach der Gründung.
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Letztes Europa-Konzert in München
Im Februar desselben Jahres hatte die Band ihre bis April geplante Europa-Etappe ihrer Tour gestartet. Doch bereits am 1. März gab sie im Münchener Terminal 1 ihr letztes Konzert. Cobain nahm am 6. März in Rom eine Überdosis und stimmte einer Rehabilitation zu. Das Album trug zunächst den Arbeitstitel „I Hate Myself And I Want To Die“ („Ich hasse mich und will sterben“).
Die Songs der Konzert-Mitschnitte wurden von dem Musiker und Produzenten Jack Endino aus den damals entstandenen Stereo-Tapes mitgeschnitten, zu denen auch sechs Live-Bonustracks gehören, die in New York City, Rom und Springfield aufgenommen wurden. Endino stand bereits bei Nirvanas Debütalbum „Bleach“ hinter dem Mischpult.
„Nevermind“ zu sanft für die Band
Mit „In Utero“ wollte die Gruppe nicht mehr länger auf ihren zwei Jahre zuvor veröffentlichten Megaerfolg von „Nevermind“ reduziert werden. Sie empfanden das Album, das sich rund 30 Millionen Mal verkaufte, als zu sanft. Die Band wollte zur ursprünglichen Intensität ihres Debütwerks „Bleach“ zurückkehren – stark verzerrte Gitarrenklänge, schroffe Schlagzeugtöne und der eruptive Gesang von Cobain über Angst, Orientierungslosigkeit und Träume.
An der Entstehung des Albums wirkte auch der Musiker Bob Weston mit, der nun 30 Jahre später die zwölf Originaltracks von „In Utero“ neu gemastert hat, darunter „Scentless Apprentice“, eine entwaffnende Kakophonie: herzzerreißende Gitarre, schreiender Gesang, erschöpftes Schlagzeug.
Song inspiriert von „Das Parfum“
Der Song ist inspiriert von dem Roman „Das Parfum“ von Patrick Süskind, in dem der Held ohne Körpergeruch geboren wird. Dazwischen tauchen „Dumb“ und „All Apologies“ auf, die mit einer leichteren Gitarre und melodischeren Bass- und Gitarrenriffs wie warme Strömungen im kalten Wasser wirken.
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Die rauen und ungefilterten Klänge von „In Utero“ haben beim Erscheinen viele schockiert. Doch für Cobain hat die Gruppe dadurch ihren wahren Platz wiedergefunden. Er sei überzeugt, dass sich die Platte weniger verkaufen werde als „Nevermind“, sagte er in einem Interview. Manche würden das vielleicht für einen Misserfolg halten, für sie sei es jedoch ein Erfolg. Tatsächlich kam die Platte nicht an den kommerziellen Erfolg von „Nevermind“ heran. Bis heute hat sich das Album 15 Millionen Mal verkauft.
Die Band hat eine der kürzesten, aber auch erfolgreichsten Karrieren der Musikgeschichte hingelegt. Sie hat gerade mal drei Studioalben veröffentlicht („Bleach“, „Nevermind“, „In Utero“), davon aber bis heute mehr als 75 Millionen Tonträger verkauft. Ein Geniestreich – mit traurigem Ausgang.
(APA)
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