Metalband Conjurer servierte in Wien "dunkle Themen"

Wie sich helle Momente in finsteren Zeiten finden lassen, erfährt man von der britischen Metalband Conjurer. Jedenfalls im übertragenen Sinn. Denn sowohl das aktuelle Album „Páthos“ wie auch der Auftritt in der Wiener Arena Sonntagabend haben bewiesen, dass sich aus markerschütternden Schreien und bitterbösen Riffs ein kathartisches Erlebnis ergeben kann. Gewissermaßen ein Sprung in den Abgrund, aber mit einem Lächeln.

Gut ein Jahr hat das zweite Studioalbum der Gruppe nun auf dem Buckel, und trotzdem lernt die Gruppe diese Songs immer noch neu kennen. „Die Platte ist ja in der Pandemie entstanden. Wir hatten also vor der Aufnahme eigentlich keine Zeit, uns mit diesen Songs im Livekontext zu befassen“, erzählte Bassist Conor Marshall der APA vor dem Auftritt. „Jetzt erleben wir sie auf der Bühne und lassen sie auch mit älteren Stücken interagieren. Das ist teils doch ganz anders, als wir uns das vorgestellt haben.“

Stellt sich nur die Frage, welche Erwartungen Marshall und Co hatten. Denn live überzeugte das Quartett – komplettiert von Dan Nightingale und Brady Deeprose an Mikrofon und Gitarre sowie Noah See am Schlagzeug – von der ersten Sekunde an. Dabei galt es eigentlich „nur“ den Support für die französische Metalinstitution Gojira zu absolvieren. Kein einfaches Unterfangen, wenn man die in diese Richtung tendierende Logodichte auf den T-Shirts in der gut besuchten Open-Air-Arena heranzog. Conjurer meisterten die Herausforderung aber mit viel Einsatz und einem mächtigen Sound bravourös. Egal ob die eher rifflastigen Stücke des Debüts „Mire“ (2018) oder der komplexe, atmosphärisch dichte Mix aus Death, Black und Post Metal vom jüngsten Output – hier griff alles beeindruckend ineinander.

Inhaltlich sind Conjurer nicht unbedingt auf die Sonnenseite gefallen. „Wir waren immer schon eine harte, dunkle Band“, nickte Marshall, der kurz vor Veröffentlichung des Debüts zur Gruppe stieß. „Große Riffs, das schleppende Tempo, all diese Dinge machen uns aus. Andererseits verbinden wir das mit Texten, die aus emotionaler Perspektive ziemlich heftig sind. Wir haben uns nie davor gescheut, Sachen wie mentale Gesundheit oder Abhängigkeit anzusprechen. Das sind dunkle Themen, aber eben mit Bezug zur realen Welt.“ Andere Metalbands sind schon mal gerne im fantastischen Fahrwasser unterwegs, lassen Zombies auferstehen oder öffnen die Tore zur Hölle. „Uns zieht es aber eher zu Dingen, die wir selber durchgemacht oder bei anderen beobachtet haben.“

Und trotzdem: Conjurer schaffen den Spagat, massive Soundwände zu erzeugen, ohne das Publikum damit zu erdrücken. Dass die Pandemie einen inhaltlichen Einfluss auf „Páthos“ hatte, hätte er noch vor einem Jahr verneint, so Marshall. „Aber wenn wir jetzt auf die Musik blicken, erkennen wir das natürlich. Diese Songs wären nicht entstanden, wären wir zu dieser Zeit nicht alleine zuhause gesessen. Sowas schreibst du nicht schnell zwischendurch beim Soundcheck. Es ging also eher um den Klang, den die Pandemie wohl stark gefärbt hat. Insofern habe ich wohl bei den Interviews bisher gelogen, wenn ich gesagt habe: Nein, nein, um die Pandemie geht es da nicht“, lachte der sympathische Musiker.

Bis auf der Bühne lachende Gesichter zu sehen waren, musste man das komplette Set von Conjurer abwarten. Erst beim großen Finale konnten sich die sonst finster dreinblickenden Gitarristen Nightingale und Deeprose ein Lächeln nicht mehr verkneifen. Immerhin war zu diesem Zeitpunkt Marshall gerade mitsamt seinem Instrument ins Publikum gesprungen und absolvierte die finalen Takte heftig headbangend inmitten der Fans, die sich nicht zweimal bitten ließen. Zig Arme und Köpfe wirbelten durch die Luft, Handys zum Mitfilmen wurden gezückt, und ein überzeugender Auftritt ging zu Ende. Man darf sich auf neues Material, an dem bereits gearbeitet wird, freuen. Und dann hoffentlich auch auf einen Headliner-Slot.

(S E R V I C E – ; )

(APA)

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