Laster, Grauen, Ekstase: Bonartes zeigt Anita Berber in Wien

Im November 1922 und die Monate darauf versetzte Anita Berber Wien in Aufregung. Rund hundert Jahre später zeigt das Photoinstitut Bonartes mit einer Ausstellung den Grund: Berbers „Tänze des Lasters, des Grauens und der Ekstase“, mit denen sie damalige Tabuthemen wie Drogenmissbrauch, Suizid und homosexuelles Begehren auf die Bühne brachte. Bis 17. November sind Fotografien, Zeitungsberichte, Auszüge aus Gedichten und ein Fragment eines Tanzfilms zu sehen.

Die Berliner Tänzerin und Schauspielerin erreichte einen Höhepunkt ihrer Karriere, als sie 1922 im restlos ausverkauften Wiener Konzerthaus mit ihrem Partner Sebastian Droste die Produktion zur Uraufführung brachte. Das Programm bestand aus Tänzen wie „Cocain“, „Märtyrer“, „Selbstmord“ oder auch „Morphium“. „Diese Tänze haben einen Medienhype ausgelöst, wie er bis dahin nicht zu finden war“, sagte Kuratorin Magdalena Vukovic bei einer Presseführung. Berber sei für drei Monate das Thema der Stadt gewesen. Die Aufführungen waren ausverkauft – und das trotz grassierender Hyperinflation, betonte Vukovic.

Die Tänze seien „ungewöhnlich radikal“ und von „kraftvollem Ausdruck“ gewesen. Begleitet wurden sie von einer spektakulären Bühnenshow, wobei etwa verzerrte Perspektiven, grellgelbes Licht und aufwändige Kostüme zum Einsatz kamen. Gänzlich nackt war sie auf der Bühne nie und dennoch sei sie nach einem Vertragsbruch von der ihr zunächst wohlwollend gesinnten Presse als „Nackttänzerin“ diskreditiert worden, so die Kuratorin.

Zur Promotion des Programms fertigte die Wiener Porträtfotografin Madame d’Ora Fotos von Berber an. Die düster-dramatischen Aufnahmen kamen in vielen Zeitungsberichten zum Einsatz. Sie zieren wie auch Fotoabzüge d’Oras die Wände der Ausstellung. Komplettiert wird die Schau durch Auszüge aus Gedichten Berbers wie „Astarte“ („Sie trägt den Mantel der göttlichen Laster / Sie hat den Kopfschmuck der göttlichen Lust / Sie trägt den grünen Smaragd der Qual / Sie peitscht / Sie nimmt / Sie schreit / Sie tanzt“), mehrere Aktfotografien, der einzigen Publikation Berbers namens „Tänze des Lasters, des Grauens und der Ekstase“ und ein kurzes Fragment eines verloren gegangenen 20-minütigen Tanzfilms.

Neben Beständen des Photoinstitut Bonartes sind auch Leihgaben der OÖ Landes-Kultur GmbH, der Österreichischen Nationalbibliothek, dem Deutschen Tanzarchiv Köln oder auch dem QWIEN – Zentrum für queere Geschichte vertreten. Parallel zur Ausstellungseröffnung erscheint eine Publikation namens „Tänze des Lasters, des Grauens und der Ekstase. Anita Berber in Wien 1922“. Darin untersucht Magdalena Vukovic die fotografische Zusammenarbeit d’Oras mit Berber. Weitere Beiträge stammen von Historiker Matthias Marschik, Literaturwissenschafter Ralf Georg Czapla und Agnes Kern.

(S E R V I C E – Ausstellung „Tänze des Lasters, des Grauens und der Ekstase. Anita Berber in Wien 1922“ im Photoinstitut Bonartes, Seilerstätte 22, 1010 Wien, 25. August bis 17. November, Besuch nach Voranmeldung unter 01/ 236 02 93-40 oder via E-Mail [email protected]; Publikation zur Ausstellung: Magdalena Vukovic (Hg.), „Tänze des Lasters, des Grauens und der Ekstase. Anita Berber in Wien 1922“, fotohof edition, 168 Seiten, 88 Abbildungen, 18 Euro; )

(APA)

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