t-online hat offene Ohren für die wichtigsten Alben der Woche und gibt Ihnen Musiktipps. Diesmal mit John Lennon samt Yoko Ono, Tom Jones, Sarah Lombardi und einem alten Motörhead-Konzert aus der Hauptstadt.
Wenn Sie mal wieder richtig Lust auf neue Sounds haben, Ihnen aber die Zeit fehlt, sich durch die Veröffentlichungen der Woche zu hören, stimmt t-online Sie mit der wöchentlichen Rubrik „Schon gehört?“ ein.
John Lennon – John Lennon/Plastic Ono Band: The Ultimate Collection
Klar, „Imagine“ kennt jeder. Doch dabei ist das erste Solo-Album vom früheren Beatles-Musiker John Lennon wohl mindestens genauso wichtig. Die Beatles sind seit 1970 Pop-Geschichte. Paul McCartney startete solo langsam durch und sollte erst 1971 Wings gründen, George Harrison war eh schon seit ’68 solo aktiv. Und Ringo Starr? Der machte auch schon 1970 Musik ohne die Beatles, konnte aber erst ab 1973 richtig große Erfolge feiern.
Zurück zu Lennon. Zusammen mit seiner Frau Yoko Ono nahm er vor etwas über 50 Jahren sein ersten Soloalbum „John Lennon/Plastic Ono Band“ auf. Und das vereinte sozialkritische Texte, Singer/Songwriter-Folk und zurückhaltende Pop-Melodien. „Mother“, der Opener, war vielleicht etwas roh, aber das lässige „Hold On“, die Hymne „Working Class Man“ oder die fetzige Rock’n’Roll-Nummer „I Found Out“ – Lennon tobte sich mit seiner Frau musikalisch ordentlich aus.
Und das kann man jetzt in diversen Neuauflagen noch einmal nachvollziehen. Entweder im üppigen acht CD starken Boxset oder der etwas abgespeckten Doppel-LP. Was gibt’s Neues? Demos, Outtakes, neue Mixe, Live-Material und Jams. Die CDs sind echt proppenvoll mit Bonussongs, die dem beinharten Lennon-Fan gefallen werden. Die 2LP-Variante hingegen kommt neben dem schön gemixten Hauptalbum auf dem ersten Vinyl noch mit einigen Outtakes aus.
Sarah Lombardi – Ein Augenblick
Seit Monaten hat Sarah Lombardi nun schon Singles an den Fan gebracht, jetzt veröffentlicht die „DSDS“-Zweite von 2012 endlich auch ein vollwertiges Album. Elf Songs und eine Akustikversion der Single „Ich“ gibt es auf die Ohren.
Genau wie die Vorabsongs „Te Amo Mi Amor“ oder „Zoom“ präsentiert Sarah hier deutschsprachigen Pop mit viel Gefühl und erstaunlich nachdenklichen Texten. „Flügel in Gedanken“ oder „Roter Faden“ sind dafür klangvolle Beispiele. Ebenfalls horcht man bei „Love Is Love“ auf, welches den 90er Hit „What is Love?“ im Refrain sampelt. Das kommt so richtig unerwartet, macht aber Spaß. Mit „Ein Augenblick“ liefert die Ex-Frau von Pietro Lombardi handwerklich gut gemachten Deutsch-Pop der auf der Höhe der Zeit ist und sich auch nicht unbedingt vor jüngeren Künstlerinnen wie Lea oder Elif verstecken muss.
While She Sleeps – Sleeps Society
Sie zählen zu den aufstrebenden Bands im Metalcore der letzten Jahre. Besonders mit den letzten Alben „You Are We“ und „So What?“ konnte man kreativ wie kommerziell einiges zulegen. „Sleeps Society“, das mittlerweile fünfte Album von While She Sleeps, setzt da noch einen drauf.
Zwar ist der Opener „Enlightenment (?)“ nicht der Knaller wie das darauffolgende „You Are All I Need“ oder das irgendwie an Static-X erinnernde „Systematic“, dennoch hört man sich die Platte mit viel Aufmerksamkeit an. Der Metalcore rückt immer mehr in den Hintergrund. Klar, hier und da gibt es noch Breakdowns, aber Nu Metal, Electronic und weitere stilfremde Einflüsse nehmen immer mehr überhand. Und das ist auch gut so, denn mit Metalcore gewinnt man 2021 auch keinen Blumentopf mehr. Dass die einst so starren Genregrenzen aufgebrochen werden, ist nicht nur schön, sondern eigentlich ein Muss. Das hat man ja auch schon bei Bring Me The Horizon, Architects oder The Devil Wears Prada in den letzten Jahren gemerkt. Einzig die vom Klavier getragene Danksagung an die Fans, „DN3 3HT“, am Ende der Platte hätte nicht sein müssen.
Tom Jones – Surrounded by Time
Er ist zwar 80 Jahre alt, doch noch immer hat Tom Jones große Freude am musizieren. Auf seinem neuen Album „Surrounded by Time“ singt er bis auf eine Nummer Coverversionen von Bob Dylan, Cat Stevens oder Todd Snider.
Und trotz seines Alters klingt der zum Ritter geschlagene Tiger erstaunlich gut. Seine Stimme ist noch immer angenehm tief, hat das bekannte Vibrieren. Dass es sich hier um Songs anderer Künstler handelt, mag man gar nicht meinen. Alles wirkt so, als habe Tom Jones diese Nummern für Tom Jones geschrieben. Er verleibt sich selbst eine im Original etwas strange Nummer wie „Pop Star“ von Cat Stevens ein und lässt diese fast schon elegant wirken. „Elegant“ ist eh ein Schlagwort, welches das Spätwerk von Jones beschreibt. Er muss keinem mehr irgendetwas beweisen, muss keine LPs aus finanziellen Gründen aufnehmen, sondern hat einfach Spaß an der Musik. Und genau das hört man „Surrounded by Time“ auch an.
Greta Van Fleet – The Battle at Garden’s Gate
Als Greta Van Fleet 2018 ihr Debüt „Anthem of the Peaceful Army“ veröffentlichten, warfen einige ihnen vor, dass sie zu sehr nach Led Zeppelin klingen. Die anderen lobten sie dafür, dass sie eine Art neue Led Zeppelin wären. In der Tat zelebrierte man Blues-getränkten 70er Hard Rock, der enorm an Led Zep erinnerte.
Und daran hat sich mit dem Nachfolger „The Battle at Garden’s Gate“ nichts geändert. Man hat allerdings den Stil verfeinert und geht ähnlich ambitioniert vor, wie Led Zeppelin auf dem grandiosen „Houses of the Holy“. Das heißt: Greta Van Fleet hauen nicht nur Riffs raus, sondern versuchen auch verschiedene, teilweise melancholische Stimmungen einzufangen. Dabei bedienen sie sich etwas mehr Pomp, wie in etwas ausufernden Songs wie „Age of Machine“ oder „The Weight of Dreams“. Und das steht den Amerikanern um Sänger und Robert-Plant-Imitator Joshua Kiszka extrem gut zu Gesicht.
Die Qualität von „The Battle at Garden’s Gate“ legt nahe, dass diese Rocker den Hype um ihr erfolgreiches Debüt überleben sollten. Ob das referenzieren von den besten Led-Zeppelin-Momenten reicht, um vom „nächsten großen Ding“ zum echten Stadion-Act aufzusteigen, wage ich dennoch vorsichtig zu bezweifeln.
Motörhead – Louder than Noise… Live in Berlin
Ach, Motörhead. Diese Band war ein Garant. Ein Garant für Musik ohne große Experimente und ein Garant für explosive Liveauftritte. Doch mit dem Tod von Sänger Lemmy Kilmister löste sich die Band auf. Was bleibt sind Klassiker wie „Ace of Spades“, „Overkill“ und ein erstaunlich starkes Spätwerk mit Knaller-LPs wie „Inferno“ oder „Kiss of Death“. Und natürlich diverse Livealben, die posthum auf den Markt gespült werden. Mit „Louder than Noise… Live in Berlin“ gibt es wieder einen neuen Konzertmitschnitt, der auf die Headbanger losgelassen wird. Doch was taugt dieser Berlin-Gig?
Aufgenommen wurden die Nummern 2012. Neben unsterblichen Klassikern wie „Damage Case“, „Doctor Rock“ und natürlich dem Schlussdoppel bestehend aus „Ace of Spades“ und „Overkill“, gibt es auch aktuelleres Material wie „I Know How to Die“. Der Sound ist super, die Setlist ein Kracher und die Spielfreude von Motörhead war bis zum Ende ungebrochen. Tatsächlich zählt der Berlin-Tonträger zu den besseren Outputs der letzten Jahre.
Fury in the Slaughterhouse – Now
13 Jahre ist das letzte Studioalbum her. Mit „Now“ melden sich Fury in the Slaughterhouse im Hier und Jetzt zurück. Die deutschen Alternative Rocker, die besonders in den 90er Jahren große Erfolge feiern konnten, haben zwölf neue Songs zusammengeschustert.
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Etwa „1995“, was teilweise wie eine Mischung aus Becks-Bierwerbespot und neueren U2 klingt. Oder „Letters to Me“. Das sind zwei mehr als gelungene Songs, die sich auf dem Comebackalbum zum 30. Bandgeburtstag tummeln. Jetzt muss man aber auch sagen, dass diese Band schon Anfang der 90er etwas zu sehr bei den Vorbildern aus dem UK und den USA abgeschaut hat. Auch „Now“ tut das phasenweise. Immerhin macht die Band aus Hannover das souverän und mit viel Einsatz.
Alle Alben sind am 16. April erschienen oder erscheinen morgen, den 23. April, in physischer und digitaler Form. Wir hören uns wieder!
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