Howard Carpendale: "Ich bin für jede Stunde dankbar, in der kein Trash-TV läuft"

  • Für Howard Carpendale schließt sich der Kreis: Der Sänger hat zum dritten Mal mit dem Royal Philharmonic Orchestra ein Album aufgenommen.
  • Im Interview mit unserer Redaktion spricht der 75-Jährige über sein Weihnachtsalbum, das Älterwerden und sein Problem mit Trash-TV-Shows.
  • Zudem teilt der gebürtige Südafrikaner seine Gedanken zur Impfdebatte und zu der neuen Corona-Variante, die in seinem Heimatland ihren Ursprung hatte.

Herr Carpendale, Sie haben es wieder getan und zum dritten Mal mit dem Royal Philharmonic Orchestra ein Album aufgenommen. War „Happy Christmas“ von vornherein geplant?

Howard Carpendale: Das war nicht geplant. Wir hatten zunächst nicht einmal vor, zwei Alben aufzunehmen. Da die erste Platte sehr erfolgreich war, bat mich die Plattenfirma darum, noch einmal mit dem Royal Philharmonic Orchestra ins Studio zu gehen. Damit war die Sache für mich eigentlich beendet. Ich war überrascht und happy zugleich, als das Label im Sommer ein Weihnachtsalbum anfragte. Die Weihnachtssongs blühen mit der Untermalung dieses Orchesters auf. Es ist ein großartiger Sound entstanden.

Einige Weihnachtslieder auf dem Album kommen auf Deutsch daher, etwa „Have Yourself A Merry Little Christmas“. Es ist immer mutig, Klassiker zu übersetzen. Hatten Sie Respekt vor dieser Herausforderung?

Ich habe diese Lieder an einen Texter gegeben, mit dem ich jahrelang zusammengearbeitet hatte. Irgendwann haben sich unsere Wege getrennt, weil wir etwas Zoff miteinander hatten. Zehn Jahre hatten wir uns nicht mehr gesehen. Ich rief ihn dann an und bat ihn, die Texte zu übernehmen. Er war der einzige Mensch, dem ich das zugetraut habe – und ich sollte recht behalten. Er hat unglaublich schöne Texte geschrieben.

Diese Geschichte ist zudem ein schönes Beispiel dafür, dass es nicht schadet, miteinander zu sprechen und wieder aufeinander zuzugehen …

Ja, wenn zwei alte Herren wieder zueinanderfinden, ist das schon schön (lacht).

Jedes Jahr kommen neue Weihnachtsalben mit bekannten Klassikern auf den Markt. Worin unterscheidet sich Ihr Werk von anderen – abgesehen von dem Orchester?

In der Vergangenheit war ich an Weihnachtsalben eher weniger interessiert, weil darauf häufig die immer selben Melodien zu hören waren. Daher haben wir großen Wert auf die Liederauswahl gelegt. Ich habe früher schon einmal ein Weihnachtsalbum gemacht, das hauptsächlich Eigenkompositionen beinhaltete. Das wollte ich diesmal anders angehen, weil es wunderschöne Weihnachtslieder gibt, deren Melodien man zwar kennt, die aber nicht so präsent sind wie andere Titel. Ein Beispiel ist „Komm wir geh’n noch runter in die Stadt“, meine Version eines alten Nat-King-Cole-Songs. Aber natürlich gehören auch Klassiker wie „Stille Nacht“ und andere bekannte Kompositionen dazu. Doch mein größter Wunsch war es, Freude zu verbreiten – daher heißt das Album auch „Happy Christmas“. Schließlich sind die Zeiten schwierig genug.

Das ist richtig. Doch sind die Menschen aktuell überhaupt bereit, sich auf „Happy Christmas“ einzulassen?

Wenn ich von mir ausgehe, dann ist das so. Ich glaube, dass sich die Menschen darauf freuen, im Kreise ihrer Familie sein und eine schöne Zeit verbringen zu dürfen. Im vergangenen Jahr war es mir zum Beispiel leider nicht möglich, meinen Enkel in den Arm zu nehmen. Aber natürlich ist mir bewusst, dass wir in einer Zeit leben, in der wir jeden Tag eine neue negative Nachricht lesen. Kein Mensch weiß, was morgen ist.

Negative Nachrichten werden uns auch aus Ihrem Heimatland Südafrika übermittelt. Die neue Corona-Variante Omikron sorgt weltweit für Aufregung. Stehen Sie mit Menschen vor Ort in Kontakt?

Ich werde mich in den nächsten Tagen mit dem Thema beschäftigen und zum Beispiel einen meiner früheren Gitarristen anrufen, der in Südafrika lebt. Bisher war er gegen eine Impfung. Ich bin gespannt, wie er heute darüber denkt …

Diese Haltung ist für jemanden wie Sie, der sich in einem Werbespot des Gesundheitsministeriums für das Impfen starkgemacht hat, vermutlich kaum nachvollziehbar, oder?

So pauschal würde ich das nicht sagen. Zunächst einmal bin ich mit dem Vorgehen unserer Politiker zurzeit überhaupt nicht einverstanden. Nun müssen wir allerdings abwarten, wie die neue Ampel-Regierung damit umgehen wird. Doch in der letzten Zeit sind viele Fehler passiert. Auch die Debatte um eine Impfpflicht kann ich nicht verstehen. Wir können doch nicht Menschen von der Straße holen und sie zwingen, eine Spritze zu bekommen.

Was war aus Ihrer Sicht der vielleicht größte Fehler in der Corona-Politik?

Ich bin der Meinung, dass wir viel zu wenig auf unsere Wissenschaftler gehört haben. In Amerika, wo ich früher gelebt habe, wurde das umso mehr getan. Da fasse ich mir nur noch an den Kopf.

2021 war für Sie persönlich auch das Jahr Ihres 75. Geburtstags. Hat diese Zahl rückblickend etwas mit Ihnen gemacht?

Schon in meinem ganzen Leben habe ich versucht, mich immer weiterzuentwickeln und mich zu ändern – ich hoffe, zum Guten. Grundsätzlich fühle ich mich nicht wie 75, auch wenn meine Gelenke etwas anderes sagen. Da ich aber mit vielen jungen Menschen zusammenarbeite, bin ich im Kopf jünger geblieben. Die Zahl 75 hat also keine Auswirkungen auf mein tägliches Leben. Dennoch wird einem bewusst, dass man älter wird. Man weiß nicht, wie viel Zeit man auf dieser Erde noch hat.

Denken Sie heute mehr über das Leben nach als in jüngeren Jahren?

Definitiv. Das Älterwerden zwingt einen dazu, mehr über das Leben nachzudenken. Ich tue das aber gerne und bringe mich manchmal bewusst in eine melancholische Stimmung.

Sie sprechen in Interviews sehr offen über das Alter und den Tod, der uns alle eines Tages ereilen wird. Teilen Sie den Eindruck, dass viele Menschen davon nichts hören wollen? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Der Tod ist ein Teil unseres Lebens – und zwar mit der wichtigste Teil. Ich rede schon lange mit meiner Familie darüber, weil ich nicht möchte, dass Dinge unausgesprochen bleiben und es irgendwann zu spät ist, um darüber zu sprechen. Dazu gehört auch, dass es mir wichtig ist, Streitereien und Unstimmigkeiten aus der Vergangenheit auszuräumen. Ich möchte diesen Menschen, mit denen ich vielleicht mal das eine oder andere böse Wort ausgetauscht habe, die Hand reichen und keine schlechten Gefühle hinterlassen. Es wird nie ganz funktionieren, aber ich bemühe mich.

Sie betonen auch immer wieder, dass Sie gerne noch ein paar Dinge machen möchten. Welche sind das? Welche Träume hat ein Howard Carpendale?

Im Moment habe ich einen großen Wunsch: Ich möchte die Tournee, die wir vor zwei Jahren begonnen haben, unbedingt fortsetzen. Während dieser neun absolvierten Konzerten in Berlin damals habe ich gemerkt, dass „Die Show meines Lebens“ das Beste ist, das wir auf der Bühne jemals auf die Beine gestellt haben. Es ist mein großer Traum, diese Show überall in Deutschland zu zeigen. Ich habe aktuell keine Ahnung, wann ich das darf, auch wenn die Planung im Moment noch auf einen Start im Februar ausgerichtet ist.

„Die Show meines Lebens“: Dieser Slogan würde auch zu Thomas Gottschalk in Bezug auf dessen „Wetten, dass..?“-Ära passen. Gehören Sie zu den Menschen, die diesen TV-Klassiker gerne wieder häufiger sehen würden?

Ich bin für jede Stunde dankbar, in der kein Trash-TV über den Bildschirm läuft. „Wetten, dass..?“ ist gute Unterhaltung, die nichts mit den Sendungen gemein hat, in denen jedes zweite Wort „Fuck“ ist. Mit diesem und ähnlichen Wörtern haben wir das Ende der Fahnenstange erreicht, was Kraftausdrücke im Fernsehen angeht. Ich verstehe nicht, warum Menschen dazu neigen, immer bis zum letzten Extrem zu gehen.

Also sollte „Wetten, dass..?“ Ihrer Meinung nach regelmäßig ausgestrahlt werden?

Nun ja, ich weiß nicht, ob ich jedes Mal bis zu vier Stunden die komplette Show schauen werde. Aber es ist angenehme, leichte Kost – gemacht von einem guten Moderator, der für diese Show geboren ist. „Wetten, dass..?“ muss nicht jeden Monat kommen, aber ab und zu finde ich das gut.

Im ZDF läuft seit einigen Monaten zudem „Die Giovanni Zarrella Show“. Sie verstehen sich mit Giovanni recht gut. Was würden Sie ihm nach den ersten beiden ausgestrahlten Ausgaben raten?

Für einen jungen Künstler, der zum zweiten Mal eine große Show moderieren durfte, ist er auf einem sehr guten Weg. Ich bin erst einmal froh, dass diese Show ins Leben gerufen wurde. Schließlich gibt es mehr Castingshows als Sendungen für Profi-Musiker. Das ist meiner Meinung nach schon etwas eigenartig. Ich würde mich freuen, wenn man grundsätzlich – auch über die Zarrella-Show hinaus – Schlager, Pop und andere Genres mehr mischen würde. Ich bin gegen dieses Schubladendenken, dass es nur die eine Musik gibt.

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