Eine KritikvonChristian Vock Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.
Bisher war man beim „Fernsehgarten“ beim Motto, das man sich für jede Ausgabe gibt, doch sehr festgelegt – was ja auch der Sinn eines Mottos ist: „Mallorca vs. Oktoberfest“, „Rockmusik“ oder zuletzt „Kultschlager – da weiß man, was man bekommt, denn genau das steht ja auch drauf.
Für den Sonntagmittag hat man sich diesmal allerdings ein Motto ausgesucht, das nicht so eindeutig ist. Es steht zwar auch etwas drauf, aber man weiß eben nicht so genau, was man bekommt, wie auch Moderatorin Andrea Kiewel weiß: „Ich liebe den Flohmarkt-‚Fernsehgarten‘. A, weil ich gerne trödle und B, na ja, weil man immer ein bisschen Schätzchen findet und nicht so genau weiß, was passiert – so wie eben gesehen.“
Ja, das Flohmarkt-Motto lässt in der Tat ein paar mehr Möglichkeiten als sonst. So grenzenlos wie das Angebot auf Trödelmärkten ist, kann man sich auch hier als TV-Unterhalter austoben. Musikalisch wie inhaltlich gibt es, außer dem Geschmack des Stammpublikums, hier keine Grenzen. Was Andrea Kiewel aber mit „so wie eben gesehen“ meint, ist ein kurzer Zwischenfall zu Beginn der Show.
Andrea Kiewel präsentiert unerwarteten Gast im "ZDF-Fernsehgarten“ Zwischenfall: Zuschauer will Oma Bärbel grüßen Andrea Kiewel will gerade ins Flohmarktthema einführen und hält eine alte Mainzelmännchen-Figur hoch: „Wir haben uns darauf geeinigt, dass das Berti ist“, erklärt Kiewel, als plötzlich ein Mann „Ich bin der Patrick. Die Kamera bitte, ich will jemanden grüßen“ dazwischenruft und nach Kiewels Mikrofon greift. Kiewel ist offenkundig überrascht, beherzigt aber routiniert Moderationsregel Nummer eins – niemals das Mikrofon aus der Hand geben!
„Patrick, was hältst du davon, wenn ich das Mikrofon halte und du grüßt einfach“, schlägt Kiewel souverän vor und so machen sie es dann auch. „Hallo liebe Oma Bärbel! Viele Grüße von der Kiwi und meiner Mama. Heute spielen die Lilien. Sind heute Lilien-Fans hier?“, grüßt der Mann, der offenbar Fan das SV Darmstadt 98 ist, in die Kamera. Es ist bemerkenswert, wie Kiewel sowohl emphatisch als auch routiniert mit der Situation umgeht.
Kurz zuvor war Andrea Kiewel ebenfalls routiniert, vielleicht aber auch ein bisschen zu routiniert. Man weiß nicht warum, vielleicht, weil man denkt, dass es das ZDF-Publikum erwartet. Jedenfalls bringt Kiewel gleich zu Beginn der Show den Tod von Queen Elizabeth II. zur Sprache und versucht irgendwelche Bezüge zum „Fernsehgarten“ herzubiegen.
„ZDF-Fernsehgarten“: zu gewollter Einstieg mit Queen Elizabeth II. Demnach habe der „Fernsehgarten“ in den 22 Jahren, die Kiewel die Show moderiert, bereits zweimal das Motto „very british“ gehabt. Außerdem habe, wie ein Foto beweist, die Queen 1978 einmal das ZDF besucht. Das klingt dann doch ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, immerhin garniert Kiewel das Ganze mit Humor: „96 Jahre alt wurde ihre Majestät, 70 Jahre auf dem Thron. 14 US-Präsidenten, neun deutsche Bundeskanzler, 63 Trainer von Schalke.“
Nach dieser Queen-Episode und dem „Grüß-Zwischenfall“ ist es dann aber Zeit für das eigentliche Motto der Show, „Flohmarkt“. Dass Kiewel dafür aber erst einmal den ersten musikalischen Gast, Ramon Roselly , auf die Bühne bittet, hat seinen Grund. Denn nach seinem Auftritt schlendert Kiewel mit Roselly und den „Bares für Rares“-Gesichtern Sven Deutschmanek und Lisa Nüdling durch die vielen Flohmarktstände, die auf dem Lerchenberg aufgebaut sind.
Dieser Rundgang ist die Hauptunterhaltungsidee, die man für die Flohmarktfolge hatte und sie funktioniert auch über große Strecken ganz gut. Dazwischen hat man „alles, was Sie am „Fernsehgarten“ lieben: Artistik, verrückte Rekorde, Ingo Oschmann, der Comedian, ist bei uns und dann Hits, Hits, Hits“ aufgefahren, wie Andrea Kiewel erklärt. So weit hat Kiewel ihren „Fernsehgarten“ also gut im Griff. Doch das sollte sich ändern, als sie mit ihren Trödel-Experten und Roselly einen Stand mit alten Kleidungsstücken besucht.
ZDF-"Fernsehgarten": Andrea Kiewel geht baden und kommt Kollegen nah Andrea Kiewel und die Sache mit dem Echtpelz An einem der Stände entdeckt sie einen Hut und erklärt den Stand deshalb sogleich zu ihrem Lieblingsstand. Doch Kiewel ist bei dem Hut ein wichtiges Detail nicht entgangen: „Das ist natürlich echter Pelz, …“, erklärt Kiewel, findet aber eine scheinbar stichhaltige Rechtfertigung: „…aber alt. Also nicht jetzt über mich herfallen, das lag ja schon hier.“ Das ist eine beliebte Hintertür, um das Tragen von Pelz vor sich selbst zu rechtfertigen und auch Kiewel setzt das Hütchen gerne auf, um sich von den Umstehenden Komplimente abzuholen: „Ich find’ ja, dass ich so was tragen kann. Nee?“
Nee. Denn nur weil das Tier nicht extra für Andrea Kiewel persönlich und eben gerade getötet wurde, heißt das nicht, dass der Kauf damit legitimiert ist. Auf die Symbolik kommt es an, denn man trägt den Hut ja nicht zuhause, wo es niemand sieht und es ist auch nicht davon auszugehen, dass man ein Schild an den Hut hängt mit dem Hinweis „Der Hut ist alt, daher alles okay“, wenn man ihn in der Öffentlichkeit trägt.
Vielleicht wäre hier eine längere Erklärung besser gewesen, als so eine Spontan-Aussage, doch dann entdeckt Kiewel schon ein anderes „Accessoire“: „Ist das Kroko?“, fragt Kiewel die Verkäuferin nach einer Handtasche und als diese bejaht, haut Kiewel einfach mal raus: „Aber Sie haben ja all die Dinge, wo heute die Trödelmarktpolizei sagen würde: Nein!“ Bei so einer Aussage freuen sich natürlich alle „In Deutschland darf man nichts mehr sagen/machen/tragen!“-Anhänger, doch die Frage ist ja erst einmal nicht, ob man sich einen toten Leoparden auf den Kopf setzen oder ein totes Krokodil an die Hand hängen darf , sondern ob man das will .
Krokodilleder-Handtasche? Klarstellung aus der „Fernsehgarten“-Redaktion Aber Kiewel macht weiter mit der Selbstrechtfertigung: „Das ist Kroko und natürlich: All das würde ich nicht kaufen, aber das ist eben schon da und das ist eben so. 1950er, 1960er war das der Schrei und warum soll man das jetzt wegwerfen?“ Zum Glück gibt es im „Fernsehgarten“-Team aber auch Menschen, die aufmerksamer sind als Kiewel.
Ein paar Minuten später hat Kiewel nämlich einen Tipp ihres Redaktionsleiters erhalten: „Und, gut, dass wir’s nicht gekauft haben – hätten wir auch nicht – die Ruhe bleibt: Der Handel mit Krokodil-Leder ist in Deutschland verboten.“ Gut, dass sich hier doch noch einmal jemand Gedanken gemacht hat. Und so bleibt ein eigentlich genau aufs Zielpublikum zugeschnittener „Fernsehgarten“, der seine Motto-Freiheiten mal gut, mal weniger gut genutzt hat. Und so könnte es auch in der kommenden Woche laufen. Denn dort ist das Motto ähnlich grenzenlos: „hoch hinaus“.
Mehr News zu TV-Shows finden Sie hier
Andrea Kiewel mit wildem Versprechen: "Haben wir so noch nie gemacht"
Quelle: Lesen Sie Vollen Artikel