Was bedeutet Selbstmitgefühl?
Selbstmitgefühl kann als Gegenteil von Selbstkritik verstanden werden. Statt sich in schwierigen Situationen zu verurteilen, nehmen wir eine wohlwollende und liebevolle Haltung uns gegenüber ein. Wir trösten uns so, wie es Freund:innen tun würden.
Wenn eine Person aus unserem Freundes- oder Familienkreis in einer ähnlichen Situation stecken würde (beispielsweise einer Trennung oder einem Jobverlust), wie würden wir mit ihr umgehen? Wir würden ihr nicht sagen, dass sie selbst Schuld an der Situation ist, sie keine gute Arbeit geleistet hat oder nicht schön, schlau oder interessant genug für ihre:n Ex-Partner:in war. Wir würden ihr Mut zusprechen, Unterstützung anbieten und ihr unser Mitgefühl offenbaren.
Sind wir allerdings selbst in dieser Situation, würden wir uns wahrscheinlich mit den vorangegangenen Beschuldigungen quälen und den Fehler bei uns suchen. Selbstmitgefühl sieht davon ab und behandelt uns so, wie unsere besten Freund:innen es tun würden. Durch Selbstmitgefühl werden wir zu unserer/unserem besten Freund:in.
Was ist der Unterschied zwischen Selbstmitgefühl und Selbstmitleid?
Selbstmitgefühl bedeutet, sich in schwierigen Situationen selbst zu unterstützen. Es schafft Raum, zur Ruhe zu kommen und Lösungen zu finden. Fürsorglich zu sein, ist ein evolutionärer Teil von uns, auch wenn es uns für uns persönlich schwerfällt.
Im Selbstmitleid hingegen entgleitet man völlig in die Probleme und vergisst, dass auch andere Menschen diese Probleme haben. Dieses egozentrische Gefühl lässt uns noch mehr leiden.
Wie wirkt sich Selbstmitgefühl auf die Gesundheit aus?
Umfangreiche Daten aus Studien belegen, dass Selbstmitgefühl eine präventive Wirkung auf unsere körperliche und psychische Gesundheit hat. So konnten Abnahmen von Angst, Depressionen und Stressreaktionen bestätigt werden. Auch zwischenmenschliche Beziehungen und eine gesunde Lebensweise profitieren vom Selbstmitgefühl. Wir verlieren uns nicht in einem schwarzen Loch, ernähren uns auch während eines Schicksalsschlags gesund und lassen sportliche Aktivitäten nicht schleifen.
Eine schwierige Situation ist für unseren Körper bereits Stress genug. Bestimmte Gefühle tauchen auf, ob wir es wollen oder nicht. Doch wir können mit Denkweisen diese Hormone und Botenstoffe, die durch Angst und Selbstzweifel ausgeschüttet werden und unseren Kreislauf und unsere Muskeln beeinflussen, versuchen, abklingen zu lassen. Selbstkritik befeuert diese Gefühle und Reaktionen im Körper, während Selbstmitgefühl sie beruhigen kann. Der Schlüssel, dass es uns schnell besser geht, liegt quasi in unseren Händen.
Selbstmitgefühl lernen: So geht’s
Kristin Neff, eine US-amerikanische Forscherin, Psychologin und Pionierin auf dem Gebiet des Selbstmitgefühls, hat viele Übungen entwickelt, mit denen das eigene Selbstmitgefühl gestärkt werden kann:
- Vermeiden Sie, sich zu verurteilen oder zu bewerten
- Akzeptieren Sie sich so, wie Sie sind, mit all Ihren Schwächen
- Trösten Sie sich in schwierigen Situationen und sprechen Sie sich Mut zu
- Hören Sie in sich hinein und stellen Sie heraus, was Sie momentan benötigen
- Seien Sie sich ein liebevoller Freund und geben Sie sich Ratschläge, die Sie auch Ihren Freund:innen geben würden
- Versuchen Sie, Fehler als menschliche Natur zu sehen
Selbstmitgefühl anwenden
Sie stellte dabei drei Basiskomponenten heraus:
- Selbstfreundlichkeit: Begegnen Sie sich und Ihren Fehlern und Schwächen mit Güte, Verständnis.
- Geteilte Menschlichkeit: Erkennen Sie, dass Sie mit Ihrem Problem nicht allein sind.
- Achtsamkeit: Gehen Sie achtsam mit Ihren negativen Gedanken und Emotionen um. Seien Sie bereit, sie zu akzeptieren und wahrzunehmen, statt sie zu unterdrücken oder sich übermäßig mit ihnen zu beschäftigen.
Darum ist achtsames Selbstmitgefühl besonders für die LGBTQA2S+ Community wichtig
Mitglieder der LGBTQA2S+ Community (Akronym für Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer oder Questioning, Two-Spirit und weitere sexuelle Orientierungen) erfahren Unterdrückung, Isolation, Trauma, Homophobie, Intoleranz und gesellschaftliche Aggression. Mithilfe des achtsamen Mitgefühls können sie ihre darauf folgende Selbstablehnung beobachten und herausstellen (Achtsamkeit). Sie können sich bewusst werden, dass sie mit diesen Gefühlen nicht allein sind (geteilte Menschlichkeit) und im einzelnen oder gemeinsam eine liebevolle Haltung zum eigenen Ich zu entwickeln (Selbstfreundlichkeit).
Mehr als 1600 wissenschaftliche Studien belegen, dass achtsames Selbstmitgefühl unsere Resilienz stärkt. Im Detail Selbstakzeptanz bekräftigt, Depressionen und Angst senkt und den Selbstwert steigert. Achtsames Selbstmitgefühl ist eine wahnsinnig starke Ressource, uns zu akzeptieren und zu lieben.
Das Mindful Self-Compassion (MSC) Programm
Diese Praxis kann mithilfe eines wissenschaftlich untersuchten 8-Wochen-Programm von Dr. Christopher Germer und Dr. Kristin Neff erlernt werden. Das MSC-Programm umfasst acht Termine von zweieinhalb bis drei Stunden und einen zusätzlichen vier- bis fünfstündigen Übungstag. Teil des Kurses sind Schwerpunktthemen, Meditationen, Reflexionsübungen und der Austausch in kleinen Gruppen. Das Buch "Selbstmitgefühl" von Kristin Neff und Christopher Germer begleitet das Programm. Der 5-Tage-Intensivkurs vermittelt alles Wissenswerte komprimiert.
Selbstmitgefühl ist eine freundliche Fürsorge in schwierigen Situationen des Lebens. Wir versöhnen uns mit dem Leiden und gehen achtsam mit unseren Gedanken um. Wer Selbstmitgefühl praktiziert, ist sich selbst die/der beste Freund:in und muntert sich ohne äußere Hilfe auf.
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Verwendete Quellen: aerzteblatt.de, msc-selbstmitgefuehl.org
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