München – Er ist international unterwegs und kennt Künstler, die reich geheiratet haben. Andere haben geerbt. Oder sind die Töchter und Söhne von Kaffeeimporteuren und Bauunternehmern. Einige frequentieren Golf- und Yachtclubs. Manche sind einfach auf die richtige Party eingeladen.
50 neue Werke zum Thema Pandemie
Frei von Beziehungen zu Bonzen, die er kritisiert, fühlt sich der Münchner Künstler Wolfram Kastner trotzdem: „Ich kann und brauche das nicht. Ich will unabhängig und selbstständig sein!“, sagt der bekannte Aktionskünstler. In seinem Atelier in der Maxvorstadt lädt er zu Einzelbesuchen, nach telefonischer Anmeldung: Zum Thema „panisch/pandemic“ hat er über 50 neue Werke da. Angelehnt an die Figur der drei Affen ist das Bild in Mischtechnik, Zeichnung und Gouache. „Nicht reden, nichts sehen, nichts hören, das passt zur Pandemie.“
Kastner wünscht sich mehr Transparenz
„Wir werden weitgehend bevormundet, sonst wird man verdächtigt obskuren Gruppen anzugehören. Aber ich rede und schaue trotzdem“, sagt Kastner. Er wünscht sich mehr Transparenz, den Austausch von Argumenten und einen Plan, wie die nächsten fünf Jahre aussehen könnten: „Wir werden konfrontiert mit Beschlüssen aber nicht involviert als mündige Bürger. Das ist in meinem Bild enthalten.“ Auf Leinwänden in seinem 100 Quadratmeter großen Atelier in der Maxvorstadt tanzen andererseits lustvoll Pan-Figuren als Gegenentwurf zur Erstarrung in Untätigkeit und Resignation.
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Anspruchsvolle Suche nach neuem Atelier
Aktuell sucht Kastner ein neues Atelier. Weil das Nebenhaus des Rückgebäudes Schellingstraße 117 abgerissen werden soll. „Wir haben eine gemeinsame Wand. Es ist gut möglich, dass meine Atelierwand miteinstürzt. Dann läge ich im Schutt mit meiner Kunst“, befürchtet der 72-Jährige. Vor über einem Jahr hat er sich bei der Stadt um ein neues Atelier beworben. Bis heute hat er kein Angebot bekommen: „Kunst ist nicht am Rand, sondern Teil der Gesellschaft. Ich brauche einen Raum in der Stadt, mitten im Leben mit Geschäften, Kneipen und Leuten um mich“, so sein Anspruch.
Leeres Abwasseramt als Kulturraum?
Salzburg habe eine alte Tabakfabrik gekauft und vermiete darin Künstlerateliers für einen Euro den Quadratmeter. „Aber die arme Stadt München kann sich das nicht leisten“, ätzt Kastner. Sein Vorschlag für das Kompetenzteam des Kulturreferats für neue Ateliers: „Das Abwasseramt in der Dachauer Straße nahe Leonrodplatz steht seit zwei Jahren leer. Das sind wunderbare Räume.“
Seine Ideen: Kunst in Containern und an Lichtmasten
Wolfram Kastner denkt viel darüber nach, wo man Platz für Kunst schaffen könnte: Die Stadt könne einen Kunstkiosk durch München wandern lassen: einen Container mit Schaufenstern. Der kann drei Tage am Pariser Platz stehen, danach am Rotkreuzplatz. „Wenn die Münchner nicht zur Kunst kommen, sollte die Kunst zu den Münchnern gehen“, findet Kastner. In Berlin gebe es seit vielen Jahren ein Viertel, das Kunstobjekte zeigt, an Lichtmasten befestigt. Provokateur Kastner: „So etwas ist doch möglich in dieser Zeit. So geht es doch nicht weiter.“
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