Laut Studie: Die Pandemie könnte Einfluss auf die Persönlichkeit nehmen – auch langfristig

Viele Menschen spüren die Folgen der Pandemie am eigenen Leib, sei es durch den Verlust ihres Jobs oder durch gesundheitliche Probleme. Auch gesamtgesellschaftlich hat sich vieles verändert, seit das Coronavirus um die Welt geht. Noch immer leiden einige Wirtschaftsbereiche unter den Effekten der Maßnahmen und der Krankheit selbst, in Sachen Gleichberechtigung haben wir eindeutige Rückschritte gemacht, und die gesellschaftliche Spaltung war nie größer als heute. Aber hat die Pandemie auch Auswirkungen auf unseren Charakter?

Persönlichkeitsstudie vergleicht Merkmale vor, während und zum Ende der Pandemie

Genau mit dieser Frage hat sich eine große Studie aus den USA auseinandergesetzt, die "Unterstanding America Study". Forschende haben mit einer Onlinebefragung die Daten von mehr als 7.000 US-Amerikaner:innen untersucht, darunter 59 Prozent Frauen und 41 Prozent Männer. Die Altersspanne bewegte sich zwischen 18 und 109 Jahren. Dabei wurden die Teilnehmenden auf die fünf wichtigsten Persönlichkeitsmerkmale untersucht, die "Big Five":

  • Neurotizismus – wie ängstlich oder nervös eine Person ist
  • Extraversion – wie intro- oder extrovertiert jemand ist
  • Verträglichkeit – wie gut jemand mit anderen auskommt
  • Offenheit – wie tolerant eine Person gegenüber anderen Lebens- und Sichtweisen ist
  • Gewissenhaftigkeit – wie sorgfältig und verantwortungsbewusst ein Mensch ist

Diese Merkmale sind bei allen Menschen vorhanden, jedoch in unterschiedlichem Maße ausgeprägt. Die Forschenden haben für die Studie Werte verschiedener Zeitpunkte verglichen, angefangen vor der Pandemie, von Mai 2014 bis Februar 2020, zu Beginn der Pandemie, von März bis Dezember 2020, und im späteren Verlauf der Pandemie, also 2021 bis 2022.

Die Charaktereigenschaften in der Zeit vor der Pandemie und die zu Beginn der Coronazeit unterschieden sich kaum, hauptsächlich, was den Neurotizismus angeht. Im Vergleich zur letzten Zeitspanne zeigten sich aber deutliche Veränderungen: Zum Ende der Pandemie waren die Menschen laut Forschungsergebnissen etwas weniger extrovertiert, weniger umgänglich, weniger offen und weniger gewissenhaft als vor dem Coronavirus.

Veränderungen vor allem bei jungen Menschen sichtbar

Die Unterschiede in den Daten sind laut den Wissenschaftler:innen nicht sehr groß, aber sie bewegen sich auf der Skala etwa in dem Bereich, in dem sich unser Charakter normalerweise in zehn Jahren verändert. Bei jungen Menschen konnten die Forschenden allerdings deutliche Veränderungen feststellen: Sie waren gegen Ende der Pandemie unreifer, neurotischer und weniger umgänglich sowie weniger gewissenhaft als vorher.

Die Autor:innen der Studie führen aus: "Die jungen Erwachsenen wurden launischer und anfälliger für Stress, ihnen fiel die Zusammenarbeit mit anderen und das Vertrauenfassen schwerer." Außerdem schienen ihre Selbstkontrolle und das Verantwortungsbewusstsein zurückgegangen zu sein. Bei den ältesten Teilnehmenden der Studie waren diese Unterschiede nur minimal oder gar nicht zu sehen.

Das Forschungsteam schließt aus den Daten und ihrer Auswertung, dass ein globales und so einschneidendes Ereignis wie die jahrelange Corona-Pandemie vor allem die jungen Erwachsenen auch langfristig stärker beeinflusst als bisher angenommen. Und das ist kein Wunder, denn gerade Schüler:innen und Studierende mussten schließlich auf viele prägende und elementare Erfahrungen verzichten – und zwar vor allem, um die ältere Generation zu schützen.

Verwendete Quellen: PLOS, sciencedaily.com

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