Wer kennt die Namen, die Gesichter jener, die den perfekten Ablauf einer Bühnenshow garantieren und den Künstler und die Künstlerin in bestem Licht erscheinen lassen? Während der Corona-Pandemie war oft die Rede von all den Technikern und Hintergrund-Schwerstarbeitern, die durch den Stillstand der Kultur den Boden unter den Füßen verlieren und ins existenzielle Elend stürzen. Doch ohne sie ist alle Kultur nichts, ohne sie bleiben die Scheinwerfer aus, ohne sie sitzen wir im Dunkeln, Künstler und Publikum gleichermaßen.
Einer dieser Magier hinter den Kulissen verbrachte mehr als sein halbes Leben in einem kleinen Theater in der Münchner Isar-Vorstadt. Doch was ihn von seinen Kollegen und Verbündeten in der Gemeinschaft der unsichtbaren und namenlosen Geister unterschied: Jeder aus der Kabarett- und Musikbranche Bayerns und weit darüber hinaus kannte seinen Namen und sein Gesicht.
Man nannte ihn Hans, und er war der Wahnsinn
Ursprünglich aus Schwaben stammend, ließ er sich vor Ewigkeiten an der Isar nieder. Er lebte zeitweise auf der Straße und schlug sich mit seinem lebhaften Temperament und seinem mürrischen Witz durch, bis er eines Tages von Beppi Bachmaier als Cheftechniker des Theaters im Fraunhofer engagiert wurde. Dort baute Hans in drei Jahrzehnten seine Fähigkeiten als am schlechtesten gelaunter Profigrantler und schlagfertiger Griesgram weiter aus und war bald eine nicht mehr wegzudenkende Legende im Fraunhofer-Imperium, ein wahrer und rarer Vertreter Wahnmochings.
Unzählige Geschichten existieren über ihn, und wenn nichts los und Hans in Plauderlaune war, erfand er kurzerhand irgendeine Kuriosität. Einige Anekdoten sind jedoch verbürgt. Zum Beispiel tat er stets so, als würde er sich die Namen der aktuellen Programmgestalter im Theater nicht merken können, da sie eh kämen und gingen „wia d Fliang“. Da er schon so viele Dienstjahre auf dem Buckel hatte, nummerierte er die Künstler einfach nach der Reihenfolge, in der er sie „verschlissen“ hatte. „Was? Du brausch an Vertrag für dein Auftritt? Da fragsch am beschda mei momentane Nummr Siebzehn.“
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Hans brachte sogar einen Pantomimen zum Sprechen
Einmal gastierte im Fraunhofer ein gefragter Pantomime. Schwer von sich eingenommen und hochnäsig, überreichte er Hans eine CD und eine Liste mit der Reihenfolge der für seinen Auftritt notwendigen Einspieler. Hans verabscheute viele Verhaltensweisen, und Arroganz am allermeisten. Daher war es nicht verwunderlich, dass während des gut besuchten Auftritts des Pantomimen einige Stücke gar nicht oder in falscher Reihenfolge ertönten, abrupt abbrachen oder auf wundersame Weise immer leiser wurden. Irgendwann platzte dem Pantomimen an einer dramaturgisch besonders wichtigen Stelle der Kragen. Er brach seine Nummer ab, drehte seinen Kopf in Richtung der Technik-Kabine und brüllte über die Köpfe der Zuschauer hinweg: „Hans! Track FÜNF!“ Durch diese mehrfach bestätigte Episode aus seinem Schaffen erlangte Hans spezielle Berühmtheit als „einziger Techniker der Welt, der Pantomimen zum Sprechen bringt“.
Als Helmut Schleich mehrere Abende hintereinander im Fraunhofer gastierte, zog ihn Hans eines Nachmittags nach einer Probe beiseite und flüsterte ihm zu: „I war heut Vormittag angeln und hab drei Hechte rauszogen. Alle über an Metr lang!“ Helmut amüsierte diese kleine, für Hans typische Story, die er in der Kategorie „Hans-Fabel“ abspeicherte. Eine halbe Stunde später sah Schleich, wie Hans im Hinterhof auf einem Tisch fein säuberlich drei frischgefangene, stattliche Hechte fachmännisch für die Küche vorbereitete.
Ende 2020 trat Hans in einem satirischen Beitrag mit Teresa Rizos in der Sendung „SchleichFernsehen“ im BR auf. Am 3. Februar verstarb Johannes Ulrich Arndt im Alter von 72 Jahren in seiner Münchner Wohnung an Herzversagen.
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