Brisantes Polizei-Drama "Am Ende der Worte"

Hamburg – Die junge Polizistin Laura (Lisa Vicari) erzählt am heimischen Kaffeetisch so wenig wie möglich von ihrer Arbeit. Sie erzählt nichts von der ermordeten Frau, die sie in deren Wohnzimmer am Boden gefunden hat. Nichts von dem Täter und Ehemann, der sich ein Stockwerk höher erhängt hat. Nichts von dem Hass, der ihr und ihrem Team auf Hamburgs Straßen entgegenschlägt.

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Irgendwann presst sie es heraus: „Also, wir machen halt viel so Fußballspiele, Demos. Manchmal sitzen wir auch nur tagelang herum und warten. Und dann im Einsatz ist es natürlich mal schwierig, je nach Klientel. Manchmal warten sie auch nur, dass es abgeht, dass sie ihre Aggressionen an uns auslassen können. Gewaltfähigkeit, das war das erste, was ich lernen musste. Die Leute haben einfach keinen Respekt mehr vor der Polizei.“

Nominiert für den Grimme-Preis, aber umstritten

Das Drama „Am Ende der Worte“ von Regisseurin Nina Vukovic hat bei seiner Erstausstrahlung im November 2022 – eher versteckt im NDR – die Gemüter gespalten. Der packende Spielfilm über eine Clique in der Hamburger Bereitschaftspolizei wurde für den hochgeachteten Grimme-Preis nominiert. Die Gewerkschaft der Polizei hingegen reagierte damals in einer Mitteilung „enttäuscht und entsetzt“. Das Drama bestehe „aus einer Aneinanderreihung von Vorurteilen gegen die Polizei. Wir können den Film nicht empfehlen.“ In der Nacht zu Montag um 0.05 Uhr läuft der Film erstmals im Ersten.

Unbestreitbar glänzt der Film durch die darstellerischen Leistungen. Er zeigt in teils drastischen Bildern, wie junge Polizisten in der zerrissenen deutschen Gesellschaft an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen. Die famose Lisa Vicari („Isi & Ossi“) ist in jeder Szene zu sehen und zerbricht als Laura vor den Augen des TV-Publikums nach und nach an den Extremen, die sie bei der Bereitschaftspolizei erlebt.

Die Polizistin wird zur Mittäterin

An der gähnenden Langeweile in der Kaserne, die sie und ihre Kolleginnen und Kollegen mit Alkoholexzessen und seltsamen Ritualen verdrängen wollen. An der Brutalität, die von einer Sekunde auf die andere ohne jede Vorwarnung ausbricht. Mit ihrem Kollegen Lupus (herrlich fies: Ludwig Trepte) verbindet sie erst eine Affäre, dann nur Hass. Als Laura im Dienst ein verheerender Fehler passiert, gerät sie in eine Spirale zwischen Schuldgefühlen und Korpsgeist. Schon bald wird sie selbst zur Mittäterin bei einem Verbrechen.

Der Vizevorsitzende der GdP Hamburg, Lars Osburg, sparte nach der TV-Premiere nicht mit Kritik: „Lediglich die Hauptdarstellerin des Films ist zu Beginn realitätsnah, zeigt sie doch, was für tolle junge Menschen zur Polizei kommen und mit welchen Idealen sie sich dem Dienst an der Gesellschaft verschreiben. Dann endet die Realitätsnähe des Films.“

Regisseurin Vukovic hingegen erklärt, es gehe darum, zu entscheiden, „wann und wie der Einsatz von Gewalt gerechtfertigt ist, manchmal binnen weniger Sekunden“, wie sie auf der Webseite der Firma Klinkerfilm schildert. „Der Leerlauf, das streng definierte Innen und Außen dieser Einsatztruppe und die unmittelbare Gefahrensituation, die aus den banalsten Momenten urplötzlich umschlägt in Lebensgefahr – all das sind die faszinierenden Momente, die mich an der Geschichte gereizt haben.“

Symbolisch ist das Nachttischfoto von zu Hause, das Laura bei sich aufstellt. Ihr später dement gewordener Vater steht stolz in seiner moosgrünen 90er-Jahre-Polizeiuniform, vor sich Laura als Kind mit rausgestreckter Zunge. Ein Bild aus besseren Zeiten, dessen Glas bald in Scherben zerspringt. Was hat sie mit seiner Dienstwaffe vor? © dpa

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