Der E-Commerce Bereich boomt wie nie zuvor. DieCorona-Pandemie war dafür ein massiver Treiber. Es tauchen immer mehr Projektevon ambitionierten B2B-Unternehmen auf, die gelernt haben, dass der Kundenzugangdigital effizienter, kostengünstiger und schneller ist.
Alexander Graf ist ein Experte, wenn es um denE-Commerce-Bereich geht. Er ist nicht nur Gründer und Geschäftsführer desführenden E-Commerce Software Unternehmens Spryker Systems, sondern aucherfolgreicher Autor und Herausgeber.
Wie hat sich derE-Commerce-Bereich entwickelt und welche Trends lassen sich erkennen?
Der E-Commerce-Bereich boomt wie nie zuvor, dieCorona-Pandemie war dafür ein massiver Treiber. Die fehlende Möglichkeit vonUnternehmen, ihre Kund:innen mit dem Außendienst zu erreichen, hat diesenBereich besonders erschlossen. Wir sehen mehr und mehr Projekte vonambitionierten B2B-Unternehmen, die gelernt haben, dass der Kundenzugang nurnoch digital funktioniert sowie akzeptiert – und in vielen Fällen sogarerwartet wird, weil er effizienter, kostengünstiger und schneller ist.
Was bedeutet derOnline-Handel für den stationären Handel in den Fußgängerzonen der Innenstädte?
Der Online-Handel ist ein Katalysator für dieEntwicklung der Innenstadt, in der es besonders horizontale Geschäftsmodelleschwer haben, ihren Kundennutzen weiter zu erklären. Sowohl für denInnenstadt-Handel als auch für den Online-Handel gilt: Beide müssen sichweiterentwickeln. In der Innenstadt werden wir weniger Handel sehen, mehrGastronomie, mehr vertikale Konzepte und natürlich deutlich wenigerFlächenbedarf. Das bedeutet, dass man für viele Innenstadtflächen ein neuesNutzungskonzept finden muss, weil keine Miete vom Handel mehr reinkommt. Ob dasfür die Innenstadt gut oder schlecht ist, das sollen andere bewerten.
Dank Systemen wieShopify lassen sich Online-Shops relativ schnell und einfach erstellen – warumhat noch nicht jeder Händler einen eigenen Online-Shop?
Nicht jeder Händler braucht einen eigenenOnline-Shop, denn nicht jeder Händler kann mit einem Zalando oder Asoskonkurrieren. Insbesondere braucht nicht jeder Händler einen Online-Shop, derklassisch im Wettbewerb steht. Es kann aber durchaus sein, dass diese Händlererreichbar sein müssen, beispielsweise über Messengerdienste wie WhatsApp unddort ihren Service anbieten. Die Limitation liegt nicht mehr in der verfügbarenTechnologie, sondern vor allem im oft fehlenden USP der Händler. Wenn der USPgefunden ist, kann sich diese Flaschenhals-Problematik verschieben in Richtungder Frage: Wer macht es eigentlich beim Händler? Habe ich die entsprechendenKompetenzen und Ressourcen? Kann ich in dem Onlinekanal, den ich mir aussuche,auch exzellent sein? Dort haben viele Händler in den vergangenen Jahren nichtausreichend investiert und haben nun einen erheblichen Nachholbedarf, der sichfür das eine oder andere Geschäftsmodell möglicherweise nicht mehr schnellgenug schließen lässt.
Wird es in Zukunftnur noch große Player wie Amazon oder Wish geben oder wie kann sich ein kleinerOnline-Shop dagegen behaupten?
Gerade jetzt sehen wir, dass sichspezialisierte Unternehmen – wie Thomann beim Thema Audio oder AboutYou beimThema Fashion – deutlich besser gegen Amazon, Wish oder Alibaba behaupten, weilsie in ihrem Bereich überragende Leistungen und Services anbieten, dieMulti-Kanal-Anbieter bzw. Universal-Sortimenter wie Otto oder Amazon eben nichtanbieten können. Das ergibt vor allem im B2B-Bereich massive Chancen. Dort gibtes mehr Möglichkeiten als je zuvor, weil Amazon nachgewiesen hat, dass es vieleNischen nicht gut bedienen kann. Das gilt auch für B2C-Nischen, in denenAnbieter in ihrer Kategorie deutlich schneller als Amazon wachsen undMarktanteile erobern.
Inwiefern müssensich auch Online-Riesen wie Amazon anpassen und verändern, um bestehen zubleiben?
Auch für Amazon gilt das klassische Motto„Innovate or die“. Wenn es Amazon nicht gelingt, sich schneller als derWettbewerb veränderten Marktanforderungen oder Kundenwünschen anzupassen, wirdes auch für Amazon schwierig.
Die Kund:innen sind nicht treu gegenüberAmazon, sie sind treu gegenüber dem Angebot, einer Mischung aus Preis,Verfügbarkeit und Angebotsbreite. Wenn das ein anderer Anbieter besser macht,und sei es in der Nische, dann springen die Kund:innen sofort ab. Das heißt:Amazon muss in den Nischen deutlich besser werden, um das Wachstum halten zukönnen. Andernfalls verlieren sie an den Rändern Kund:innen.
Ob für einen Online-Shop oder den stationären Handel: Können Sie uns einBest-Practice-Beispiel in Vorarlberg nennen?
Es gibt viele tolleBeispiele in Vorarlberg, was das Online-Geschäftsmodell angeht. Ich glaube,ganz vorne dabei ist Meusburger, die einen der bestlaufendsten Online-ShopsÖsterreichs haben, weil sie super spezialisiert sind und im Bereich derDruckgusskomponenten eine absolut einzigartige Value Proposition haben, die sieauch online übertragen können. Ein anderes tolles Beispielist die Pfeifer Group, die im Bereich Holzhandel bereits eine ganze Menge spannenderDinge online auf die Beine gestellt hat und online richtig denkt.
Alexander Graf
Alter: 41
Wohnort: Kiel
Firma: Co-CEO bei Spryker
Mich inspiriert: Unternehmer:innen, die einfach machen
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