Eine KritikvonChristian Vock Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.
In der vergangenen Woche wehten ungewohnte Töne durch den „ZDF-Fernsehgarten“. In Mainz hatte man sich nämlich überlegt, doch einmal den Anteil an E-Gitarren und Dezibel drastisch zu erhöhen und hat deshalb als Motto „Rock im Garten“ ausgerufen. Beim Publikum vor Ort kam’s gut an und auch die Quoten machten am vergangenen Sonntag keinen ungewöhnlichen Ausschlag nach unten. Lediglich Moderatorin Andrea Kiewel merkte man an, dass Rockmusik auf ihren Playlists mutmaßlich nicht überrepräsentiert ist.
Da geht es ihr offenbar genauso wie dem „Fernsehgarten“ selbst, doch schon an diesem Sonntag sollte musikalisch wieder alles zum Alten zurückkehren: Statt „Rock“ heißt das Motto nun „Kultschlager“ und das macht Kiewel das Leben nicht nur musikalisch leichter.
Mehr News zu TV-Shows finden Sie hier
Denn was „Kult“ ist, entzieht sich doch einer strengen Definition. „Kult“, das können Menschen oder Dinge sein, die zum kollektive Gedächtnis geworden sind, die sich im Sinne eines „Originals“ von der Masse abheben, die alt sind oder alles zusammen. Ob etwas oder jemand zu einer der Kategorien gehört, dafür gibt es zudem keinen Prozess oder eine Jury oder anders formuliert: Was „Kult“ ist, kann jeder mehr oder weniger selbst bestimmen.
ZDF-"Fernsehgarten": Andrea Kiewel geht baden und kommt Kollegen nah Katja Ebstein eröffnet „Kultschlager“-Ausgabe Bei der jüngsten Ausgabe des „ZDF-Fernsehgarten“ ist das nicht anders, wobei sich die Sache mit dem Alter als Definitionsgrundlage durchgesetzt zu haben scheint. Zumindest hätte das musikalische Line-up so oder so ähnlich auch vor 30, 40 oder sogar 50 Jahren aussehen können, gäbe es den „Fernsehgarten“ nicht erst seit 1986.
Den Auftakt dieser „Kultschlager“-Parade macht Katja Ebstein , deren professionell-musikalische Anfänge in den 1960ern liegen. Und obwohl Ebstein, die sich seit Jahrzehnten sozial und politisch engagiert, mit dem doch recht lapidaren Begriff „Kult“ ein bisschen zu oberflächlich abgetan wäre, eröffnet sie dennoch das „Kultschlager“-Motto mit einem Medley aus ihrer Gesangskarriere.
Und damit geht sie los, die „Fernsehgarten“-Ausgabe, und wie schon bei Ebstein scheint auch bei den anderen Künstlerinnen und Künstlern das Alter – man kann auch die Erfahrung sagen – das Hauptkriterium für die Einladung gewesen zu sein. Bernhard Brink etwa feiert sein 50. Bühnenjubiläum und bekommt von seiner Vorgängerin Mary Roos den Titel „König des Fernsehgartens“ verliehen, weil nun er die meisten Auftritte in der Show hat.
„ZDF-Fernsehgarten“: Abschied, Essen, Illusionen Ihren vermutlich letzten Auftritt im Fernsehgarten feiert an diesem Sonntag hingegen Ireen Sheer, denn die Sängerin möchte ihre Karriere beenden. Unter tosendem Applaus wird Sheer deshalb von Kiewel mit einem kleinen Rückblick und einem großen Strauß Rosen verabschiedet. Ob das bald auch auf die anderen Künstler zutrifft, wissen wahrscheinlich nur die Künstler selbst, aber auch bei ihnen ist das Karriere-Ende wohl näher als der Karriere-Anfang: G.G. Anderson, Angelika Milster, Cindy Berger, Wencke Myhre , Martin Mann, Wolfgang Ziegler, Dorthe Kollo und Gerd Christian.
Hier fühlt sich nun auch Andrea Kiewel musikalisch offenbar eher zuhause: „Wie oft ich diesen Song gesungen habe“, erzählt Kiewel als Wolfgang Ziegler seinen 1987er-Hit „Verdammt“ singt. Bleibt noch die Frage, was man diesmal zu den „Kultschlager“-Häppchen reicht und beim ZDF glaubt man, dass dazu am besten eine Mischung aus Kochtipps und Illusionen passt. Also gibt es zum einen Ratschläge, wie man einfach kocht und zum anderen darf Zauberkünstler Hans Klok zwei leicht bekleidete Damen zwischen Kisten hin und her zaubern – so wie man es noch bis in die 1990er-Jahren gemacht hat.
Ja, es ist genau das, was man von einem „ZDF-Fernsehgarten“ mit dem Motto „Kultschlager“ erwartet. Künstler, die man seit Jahrzehnten kennt, leichte Unterhaltung für zwischendrin und eine Moderatorin, die das Ganze routiniert herunter moderiert, weil sie weiß, an welchen Stellen man ein bisschen auf die emotionale Sahne klopft. Und so wäre die jüngste Ausgabe des „Fernsehgartens“ eine wie viele gewesen, hätte Andrea Kiewel nicht noch jemanden in der Hinterhand gehabt, bei dem wohl die wenigsten mit dem Begriff „Kult“ nicht einverstanden gewesen wären.
Offizielle Krönung? Drews' Nachfolger als "König von Mallorca" ist wohl gefunden Überraschungsgast beim „ZDF-Fernsehgarten“: Jürgen Drews Und so holt Andrea Kiewel kurz vor Schluss noch einen „Überraschungsgast, den wir nicht angekündigt haben“ auf die Bühne: Jürgen Drews . Nanu! Jürgen Drews, ein Überraschungsgast? Seit 1989 ist Drews doch regelmäßig beim „Fernsehgarten“ dabei und wenn etwas keine Überraschung ist, dann der Umstand, dass Drews, wie auch diesmal, „Ein Bett im Kornfeld“ singt. Doch dieser Auftritt ist tatsächlich etwas Besonderes, denn Drews hat erst vor Kurzem verkündet, dass er beruflich kürzertreten und im Herbst dieses Jahres ganz in den Sack hauen möchte.
Dementsprechend will Kiewel wehmütig gar nicht die Frage nach dem Karriereende stellen und fragt stattdessen: „Wie gehts dir?“ „Mir geht es blendend. Ich hätte schon öfter aufhören sollen. So viel Erfolg hatte ich noch nie“, antwortet Drews schlagfertig. Und hätte Andrea Kiewel nicht Wencke Myhre das große Finale zugestanden, hätte Drews mit dem gefühlt hunderttausendsten Auftritt mit „Ein Bett im Kornfeld“ die „Kultschlager“-Ausgabe kaum passender beenden können.
Der König von Mallorca dankt ab: Jürgen Drews will seine Karriere beenden Quelle: Lesen Sie Vollen Artikel