Vor rund zwei Jahren rief Fritz Meinecke auf YouTube seine eigene Survival-Competition „7 vs. Wild“ ins Leben, dessen dritte Staffel noch in diesem Jahr erscheinen soll. Nun bekommt der Survival-Abenteurer sein erstes eigenes TV-Format. Dafür reiste der 33-Jährige in extreme Destinationen: Er begegnete einem abgelegenen Dschungel-Volk in West-Papua, lief tagelang mit einem Kamel durch die Sahara und kam Eisbären in Grönland gefährlich nah.
Im Interview mit unserer Redaktion verrät Meinecke, warum er sich solchen extremen und gefährlichen Reisen aussetzt und wie viele Leute hinter so einem Dreh stecken. Zudem gibt er schon vorab exklusive Sneak Peaks in sein neues Format und erzählt unter anderem, wie es aus Deutschland überhaupt zu dem Kontakt mit dem abgelegenen Dschungel-Volk kam und wie er sich beim Anblick von frischen Eisbären-Spuren in einem einsamen Fjord in Grönland gefühlt hat.
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Herr Meinecke, in Ihrem neuen Format geht es unter anderem in die Sahara, in den Dschungel und in die Eiseskälte Grönlands. Warum ausgerechnet diese Gegenden, die extremer nicht sein könnten?
Fritz Meinecke: Die Grundidee war, gewisse Klimazonen abzubilden und weltweit nach coolen Expeditionen zu suchen. Dabei wollten wir eine möglichst bunte Mischung haben: Wüste, Savanne, Dschungel, Meer, Berge, Eiswüste oder Fjorde in Grönland. Das sind alles keine klassischen Urlaubsorte, aber es ist wunderschön. Natürlich ist es sehr anstrengend und körperlich herausfordernd, weil die Klimazonen schon sehr speziell sind. Aber das macht es auch besonders, diese Region dann selbst einmal zu erleben, zu sehen, zu spüren, zu durchlaufen und sich anzugucken.
Wie bereiten Sie sich auf solche extremen Trips vor?
Darauf vorbereitet habe ich mich im Endeffekt die letzten neun Jahre, in denen ich Outdoor-Sachen gemacht habe. Speziell in diesem Fall für die einzelnen Destinationen war es mehr eine Ausrüstungsvorbereitung. Da habe ich geschaut: Was haben wir eigentlich vor? Wie sind die Temperaturen? Wie ist das Klima? Wie wird das Übernachtungs-Setup? Was brauche ich für einen Schlafsack? Muss ich meine Ausrüstung tragen oder wird sie transportiert, zum Beispiel mit Kamelen? Spielt Gewicht eine Rolle? Ausrüstung war immer ein riesiger Punkt, um sich anzupassen, weil es das Einzige ist, das man halbwegs vorbereiten kann. Der Rest passiert, wie er passiert.
Könnte damit jeder zu so einer Tour aufbrechen? Was gehört noch dazu?
Wenn man so gar keine Ahnung hat, würde ich vielleicht erst einmal entspannt anfangen. Tatsächlich sieht das alles im Fernsehen ganz cool aus, aber es kann auch mal ganz schnell nach hinten losgehen. Wir haben zum Beispiel Destinationen gewählt, zu denen wir mit einem Helikopter hingeflogen wurden und nirgendwo in der Nähe ein Krankenhaus war. Selbst wenn ich da jemanden anrufe, kann es sein, dass mit Alarmierungsketten erst nach ein, zwei Tagen Hilfe da ist.
Das heißt: Ich muss mich zumindest mit diesem ganzen Outdoor-Thema und den Klimazonen so auskennen, dass ich dort nicht erfriere, nicht komplett zerstochen werde, Gifttiere erkenne und weiß, wie ich meinen Lagerplatz aufschlage.
Ein weiteres Thema ist Ausrüstung. Wenn jetzt jemand sagt ‚Ich will das auch mal machen‘, der geht vermutlich in den nächsten Outdoor-Laden. Die Frage ist, ob dieser Outdoor-Verkäufer die letzten zehn Jahre selbst unterwegs oder nur in seinem Geschäft war und die Produktbeschreibung vorliest.
Wie reist man zu abgelegenen Völkern?
Apropos Vorbereitung: In Ihrer neuen Serie geht es ab in den tiefen Dschungel zu einem abgelegenen Volk, den Korowai. Wie bekommt man diesen Kontakt hergestellt?
Tatsächlich kann man da nicht einfach hinfliegen und sagen: ‚Ja, moin: Da bin ich.‘ Der Kontakt läuft über Vitamin B. Aber in Stufen. Man kann sich das wie eine Kette vorstellen. Das heißt, man sucht einen Kontakt in Deutschland oder Europa, der Englisch spricht und vielleicht Kontakte in der Region haben könnte, weil er da selbst schon seit Jahren unterwegs oder dorthin ausgewandert ist. Unter diesen Kontakten wiederum ist vielleicht einer, der auch Englisch spricht, aber zusätzlich noch die Region, Leute und die fremde Sprache kennt.
Und wie lief das konkret bei Ihrer Reise zu den Korowai in West-Papua?
Wir hatten Herrn Dr. Weiglein als Kontaktmann. Er hat in Papua selbst schon oft Expeditionen gemacht und kennt dort Leute, die er für uns kontaktiert hat. Er besitzt ein eigenes Museum hier in Deutschland, das wir besucht haben.
Also einfach hinfliegen funktioniert nicht …
Natürlich kann ich auf der Karte irgendeinen Dschungel heraussuchen, da hinfliegen und reingehen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass dort ein indigenes Volk lebt, liegt quasi bei null. Und wenn es da leben sollte und unberührt ist, dann habe ich wahrscheinlich einen Pfeil im Kopf. Das darf man auch nicht vergessen.
Wie lief die Kommunikation, wenn Sie bei den indigenen Völkern waren?
Generell hatten wir bei allen Destinationen jemanden im Team, der als Dolmetscher agiert und ganz klassisch übersetzt hat. Es gab aber auch viele Situationen, in denen wir mit Händen und Füßen gesprochen haben.
Zum Beispiel bei den Korowai. Dort waren wir nur zu dritt – allein ohne Dolmetscher – mit ihnen unterwegs. Sie sprechen kein Englisch und wir sprechen kein Korowai oder Indonesisch. Deshalb haben wir uns vorher eine Liste gemacht mit ungefähr 20 Wörtern, die wichtig sind: Schlafplatz, Feuer, Toilette, Fluss, Hilfe und so weiter. Und das haben wir ergänzt mit einer Zeichensprache. Das führte immer wieder zu Problemen, aber anders geht es nicht. Ich kann nicht anfangen, vorher ein Jahr lang Indonesisch zu lernen.
So sah das Team von Fritz Meinecke aus
Sie waren also im Kern immer zu dritt unterwegs. Wie groß war denn insgesamt das Team? Es muss Sie ja auch jemand zum Beispiel gefilmt haben.
Wir waren zwei Teams, jeweils zu dritt. Das Haupt-Team besteht aus meiner Wenigkeit, meinem Buddy und einem Kameramann. Das zweite Team ist von der Produktion aus: ein Kameramann, ein Tonmann und ein Redakteur. Das heißt: Wir waren generell zu sechst unterwegs, aber es gab bestimmte Abschnitte, wo wir – meistens im zweiten Part – zu dritt unsere Mission gegangen sind. Währenddessen ist das andere Team an dem Ausgangsort geblieben. Dort hatten sie noch zusätzlich Leute vor Ort, die zur Not hätten einschreiten können: Rettungskräfte, Jäger oder andere Locals. Vor dem Split hatten wir aber als großes Team in der Regel immer ein Training mit Einheimischen.
Sie sind dann nur zu dritt durch den Dschungel in Papua?
Da waren wir noch mit drei Einheimischen unterwegs, denn wenn wir drei als Europäer dort einfach in einen anderen Stamm hingehen, kann es schnell zu Konflikten kommen. Sie nutzen dort tatsächlich Pfeil und Bogen, primär für die Jagd, und schrecken auch nicht davor zurück, diese für diverse Zwecke einzusetzen. Und das kommt tatsächlich vor. Wir haben einen Korowai interviewt, mit dem wir unterwegs waren, der drei Menschen eines anderen Stammes getötet hat, weil die zuvor seine Mutter und seinen Bruder getötet haben.
Wenn man das zu Hause geschnitten und schön mit Musik und Sprecher auf dem Sofa anguckt, denkt man sich: ‚Ach, das ist ja Fernsehen, eine große Produktion.‘ Ja. Aber vor Ort ist es dann doch Realität. Die Gefahren sind real. On top kommen noch Dinge wie Tiere und giftige Pflanzen. Gefühlt will dich im Dschungel jede Pflanze töten. Jede Pflanze hat irgendwelche Brennhaare, Stacheln oder Widerhaken. Das ist irre. Und tiertechnisch natürlich auch. Wir hatten zum Beispiel einmal eine Giftschlange, fünf Meter von der Hängematte entfernt. Ein Einheimischer hat sie dann mit Pfeil und Bogen getötet.
Wie bereitet man sich auf so etwas vor? Haben Sie Pflanzenkunde gelernt?
Generell gibt es gewisse Grundregeln, die man überall hat. Zum Beispiel: Wenn du eine Schlange siehst, fass‘ sie nicht an. Eine spezielle Vorbereitung hatten wir zum Beispiel in Afrika zum Thema Big Five. Dort haben wir in den ersten vier Tagen eine Ranger-Ausbildung bekommen, wo es ganz stark um das Thema Tiere und Tierverhalten ging: Welches Tier macht was? Wie kann ich Spuren lesen? Wie nähere ich mich einem Tier an? Welche Zeichen lese ich wie, um mich dann wieder zu entfernen oder zu merken, dass das Tier aggressiv ist?
Für den Dschungel haben wir keine ausführliche Pflanzenkunde gehabt. Dafür muss man erstmal jemanden finden, der genau darauf spezialisiert ist. Denn jeder Dschungel ist wieder anders. In Grönland hatten wir speziell das Thema Eisbären und wie man sich in ihrer Gegenwart verhält.
Fritz Meinecke in Grönland: Den Eisbären sehr nah
Und wie verhält man sich da? Nur für den Fall der Fälle …
Also erstmal ist der Eisbär das größte Landraubtier der Erde. Der nächste Punkt ist: Der Mensch steht auf der Speisekarte des Eisbären mit drauf, wie beim Krokodil. Dazu kommt, dass Eisbären über die Wintermonate extrem ausgehungert sind, weil sie seit Monaten nur schwer Nahrung gefunden haben.
Debatte nach Bärenattacke in Italien: Messner hat eine klare Meinung
Ich sage mal so: Wir waren im März da. Das ist der beschissenste Zeitpunkt, was das Thema Eisbären angeht. Sobald sie die Möglichkeit haben, fressen sie dich. Deswegen hat dort generell jeder Einheimische, sobald er auch nur ansatzweise das Dorf verlässt, eine Waffe dabei. Da ist keiner ohne Waffe unterwegs. Das heißt: Auch wir hatten Waffen dabei und haben vorher noch ein kleines Schießtraining bekommen.
Natürlich, ganz wichtig, geht es darum: Keiner will einen Eisbären töten. Aber wenn du angegriffen wirst und dein Leben schützen musst, dann hast du keine andere Wahl – außer du sagst: ‚Gut, dann killt er mich halt einfach.‘
Sind Sie auf Ihrer Grönland-Reise in eine gefährliche Situation mit einem Eisbären gekommen?
Am Anfang unserer Tour, kurz hinter dem Ort, kam uns ein Hundeschlitten entgegen. Ungefähr anderthalb Stunden später haben wir Spuren von drei Eisbären, die parallel unterwegs waren, gefunden. Von der Größe muss das eine Mutter mit zwei jugendlichen Tieren gewesen sein. Diese Spuren waren über der Schlittenspur. Also waren sie sehr frisch.
Und noch eine Sache dazu, zur Erklärung: Im Fjord gibt es als Weg quasi nur eine Linie, denn links und rechts sind nur hohe Berge. Das ist wie ein Canyon. Das heißt: Aus der Richtung, aus der wir kommen, können die Eisbären nicht sein, denn da kommen wir her. Sie müssen also in der Linie vor uns laufen. Wir müssen also immer wieder warten: Hat er uns schon gerochen?
In diesem Moment wurde uns ganz schnell anders. Wir waren nur zu dritt. Kein Local, kein zweites Team. Nur wir und unser Gewehr.
Das haben Fritz Meinckes Reisen und das Dschungelcamp gemeinsam
Spannend! Hatten Sie auch Begegnungen mit anderen Tieren? Mussten Sie im Dschungel Raupen und Larven essen?
Ja, Sago-Larven zum Beispiel.
War das eine große Überwindung?
Ich muss fairerweise dazu sagen, dass ich sie selbst nicht gegessen habe. Mein Buddy Joris hat das Ganze probiert. Es war schon sehr eklig, meinte er. Vor allem die Konsistenz. Und das Ding ist dicker als unser Daumen. Wir reden nicht von so einer kleinen Made, das ist schon ein richtiges Würstchen.
Man muss dieser Sago-Larve vorher den Kopf abreißen und ausspucken, weil sie sich sonst mit ihren Beißwerkzeugen in der Magenwand festbeißen können. Und in dem Moment, in dem man den Kopf abbeißt, fängt es schon an, dass dieses ganze Eiweiß ausläuft. Das sieht aus, als wäre das Ding voll mit Eiter.
Ich kann zwar darüber reden, aber wenn ich das im Mund habe oder sehe, weiß ich, dass ich es erbreche. Ich habe vor Ort, als die Kamera noch lief, schon einen Würgereiz bekommen und mir war klar: Ich werde das Tier nicht essen können. Ich hätte es mir reinwürgen und auskotzen können. Lustig für die Kamera, aber das brauche ich nicht. Später gab es die Larven dann auch noch gegrillt. Da wollte ich es erst probieren. Aber dann haben die ersten im Team das in den Mund genommen und sofort wieder ausgespuckt.
Also können Sie die Kandidaten im Dschungelcamp ein bisschen verstehen?
Ja! Natürlich ist das sehr viel Kopfsache. Ich habe auch schon diverse Sachen gegessen. Der Geschmack ist das eine, die Konsistenz ist das andere. Aber das meiste passiert im Kopf, weil er realisiert, was du da gerade isst. Und dein Kopf will dich rein von der Evolution her vor etwas schützen. Deswegen gibt es einen Brechreiz.
Diese Logik ist in Bezug auf diese Maden bei uns anerzogen, weil wir so aufgewachsen sind. Die Kinder dort vor Ort snacken die weg wie Gummibärchen und freuen sich. Wenn man möchte – und sonst keine Hobbys hat – kann man diesen Brechreiz wegtrainieren.
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Diese fünf Dinge kommen bei Fritz Meinecke immer in den Rucksack
Vor Ihren Touren müssen Sie sich sicherlich gut überlegen, was Sie mitnehmen, damit die Rucksäcke nicht unnötig schwer werden. Was sind die fünf Dinge, die bei Ihnen immer mitkommen?
Ein Wasserfilter ist sehr wichtig. Denn wenn du verunreinigtes Wasser trinkst und Magenprobleme kriegst, bist du außer Gefecht gesetzt. Das war’s dann. Dann das Schlaf-Setup, je nach Ort: Meistens ein Schlafsack und eine Isomatte – oder eine Hängematte mit Moskitonetz für den Dschungel. Ansonsten angepasste Kleidung und Kameraausrüstung.
Man kennt bisher aus dem Fernsehen diese typischen Survival-Formate aus Amerika, wo jemand selbst beim Durchfall gefilmt wird. Inwiefern unterscheidet sich Ihr neues Format von solchen Formaten?
Das, was wir machen, ist kein Survival-Format, bei dem es darum geht, sich nur mit einem Messer, einem Feuerzeug und Streichhölzern irgendwo durchzuschlagen und Würmer zu essen. Es geht bei uns um Abenteuer-Expeditionen. Das heißt, wir wollen in coolen Locations dieser Welt unterwegs sein, die Natur erleben und einfangen.
Wir haben immer eine andere Mission, die wir dort abschließen wollen. Manchmal ist sie körperlich, manchmal sind es aber auch einfach die Skills, die man erlernt hat. Generell ist es ein Abenteuer-Format: Wir haben Ausrüstung dabei und wollen viel von den Locals lernen.
Ich bin nicht der Profi, der sagt: ‚Hey, ich bin der große Survival-Dude und zeige euch, wie der Hase läuft.‘ Ich bin jemand, der sagt: ‚Ich habe Bock auf Abenteuer weltweit. Ich habe ein bisschen Outdoor-Erfahrung. Aber von dem, was wir jetzt vorhaben, habe ich keine Ahnung. Ich nehme euch mit. Wir suchen uns ein paar Locals, die uns geile Sachen und Techniken zeigen. Wir lernen gemeinsam und gucken dann, ob wir das schaffen.‘
Es gibt nun diese eine Staffel von „Fritz Meinecke – Facing the Unknown“. Sind weitere Staffeln geplant?
Ich bin gefühlt gerade mal anderthalb Wochen zurück vom letzten Dreh. Ich war für das Projekt die letzten sechs beziehungsweise sieben Monate jeden Monat in einer anderen Destination unterwegs und bin froh, erst mal ganz kurz zu atmen. Wenn die Premiere durch ist und wir quasi einen Haken dahinter machen können, kann man schauen, wie das Ganze weitergeht.
Vielen Dank für das Gespräch!
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