Adoptierter Adel, beschränkter Intellekt und Tierquälerei: Die Welt von Marcus von Anhalt

Darf man sein Leben als „verpfuscht“ bezeichnen, wenn der eigene Adoptivvater sich für dich schämt und seinen Namen durch dich als besudelt betrachtet? Vor allem, wenn er dich nicht mal aus Liebe adoptiert hat oder weil er den Herzenswunsch hatte, ein Vater zu sein, sondern gegen die Zahlung von viel Geld, als du bereits erwachsen warst? Es wirkt für jemanden, der noch bis drei zählen kann und Ed von Schleck nicht für einen hochrangigen Adeligen hält, zwar eher bemitleidenswert, aber das Geschäft mit Adelstiteln läuft.

Eine KolumnevonMarie von den Benken

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Marcus Frank Adolf Eberhardt etwa, der ausgebildete Metzger und wegen versuchter räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, Steuerhinterziehung, Zuhälterei und Menschenhandels verurteilte Puffbetreiber, befand eines Tages, sein doch fragwürdiger Intellekt, seine bemerkenswert ramponierte Reputation und seine vermeintlichen Rotlicht-Millionen könnten möglicherweise von einem echten „von und zu“ salonfähiger gemacht werden.

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Der oft mit einer Gesichtsfarbe wie eine Mischung aus dem komplett empörten Jupp Heynckes und Donald Trump für Kichern im Blätterwald sorgende in schmuddelige TV-Formate drängende Horizontalgewerbe-Parvenü blätterte daher einige tausend zerknitterte Table-Dance-Schlüpferscheinchen auf den Tisch des Zsa Zsa Gabor Hauses und kaufte sich eine formelle Blaublut-Transfusion.

Aus dem zwielichtigen Freudenhaus-Feingeist Marcus Eberhardt wurde somit durch Spontan-Adoption von Gabor-Toyboy Frédéric von Anhalt über Nacht der weithin (rot) leuchtende: Marcus Prinz von Anhalt. Der durch dubiose Einnahmen aus Entertainment-Perlen wie dem berühmten „Flatrate-Bordell“ „Pussy Club“ in Fellbach vielleicht, vielleicht auch nicht reich gewordene Neo-Adelige schaffte es mit dieser familieninternen Aristokratie-Rochade bis ganz nach oben: Zu „Promi Big Brother“. Und jeder weiß: Wer mal gemeinsam mit Ben Teewag, Natascha Ochsenknecht, Cathy Lugner, Mario Basler und Dolly Dollar sowie dreihundert Kameras ein paar Wochen in einem Container in Köln-Ossendorf eingepfercht war, der hat es geschafft. Eine Investition also, die sich gelohnt hat.

IQ-Test gegen eine Landschildkröte verloren

Nun ist es ja leider so: Einen hochwohlgeborenen Namen kann man sich inzwischen kaufen. Stil dagegen unglücklicherweise immer noch nicht. Selbst ein mehrstündiger Aufenthalt im weltbekannten Celebrity-Exil „Promis unter Palmen“ und tiefsinnige Lagerfeuer-Gespräche mit der deutschen Hochintelligenz um Melanie Müller, Elena Miras, Chris Töpperwien oder Patricia Blanco konnten keinen nachhaltig positiven Einfluss auf den Prinzen der Herzen nehmen. Zumal er nach einer homophoben Beleidigungs-Orgie noch in der Auftaktfolge exmatrikuliert wurde.

Für alle Fans von Prinz Marcus an dieser Stelle ein kurzer Disclaimer: Exmatrikuliert hat nichts mit Matheunterricht bei verflossenen Freundinnen zu tun, sondern bedeutet in etwa: Streichung. Also im Sinne von „nicht mehr Student an einer Hochschule“ und nicht im Sinne von „hoffentlich nicht blau“.

Um sich nicht länger mit der nationalen D-Prominenz rumschlagen zu müssen (und auch ein bisschen, weil es zahlreiche Gerichtsverfahren gibt, die Steuer- und Behördensituation für schlecht beleumundete Geldflüsse etwas freundlicher ist und Sat.1 obendrein nach der Homophobie-Attacke ohnehin alle Reality-TV-Verträge fristlos gekündigt hatte) lebt der volltätowierte Adonis aus Pforzheim gemeinsam mit seinem selbstgekauften Prinzentitel mittlerweile in Dubai.

Dort hält der Mann, der zumeist aussieht, als hätte man Pierce Brosnan acht Jahre auf einer Sonnenbank vergessen und anschließend mit Säure abgelöscht, unter anderem eine Landschildkröte. Dieses liebenswürdige Tier präsentiert er sehr gerne seiner 7,1 Millionen Follower starken Instagram-Fangemeinde, wo er laut Branchendienst „Nindo“ im letzten Monat knapp 20.000 Follower verloren hat und auf einen Durchschnitts-Like-Anteil von 354 kommt. Was bei 7,1 Millionen Followern eine Aktivitätsrate von 0,00499 Prozent (gerundet: 0,00 Prozent) entspricht.

Ein bemerkenswertes Engagement, wie man fachsprachlich sagt. Über sieben Millionen Follower und knapp 350 Likes, das ist in etwa so, als würde Taylor Swift ein Konzert im Olympiastadion Berlin ankündigen und dafür dann zwei Tickets verkaufen. Man muss kein Genie sein, um festzustellen: Da geht wohl etwas nicht mit den berühmten rechten Dingen zu.

Seine bedauernswerte Landschildkröte lässt sich aber ohnehin nicht von Followerzahlen beeindrucken. Was ihr allerdings dennoch kein sorgenfreies Leben im stets sonnigen Garten der dubaischen Alters- und Steuerflüchtlingsresidenz von Sieben-Punkt-Eins-Millionen-Follower-Matze beschert. Für den Eroscenter-Emporkömmling scheint sein Mitbewohner nämlich weniger ein faszinierendes und schützenswertes Lebewesen zu sein, sondern eher eine Art Rummelattraktion für sturzbetrunkene Möchtegern-Messis. Seinen Followern jedenfalls präsentierte der Laufhaus-Lowperformer diese Woche, dass er zwar nicht besonders gut in Badeshorts aussieht, dafür aber auch kein Fußballgott ist.

Mit einem bereits leicht von zu viel Sonne, zu wenig guter Literatur und reihenweise billigem Fusel getrübten Brustton der Kongenialität dribbelte er leichtfüßig wie ein beinamputierter Kylian Mbappé in den kognitiven Strafraum seines eigenen Vorgartens und kündigte vollmundig an, ein neues Spiel namens „Hit the Turtle“ erfunden zu haben und nunmehr umgehend seine Landschildkröte abzuschießen. Mit der Filigranität eines Öltankers platzierte er anschließend stolzbetrunken einen Lederball aus etwa drei Metern auf dem Panzer der sich heftig erschreckenden Landschildkröte. Ein Akt der kompletten Selbstentlarvung als tierquälender Empathie-Asket in ganzjähriger intellektueller Nebensaison.

Einöde, nicht nur intellektuell: Ein Prinz in Dubai

Kaum ein Trost ist dabei, dass die besagten 7,1 Millionen Follower offenbar weitestgehend genauso organisch entstanden sind wie sein Adelstitel. Darüber hinaus ist zu bezweifeln, dass im streng auf ethisch einwandfreie Bewertungsparameter ausgerichteten Dubai das Quälen von Landschildkröten überhaupt strafbar ist. In einem Land, das immer wieder im Kontext von Menschenrechtsverletzungen, Folter und Misshandlungen genannt wird, ist vermutlich nicht davon auszugehen, dass das Wohlbefinden einer Schildkröte von besonderem Belang ist.

Genau das richtige Pflaster also für Dirnen-Dandy Marcus von Anhalt, der laut Branchenmagazin „Bild“ in der aus Tierschutzsicht formaljuristischen Diaspora Dubai sogar einen eigenen Privatzoo betreibt, in dem er exotische Wildtiere wie Tiger, Bären, Affen und Löwen hält. Übrigens laut der Tierschutzorganisation PETA – wenig überraschend – unter furchtbaren Bedingungen.

Aber das ist nachvollziehbar. Wieso sollen es unter dem Regiment des bekennenden AfD-Sympathisanten ausgerechnet Tiere besser haben als die Frauen, auf deren Rücken er seine angeblich 450 Millionen Euro Vermögen angehäuft hat. Das jedenfalls behaupteten einst die Finanz-Experten von „SAM“, ein legendäres TV-Nachmittags-Format aus dem Hause ProSieben, das bereits 2009 aufgrund von dramatischer Quoten-Unterernährung eingestellt werden musste.

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Ob diese kolportierten 450 Millionen Euro Privatvermögen tatsächlich auf den Konten von Prinz Marcus schlummern – oder die Summe eher einen Wahrscheinlichkeitsquotienten von Null hat (und damit in etwa dem seiner 7,1 Millionen Follower entspricht), kann ich nicht mit Gewissheit beurteilen. Mit Logik allein ist diese Frage nämlich nicht zu beantworten.

Selbstredend würden 99,99 Prozent aller Befragten davon ausgehen, dass jemand mit einem Vermögen von 450 Millionen Euro nicht zwangsläufig seit Jahrzehnten versuchen würde, irgendwie auch noch am letzten Reality-TV-Fiasko teilnehmen zu dürfen, bei dem sich 14 Ex-Promis einen IQ von 80 teilen und anschließend gegenseitig auf Instagram beschimpfen.

Andererseits: Siehe oben. Aus diesem kleinen Ausflug in die Sphären des alternativen Hochadels, quasi der Homöopathie der Noblesse, leitet sich nun also folgende Frage ab, mit der ich Sie in die Woche entlasse: Würden sie für 450 Millionen Dollar auf 95 Prozent ihrer Gehirnzellen verzichten? Antworten gerne an [email protected].

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