Die Bregenzer Festspiele 2023: Ein vielfältiges Programm mit Opernhighlights, Musiktheater-Stücken und besonderen Kooperationen.
Sehrgeehrte Frau Intendantin, welche Highlights dürfen wir in der kommenden Saisonvon den Bregenzer Festspielen erwarten?
Sobotka: Natürlich die Wiederaufnahme der Madame Butterfly. Man kann die Inszenierung fast als eine Art Gegenentwurf zu Philipp Stölzls Rigoletto von 2019/21 sehen. Wir haben bewiesen, dass suggestive Bildkraft sowie eine subtil gedachte und konzipierte Inszenierung unser Publikum genauso begeistern wie Spektakel, Buntheit und größtmögliche Abwechslung. Das erfüllt mich mit Freude.
Ich bin auch besondersglücklich darüber, dass wir Giuseppe Verdis Ernani als Oper im Festspielhauszeigen. Ich dachte eigentlich nicht, dass ich mit dieser Oper auf so vielBegeisterung stoße bei einer jungen Regisseurin wie Lotte de Beer. Aber sieliebt das Stück genau wie ich und möchte es schon seit längerer Zeit unbedingtinszenieren. Und auch Enrique Mazzola – unser Conductor in Residence – istnicht nur ein Spezialist für den jungen Verdi, sondern ebenso mit Begeisterungmiteingestiegen.
Dann natürlich auch dieösterreichische Erstaufführung von dem queeren Musiktheaterstück The Faggotsand Their Friends Between Revolutions und die Uraufführung von FabiánPanisellos Die Judith von Shimoda auf der Werkstattbühne. Außerdem steht dieachte Opernstudioproduktion an: Jules Massenets Werther. Es wird wiedervielfältig und abwechslungsreich!
Wie hatsich das Programm der Bregenzer Festspiele im Vergleich zu den vorherigenJahren entwickelt?
Sobotka: Auch in diesem Jahr zeigen wir wieder eine sehr bunte Mischung: von großer Oper auf der Seebühne, zu unterschiedlichen Formaten zeitgenössischen Musiktheaters auf der Werkstattbühne und kleineren Produktionen wie Musik & Poesie. Erst letztes Jahr ist die neue Programmsparte „Wiener Symphoniker ganz Persönlich“ hinzugekommen.
Heuer stellen wir ein sehrspannendes Projekt mit der Pforte, dem Bochabela String Orchestra und VoicesVorarlberg auf die Beine. Es ist ein ständiger Austausch mit unserenKünstler:innen, Partner:innen und Mitarbeitenden – und durch diesen Austauschkommen neue Ideen auf, man versucht manches besser einzubinden, neue Aspekte zuzeigen. So eine programmatische Weiterentwicklung spiegelt sich natürlich auchin der ständigen Weiterentwicklung des Festspielgeländes wider, und ist fürmich auch das Spannende bei den Bregenzer Festspielen. Insgesamt ist es ein sehrspannender und inspirierender Prozess wie das Programm zustande kommt.
Wird derNachwuchsförderung und der Unterstützung junger Talente in der kommenden Saisoneine besondere Bedeutung beigemessen?
Sobotka: Wir haben uns entschlossen, alle unsere Aktivitäten, die junge Menschen ansprechen sollen, unter einem neuen, offeneren und deutlicheren Titel zu vereinen: Junge Festspiele. Eines der wichtigsten Projekte in diesem Rahmen war im Mai 2023 die Zauberflöte für Kinder im Festspielhaus. Nach dem großen Erfolg von Carmen für Kinder haben wir erneut in Zusammenarbeit mit AsLiCo, Opera Domani ein ähnliches Konzept erarbeitet. Für interessierte Lehrer:innen gab es Workshops und ein sehr umfangreiches Begleitprogramm für die Nutzung im Unterricht. Die Kinder wurden in den Schulen auf das Stück vorbereitet und bekamen Anleitungen zum Mitmachen, Mitsingen und Mittanzen. Es war wirklich ein ganz besonderer Moment, die begeisterten Kinder während der Aufführung als Teil des Ganzen zu sehen. Auch die Young People’s Night (früher crossculture night) wird es heuer natürlich wieder geben, voller Workshops für Theaterbegeisterte Jugendliche – und für angehende Orchestermusiker:innen wird es wieder die Blasorchestermatinee unter der Leitung von Martin Kerschbaum geben. Das Fest des Kindes ist wie jedes Jahr ausverkauft.
Außerdem steht als fünfte szenische Opernproduktion Jules Massenets Werther auf dem Programm – eine richtig große Gesangsoper! Die beiden Hauptpartien, stellen hohe Anforderungen an die Sängerinnen. Eine herausfordernde Wahl für das Opernstudio. Aber unser Konzept ist es, jungen Sänger:innen eine Rolle fürs Leben mitzugeben. Sie sollen in einer idealen Umgebung diese Partien lernen, konzentriert, mit einem hochprofessionellen Team und mit dem frischen Zugriff auf ein altbewährtes Stück auch dem Publikum eine neue Sichtweise eröffnen. Besonders freut mich, dass eine der besten Charlottes aller Zeiten für eine Meisterklasse in Bregenz war: Brigitte Fassbaender.
Gibt esin der kommenden Saison spezielle Kooperationen oder Partnerschaften mitanderen kulturellen Einrichtungen, die das Programm der Bregenzer Festspielebereichern werden?
Sobotka: Ich freue mich sehr, dass wir Heinrich von Kleists Der zerbrochne Krug als Gastspiel des Deutschen Theaters Berlin in Bregenz zeigen können. Es ist eine hinreißende Produktion von Anne Lenk, einer großartigen Regisseurin, und Ulrich Matthes kommt als Dorfrichter Adam wieder nach Bregenz. Es ist ein Wunschprojekt von mir! Außerdem war bereits zu Ostern erneut das Wiener Burgtheater zu Gast in Bregenz mit Ferdinand Raimunds Die gefesselte Phantasie.
Ich freue mich auch mit derUraufführung von Die Judith von Shimoda auf der Werkstattbühne die engePartnerschaft mit der Neuen Oper Wien fortsetzen zu können. Die Oper basiert aufeiner gleichnamigen Schauspieladaption von Bertolt Brecht und wird vomargentinischen Komponisten Fabián Panisello vertont. Die Parallelen zu MadameButterfly sind offensichtlich und dennoch ist der Stoff ganz anders.
Die zweite Produktion auf der Werkstattbühne ist eine wilde moderne Mischung. The Faggots and Their Friends Between Revolutions ist der Titel eines epoche-machenden Romans aus den 1970er-Jahren von Larry Mitchell mit Illustrationen von Ned Asta. Der Komponist Philip Venables und der Regisseur Ted Huffman kreieren auf Basis dieses literarischen Denkmals der sexuellen Revolution und der queeren Freiheitsbewegung eine Art Barockmusical, ganz modern, ganz lebendig. Das muss man gesehen haben. Diese Oper ist ein Auftragswerk der Factory International, des Festival d’Aix-en-Provence, der Bregenzer Festspiele und der NYU Skirball.
Unser sicherlich engsterPartner sind die Wiener Symphoniker, die uns ja von Anfang an begleiten, dasKUB, mit dem wir nun schon das 3. Opernatelier für 2024 vorbereiten, sowie auchdas wunderbare Symphonieorchester Vorarberg, und heuer erstmals die Pforte. AMA
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