Es ist eine seltsame Welt, in die Chris Haring mit der Performance-Company Liquid Loft zur Uraufführung von „living in funny eternity_L.I.F.E“ entführt. Sechs Performerinnen und Performer erscheinen als bizarr gekleidete Wesen, die sich zu den fetzigen Rockklängen der Band Bulbul bewegen und durch den Einsatz von Videowänden optisch verzerrt, verdoppelt und verdreifacht die Bühne erkunden. Das Burgtheater schien für das ImPulsTanz-Publikum für 70 Minuten weit weg.
Zu Beginn gibt Bulbul den Ton an. Das schräge, mit Rock und Noise experimentierende Trio lässt eine krachende Soundwand auf das vielfach ob der heißen Temperaturen mit Fächern ausgestattete Publikum los. Passend zur Hitzewelle wirkt es auch wie eine unerträgliche Tropennacht, die eine der Tänzerinnen durchleidet. Sie wälzt sich auf einem hell erleuchteten Rechteck unruhig am Bühnenboden herum – bis sie schließlich langsam hinauskriecht und in eine absurde Traumwelt oder doch Zukunftsvision entführt.
Und dort ist für allerlei Schauwert gesorgt. Mit weit nach hinten gebeugtem Rücken und Armen wandert eine weitgehend verhüllte Figur wie ein skurriles Wesen aus einem Science-Fiction-Film über die leere Bühne. Andere hüllen sich wahlweise allein, zu zweit oder dritt in Kleidung oder auch höchst dehnbare Latexflächen ein und bilden eine futuristische Skulptur nach der nächsten. Projiziert wird ein Teil des bunten Geschehens auf zwei große Videowände, wobei allein der Einsatz der Körper und so mancher Kamerakniff für wunderbar illusionistische Visuals sorgen, die einem trippigen Musikvideo entnommen sein könnten.
Zwischendurch lernt man über eingespielte Monologe und Dialoge etwa Dante kennen. Er mag Cricket, Football und Rugby, aber keine Kinder. Seine Lieblingsfarbe ist blau. Eine Frau erzählt von mit Stacheln am Rücken bewehrte Kreaturen, auf die man lieber nicht steigen sollte. Und ein Bandmitglied wird von seinen Kollegen zu einem seltsamen Aufenthalt beim Arzt befragt, was einen Schmunzler zwischendurch erlaubt. Was all das soll? Nicht so wichtig.
Von dröhnendem Rock begleitete, flottere Passagen wechseln sich bei „L.I.F.E.“ mit atmosphärischen Soundwänden unterlegten nachdenklicheren Minuten ab. Bald hat man das Wechselspiel aber raus. Eine etwas spielerische Struktur hätte der Performance nicht geschadet, wo sie abseits dessen doch mit Kreativität und Präzision punktet. Es ist verblüffend und schön zu sehen, mit wie wenig Mitteln man in eine fremde, aufregende Welt zu entführen vermag. Ob man in dieser gerne verweilt oder doch froh ist, wieder aufzuwachen, sei dahingestellt. Dem Publikum hat es jedenfalls gefallen. Es bedankte sich mit freundlichem Applaus für die gelungene Realitätsflucht.
(S E R V I C E – „living in funny eternity _ L.I.F.E.“ im Rahmen des ImPulsTanz-Festivals im Burgtheater, Universitätsring 2, 1010 Wien. Künstlerische Leitung und Choreografie: Chris Haring, Komposition und Soundkonzept: Andreas Berger, Lichtdesign: Thomas Jelinek, Kostüme: Stefan Röhrle, Live-Band und Komposition: Bulbul mit Manfred Engelmayr, Roland Rathmair, Dieter Kern. Tanz, Choreografie: Luke Baio, Dong Uk Kim, Dante Murillo, Anna Maria Nowak, Breanna O’Mara, Hannah Timbrell. Weitere Aufführungen am 11. Juli um 19 Uhr und 12. Juli um 21 Uhr im Burgtheater. )
(APA)
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