Ein Theater voller Stars: "Asteroid City" von Wes Anderson

Berlin – Der Regisseur Wes Anderson hat eine sehr spezifische Ästhetik. Sie hat einen so hohen Wiedererkennungswert, dass er damit nicht nur unter vielen Kino-Fans Kultstatus genießt, sondern inzwischen eine ganze Armee von Nachahmern in den Sozialen Netzwerken hat. Seine symmetrischen Bild-Kompositionen mit Liebe zum Detail und leuchtenden Farben kommen auch in „Asteroid City“, seinem neuen Film, zum Tragen. Wie gewohnt ist es ein visuelles Fest. Der analog gedrehte Film entwirft eine Wüstenstadt in den 50er Jahren, die Anderson bis ins Detail ausgearbeitet hat. Wir sehen Kakteen aus Pappmaché, pastellfarben leuchtende Retro-Kulissen.

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Ein Film von Anderson ist quasi eine Aneinanderreihung von hübschen Polaroids. In Anlehnung an diese schon lange wieder hippe Ästhetik ist auf TikTok vor dem Kinostart von „Asteroid City“ der Trend entstanden, kurze Videos im Stil des US-amerikanischen Regisseurs zu drehen. Fans fertigten bunt stilisierte Clips an und versahen das Ganze mit dem ironischen Text: „You better not act like you’re in a Wes Anderson film“ (dt.: „Verhalte dich besser nicht so, als wärst du in einem Wes-Anderson-Film“).

Was den Leuten dabei aber fehlte, ist etwas anderes, das die Filme des 54-Jährigen auszeichnet: Ein riesiges Star-Ensemble. In „Asteroid City“ sind unter anderem Scarlett Johansson, Tom Hanks, Jason Schwartzman, Willem Dafoe, Margot Robbie und Tilda Swinton zu sehen.

„Asteroid City“ ist Andersons elfter Spielfilm. Erzählerisch strotzt er vor trockenem Humor und ist etwas kompakter als der Vorgänger „The French Dispatch“, was viele Kinozuschauer freuen dürfte.

Wir befinden uns in einer fiktiven Wüstenstadt im Südwesten der USA im Jahr 1955. Eine Gruppe von Schülern und Eltern treffen sich zu einer Art Raumfahrt-Tagung. Dort stellen hochbegabte Schüler ihre technischen Erfindungen vor. In der Ferne finden Atombombentests statt. Hintergrund der Geschichte ist der Wettlauf ins All, bei dem die USA und die Sowjetunion während des Kalten Kriegs um die Vorherrschaft in der Raumfahrt konkurrierten.

Die Schülerin oder der Schüler mit der innovativsten Erfindung soll einen Preis bekommen. Doch während die Teilnehmer in einem von einem Asteroid verursachten Einschlagkrater zusammensitzen, kommen außerirdische Mächte ins Spiel. Das ganze Programm wird durcheinander gebracht.

Unter manchen Teilnehmern, die nun in Asteroid City festsitzen, bahnen sich zarte Liebesgeschichten an. Zum Beispiel zwischen Augie Steenbeck (Schwartzman), einem Fotografen, und der Schauspielerin Midge Campbell (Johansson). Sie sind in gegenüberliegenden Bungalows untergebracht und unterhalten sich von Fenster zu Fenster. Anderson entwirft daraus wunderschön gerahmte Einstellungen, die wie Gemälde aussehen. Inhaltlich ausgearbeitet werden die zwischenmenschlichen Beziehungen aber nicht. „Asteroid City“ ist wie ein Theaterspiel mit Puppen, das einen weniger emotional, sondern vor allem auf der optischen Ebene packt.

Wie im Theater habe sich auch Darstellerin Johansson gefühlt, erzählte sie bei den Filmfestspielen von Cannes, wo der Film Premiere feierte. „Die Welt ist da und man ist in ihr“, sagte sie. „Die ganze Umgebung wird erschaffen. Es ist ein physischer, greifbarer, nutzbarer Raum.“ Anderson selbst erklärte, er fühle sich besonders zu alten Techniken hingezogen. „Wir drehen auf Film. Die Art und Weise, wie wir arbeiten, ähnelt wahrscheinlich mehr der Art und Weise, wie ein Film 1930 gedreht wurde.“

Stichwort Theater: Der ganze Film ist von einer erzählerischen Meta-Ebene gerahmt. „Asteroid City“ selbst ist eigentlich auch nur ein Theaterspiel. Das sehen wir, weil der Film immer wieder aus der Wüste rauszoomt und zum Theater-Setting wechselt. Das ist aber noch nicht alles. Die Zuschauer sehen zudem eine Fernsehsendung über das Theaterstück. In der Rolle als TV-Erzähler nimmt uns Bryan Cranston („Breaking Bad“) mit zur Entstehung des Theaterstücks, dessen Autor von Edward Norton und Regisseur von Adrien Brody gespielt wird.

Kompliziert. Aber auch witzig. Zum Beispiel, wenn Cranston plötzlich in der Wüste von Asteroid City erscheint und dann irritiert fragt: „Gehöre ich hier gar nicht hin?“ Oder wenn Steenbeck aus dem Film ans Theaterset wechselt und mit dem Regisseur seine Performance diskutiert.

„Dies ist ein Film über eine Fernsehsendung, die eine Geschichte über ein Theater macht“, beschrieb es Cranston in Cannes. „Und ich glaube, es ist Wes‘ Liebesbrief an die Performance-Kunst.“

Asteroid City, USA 2023, 106 Min., FSK ab 12, von Wes Anderson, mit Scarlett Johansson, Jason Schwartzman, Bryan Cranston, Adrien Brody, Tom Hanks, Tilda Swinton, Maya Hawke, Matt Dillon, Edward Norton, Willem Dafoe, Margot Robbie u.a © dpa

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