Fürst Rainier III. von Monaco wäre 100 geworden: So reich, so traurig
Das war sein Leben
Menjou-Bärtchen, die melancholischen Augen. Wenn sich Fürst Rainier III. von Monaco (1923-2005) die Ehre gab, bekamen nicht nur die Untertanen seines Zwergstaats einen verklärten Blick.
Er war der Repräsentant einer winzigen Operettenmonarchie, ein Märchen-Monarch. „Der letzte Prince charmant unseres prosaischen Jahrhunderts“, raunte ehrfurchtsvoll die US-Gesellschaftsreporterin Elsa Maxwell (1883-1963), die einfühlsam sein konnte wie eine Kreissäge.
Dieser Rainier, dem ein Privatvermögen von angeblich zwei Milliarden Euro nachgesagt wird, war eine der Hauptfiguren der Glamourwelt und hat über ein halbes Jahrhundert die bunten Medien beschäftigt. Am 31. Mai wäre der 2005 verstorbene Fürst von Monaco 100 Jahre alt geworden.
Märchen sind frei erfundene Erzählungen, die nicht nur von Lichtgestalten berichten, sondern auch von der bösen Seite der Welt. Rainier hat das in der Realität erfahren müssen, wahrscheinlich haben die Schattenseiten im Leben dieses vermeintlich vom Glück so verwöhnten Menschen sogar überwogen.
Das war ihm – bedingt durch die verworrene Thronfolge-Historie von Monaco – schon vor der Geburt vorgegeben. Um das zu verstehen, muss man etwas weiter ausholen.
Seit 1297 beherrscht das aus Genua stammende Adelsgeschlecht Grimaldi den Felsen von Monaco. Ahnherr Francesco Grimaldi hatte die Festung erobert, getarnt mit einer Mönchskutte; bis heute zeigt das Staatswappen zwei Schwerter schwingende Franziskaner.
1922 trat Prinz Louis II. (1870-1949) die Herrschaft an. Er war der Sohn von Fürst Albert I. von Monaco (1848-1922) und der Britin Mary Victoria Hamilton (1850-1922), die mütterlicherseits der Familie des Großherzogs von Baden entstammte. Die Ehe mit Albert war nicht glücklich, Mary Victoria verließ nach wenigen Monaten Monaco. In Baden-Baden brachte sie ihren Sohn Louis zur Welt, der seinen Vater erst zehn Jahre später kennenlernen sollte.
Der abenteuerliche Erbprinz Louis ging 1890 zur französischen Fremdenlegion. In Algerien lernte er die bildschöne Varieté-Tänzerin Marie-Juliette Louvet (1867-1930) kennen, die 1898 die Tochter Charlotte (1898-1977) – Rainiers spätere Mutter – zur Welt brachte. Louis kämpfte im Ersten Weltkrieg in der französischen Armee gegen die Deutschen und brachte es bis zum Brigadegeneral, doch sein Vater Fürst Albert I. verbot ihm, seine große Liebe Marie-Juliette zu heiraten. Immerhin wurde ihm gestattet, seine uneheliche Tochter nach Monaco zu holen und erziehen zu lassen.
1919 wurde Charlotte, die eine verblüffende Ähnlichkeit zu Rainiers Tochter Prinzessin Caroline (66) aufwies, von ihrem Vater und in Absprache mit dem französischen Staat adoptiert und als Erbprinzessin legitimiert, um die Thronansprüche des deutschen Kavalleriegenerals Wilhelm Karl von Urach (1864-1928), einem erbberechtigten Cousin von Fürst Albert I., zu verhindern. Louis II. war zu diesem Zeitpunkt bereits 48 und hatte bis dahin weder geheiratet noch einen Erben. Somit war Charlotte die einzige Hoffnung, die Macht der Grimaldis zu sichern.
1920 heiratete sie den französischen Grafen Pierre de Polignac (1895-1964), der am Vorabend der Hochzeit durch einen fürstlichen Erlass Name und Wappen der Grimaldis angenommen hatte. Das Paar bekam zwei Kinder: 1920 die Tochter Prinzessin Antoinette (1920-2011) und den Sohn Prinz Rainier.
Auch diese Ehe ging in die Brüche, Scheidung 1933. Großvater Louis II., nunmehr Fürst von Monaco, kümmerte sich um Rainiers Ausbildung: Schulzeit in zwei englischen Internaten, Literatur- und Politikstudium in Montpellier und Paris. Im Zweiten Weltkrieg kämpft Rainier für die Truppen des freien Frankreichs.
1944 verzichtet Prinzessin Charlotte auf ihren Thronanspruch zugunsten ihres Sohns Rainier. Weil Fürst Louis II. selbst keine weiteren Kinder hatte, wird er offizieller Thronfolger. Am 9. Mai 1949 trat Rainier III. als 33. Fürst von Monaco die Nachfolge seines Großvaters an. Da war er 25 Jahre alt. Er führte von Anfang an das Fürstentum wie ein Familienunternehmen, kümmerte sich um jede Einzelheit.
„Geschickt bemühte er sich, seinen eng mit Frankreich verbundenen Mini-Staat auf eine feste wirtschaftliche Grundlage zu stellen“, schrieb der „Spiegel“. „Rainier siedelte Unternehmen der Chemie-, Kosmetik- und Pharmabranche an, baute ein Kultur- und Kongresszentrum und schob den Tourismus an. Während das Glücksspiel nach dem Zweiten Weltkrieg noch 70 Prozent der Staatseinnahmen ausmachte, waren es zuletzt weniger als vier Prozent. Rainier vergrößerte sein Fürstentum auch, unter anderem durch neue Deiche.“ Heute kann man sagen, dass Rainier das Fürstentum am meisten geprägt hat. Er hat sich selbst als „Aufsichtsratsvorsitzenden“ des „Unternehmens Monaco“ bezeichnet.
Doch die Schwierigkeiten wurden nicht weniger. Nun hatte er den schwerreichen griechischen Reeder Aristoteles Onassis (1906-1975) im Nacken, der in Monaco investiert und die Aktienmehrheit an der Société des bains de mer (SBM) hatte. Damit gehörten ihm das Spielkasino und fast alle Luxushotels. Onassis sorgte sich um sein Investment, denn Rainier war immer noch nicht verheiratet und hatte keine Erben: Bis 2002 galt der Vertrag von 1918, dass das Fürstentum an die französische Republik fällt, wenn es keinen Thronerben gäbe. Rainier musste also verheiratet werden. Und zwar so, dass die Welt aufhorcht und Monaco in neuem Glanz erstrahlt. Am besten mit einem Hollywood-Star …
Die perfekte Kandidatin war – Marilyn Monroe (1926-1962), damals 29 Jahre alt. Die war angeblich auch neugierig und stellte Gerüchten zufolge zwei Fragen: „Ist er reich?“ und „Sieht er gut aus?“ Als sie Fotos von Rainier sah, soll sie begeistert gewesen sein. Es fehlte nur noch das Einverständnis des Fürsten, doch Marilyn soll gesagt haben: „Lassen Sie mich zwei Tage mit ihm allein, dann garantiere ich Ihnen, er will mich so schnell heiraten, dass kaum noch Zeit ist, einen Standesbeamten zu holen.“
Rainier war über Onassis‘ Hochzeitspläne angeblich verärgert. Die zu diesem Zeitpunkt zweifach geschiedene Marilyn war ihm den Geschichten zufolge zu verrucht. Er verfolgte andere Pläne, denn er hatte bei den Filmfestspielen im benachbarten Cannes die Hollywood-Schönheit Grace Kelly (1929-1982) kennengelernt. Die Schauspielerin erfüllte alle Kriterien für eine First Lady von Monaco. Sie war katholisch, glamourös und hatte noch dazu ein „unbeflecktes“ Image.
Rainier fuhr mit ihr von Cannes in seinen Palast, zeigte ihr seine Bastlerwerkstatt, sein Bildhaueratelier, die Schallplattensammlung, seine Jazzinstrumente, die er sogar spielen konnte und vor allem seinen kleinen Privatzoo. Grace Kelly durfte – wohlig erschaudernd – zuschauen, wie er mit der Pantherin „Mouk“ und der Löwin „Ma poule“ schmuste. Der Rest ist tausendfach beschriebene Geschichte: 1956 wurde eine Märchenhochzeit gefeiert, die den Zwergstaat auf einen Schlag weltberühmt gemacht hat.
Rainier hat für seine Frau aber angeblich kaum Zeit, er muss sich um die Staatsgeschäfte kümmern: Der Nationalrat will seinen Umbau blockieren, und dann ist da noch Onassis, der ihm das Leben schwer macht. Doch 1966 verkauft dieser seine monegassischen Aktien. Er sagt, dass er Rainier unterschätzt habe. Der ist nun Herr im eigenen Haus, Investoren und Touristen führen zu einem Wirtschaftsboom, Monaco wird zum Paradies der Reichen und Schönen.
Auch in der Ehe von Rainier und Gracia Patricia, wie die Landesmutter nun heißt, hat sich alles zum Guten gefügt, denn das Paar hat Nachwuchs. 1957 wird Prinzessin Caroline geboren, ein Jahr später der Thronfolger Fürst Albert (65) und 1965 schließlich Prinzessin Stéphanie (58).
Gracia Patricia spricht jetzt perfekt Französisch. Sie hat ihre Rolle als First Lady angenommen und ist eine leidenschaftliche Mutter, der Fürst ein stolzer Vater, der jeden Mittag mit der Familie speist. Es ist eine skandalfreie Ehe, obwohl es Gerüchte gibt, die Fürstin würde angeblich Hollywood und die Filmerei vermissen. Er sagt später: „Die großen Freuden hängen für mich direkt mit dem Familienleben zusammen. Da ist die Hochzeit mit meiner Frau und die Geburt meiner drei Kinder. Das war das größte Glück meines Lebens.“
Das endet jäh am 14. September 1982. Nach einem schweren Autounfall, bei dem auch die 17-jährige Tochter Stéphanie mit im Auto sitzt, stirbt Fürstin Gracia Patricia. Von diesem Schicksalsschlag wird sich Rainier nie mehr erholen. „Die Wunde ihres Verschwindens hat sich nie ganz geschlossen“, hat Rainier später gesagt. Ihr Tod habe ihn „verhärtet“.
Auch mit Rainiers Gesundheit geht es bergab: 1994 Bypass-Operation, 2000 Lungen-OP, dann „allgemeiner Erschöpfungszustand“ nach mehreren Bronchitis-Erkrankungen. Am Morgen des 6. Aprils 2005 stirbt Fürst Rainier III., fast genau 50 Jahre nach der ersten Begegnung mit Grace Kelly, als er ihr seine Raubtiere zeigte. Sein Sohn Albert, der neue Monarch, ist bei ihm. Zu seinem Begräbnis kommen (wieder mal) alle nach Monaco, unter anderem die Könige von Schweden, Spanien und Belgien…
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