Berlin – Wer bin ich? Der Weg zur Antwort auf diese Frage kann lang, mühsam und verwirrend sein. Der deutsche Pop-Musiker Wincent Weiss hat dafür sechs Jahre und eine ganze Albumreihe gebraucht.
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Nach „Irgendwas gegen die Stille“, „Irgendwie anders“ und „Vielleicht Irgendwann“ erscheint heute die Platte „Irgendwo ankommen“. Es ist die konsequente Fortführung einer musikalischen und menschlichen Reise auf der Suche nach einer Antwort.
Der Albumtitel „Irgendwo ankommen“ bedeute für ihn das Ankommen bei sich selbst. „Ich finde, das ist viel wichtigeres „Ankommen“ als jetzt ein Ort, an dem man ankommt. Ich will bei mir ankommen, ich will wissen, wer meine Freunde sind, wer meine Familie ist, wer richtig hinter mir steht“, sagt der 30-jährige Musiker.
Prozess musikalisch verarbeitet
Aber hat das auch in der Praxis funktioniert? Mit dem gleichnamigen Intro zur Platte spannt Weiss seine Fans nicht lange auf die Folter, sondern antwortet direkt: „Ich bin angekommen bei mir.“ Dabei fundiert das Intro als ein klassischer Teaser. Denn wie das konkret dazu kam, erfahren die Hörerinnen und Hörer langsam Song für Song.
Auf „Hass mich, wenn Du willst“ zum Beispiel wird deutlich, dass Weiss im Laufe seiner Reise gelernt hat, loszulassen und die Dinge einfach mal zu akzeptieren. „Bisschen schuld sind wir doch beide“ und „Hass mich, wenn du willst / wenn es dir am Ende hilft“, singt er und reflektiert damit eine – wie es scheint: toxische – Liebesbeziehung.
„Ich habe auf den letzten drei Alben verschiedenste Abschnitte durchlebt und verarbeitet. Vom ersten großen Liebeskummer über tiefe, einsame und dunkle Momente, um jetzt Frieden zu schließen und zu wissen, wofür jede Phase gut war“, erklärt Weiss.
Im Laufe des Albums wird immer wieder deutlich: Auch schlechte Lebensphasen sind auf der Suche nach sich selbst von Bedeutung. „Ich finde, wenn man bei sich ankommen möchte, dann muss man ja wissen, was negative Seiten sind. Was so schlechte Verhaltensmuster sind, die man hat, an denen man arbeiten möchte und die man sich auch eingestehen muss“, sagt Weiss.
Unterschiedliche Sounds
Was – oder besser gesagt wer – auf den verschiedenen Lebensabschnitten des Musikers gleich geblieben ist, ist ein bestimmter Mensch. Darum geht es zumindest im Song „Bleiben Wir“. „Freunde kommen und Freunde gehen / Aber nicht bei uns, denn egal, was auch passiert / Ich weiß Wir bleiben Wir“, heißt es dort. Musikalisch ist es ein typisches Wincent-Weiss-Lied: poppig, radiotauglich und fröhlich.
Insgesamt ist der Sound des Albums aber gar nicht so sehr in typischer Weiss-Manier produziert. Musikalisch hat man nicht den Eindruck, dass der 30-Jährige irgendwo angekommen ist – im Gegenteil. Während er auf seinen vergangenen Alben dem Pop-Sound meist treu blieb, könnten die zwölf Lieder auf „Irgendwo ankommen“ unterschiedlicher nicht sein.
Mal sind sie wie „JA NEIN“ laut, rockig und voller Energie, dann wieder leise und nachdenklich („Alleine Bin“). Andere verlieren sich im Moment wie „Spring“. „Auf den Grund“ hingegen ist ein tiefgründiger Gefühlssong. Er handelt von dem Moment zwischen zwei Menschen, in dem man sich dem Gegenüber vollkommen öffnet und ihm einen Blick in das eigene Innenleben gewährt.
Wie geht es weiter?
Die Fans von Wincent Weiss konnten ihm während seiner Karriere beim Erwachsenwerden und Reifen zuschauen. Mit seinen Alben nahm er sie auf die private Reise mit. „Seit dem letzten Album habe ich mich sehr viel mit mir beschäftigt und hab‘ gelernt, in mich hineinzuhören und alte Wunden aufzuarbeiten und zu heilen“, sagt Weiss.
Jetzt ist er aber angekommen. Bedeutet das ein Ende der bisherigen Wincent-Weiss-Ära? Dazu sagt der 30-Jährige: „Ankommen ist weniger die Reise an einen bestimmten Ort als vielmehr die Reise zu mir selbst. Mit dem Gelernten und gestärkten Wurzeln kann es jetzt in die nächste Lebensphase gehen.“
Künftig will er sich auch an andere Genres wagen. „Ich freue mich dieses Jahr noch aufs Touren und die Festivals, aber nächstes Jahr ziehe ich wahrscheinlich einen kleinen Cut. Ich will mich dann darauf konzentrieren, wie meine Musik eigentlich aussehen soll. Ich wollte schon immer Metal- und Rock-Musik machen und würde auch mal gerne Hip-Hop ausprobieren“, sagte der 30-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. © dpa
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