Judith Rakers im GALA-Interview: "Auch auf mein Gewicht achte ich heute nicht mehr so wie früher"

Statt Dosen zu öffnen, steht Judith Rakers inzwischen lieber am Herd. Natürlich auch, wenn ihr Vater zu Besuch kommt, einer der wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Manchmal muss er darüber lächeln, dass aus seiner Tochter ein wahrer "Foodie" geworden ist, wie jetzt die Rezepte in ihrem neuen Buch zeigen.

Es hat sich viel verändert bei der 47-Jährigen – etwa, dass ihr eine bestimmte Kleidergröße nicht mehr so wichtig ist, wie sie GALA erzählt. Zu diesem Wandel hat auch ihre Scheidung 2019 beigetragen. Danach war Judith Rakers frei zu überlegen, was sie wirklich will. Und das ist ein Leben auf dem Land mit vielen Tieren und großem Selbstversorger-Garten. 

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Judith Rakers – Das Selbstversorgerdasein steht ihr gut

GALA: Wie fühlt es sich an, mit selbst gezogenen Erzeugnissen zu kochen?
Judith Rakers: Wunderbar. Mein Obst und Gemüse begeistert mich jeden Tag aufs Neue. Selbst in meinem fünften Gartenjahr überrascht es mich noch, wie gut ich das Anpflanzen und das Leben auf meiner kleinen Farm hinkriege.

Sie hatten anfangs Zweifel?
Aber ja! Weil ich in Sachen Gärtnern, Hühnerhaltung und Kochen früher ein Vollhonk war. Genau die drei Dinge, die nun zu meiner größten Leidenschaft geworden sind – mit denen hatte ich in meiner ersten Lebenshälfte rein gar nichts zu tun. Bei mir ist jede Orchidee eingegangen. Ich habe auch gern mal Dosenravioli gegessen. Und Hühner fand ich – nett ausgedrückt – unsympathisch.

Wie kam es zu diesem Wandel?
Ich fand die Idee von Freiheit und Un­abhängigkeit plötzlich sehr verlockend. Einfach nach draußen zu gehen, wenn man nichts im Kühlschrank hat, klang für mich wunderbar. Vor allem aber verspürte ich den immer stärker werdenden Wunsch, mehr Zeit in­mitten der Natur zu verbringen. Also habe ich mich auf die Suche nach einem Haus außerhalb der Stadt und weit weg vom Trubel gemacht. 

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Damals waren Sie Single.
Ja. Ich war an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich kompromisslos meiner inneren Stimme folgen konnte. Sie war so laut geworden, dass es mich immer mehr Energie kostete, sie zu überhören. In dieser Zeit habe ich etwas Wichtiges gelernt: Wenn es irgendwie geht, ist es richtig, dieser Stimme zu folgen. Das kann der Schlüssel zu großem persönlichen Glück sein.

Raus aus der City – rein in die „middle of nowhere“

Sie haben Ihr Leben umgekrempelt.
Und zwar komplett. Bis ich 40 war, habe ich das Leben in der Hamburger City geliebt – den Bäcker direkt nebenan, Cafés, Restaurants, Kultur. Es hat sich richtig angefühlt. Bis zu dem Moment, in dem ich merkte, dass ich etwas anderes zum Glücklichsein brauche. Ich war nicht mehr bei mir mit diesem Leben in der Stadt. Also habe ich die äußeren Umstände meinem Innersten angepasst.

Ein radikaler Schnitt, der Mut er­fordert. Wie waren die Reaktionen?
Viele haben mir abgeraten, so weit rauszuziehen, als Frau, alleine und auf ein riesiges Grundstück "in the middle of nowhere". Ich wusste jedoch instinktiv, dass es das Richtige ist.

Neben der Lust am Gärtnern haben Sie Ihre Liebe zu Hühnern entdeckt. Gibt's Ihren Hahn Giovanni – benannt nach Ihrem "3 nach 9"-Kollegen Giovanni di Lorenzo – noch?
Er ist leider verstorben, worüber sein Patenonkel sehr traurig ist. Giovanni hat sich bei der heldenhaften Vertei­digung seiner Hennen im Kampf mit einem Habicht geopfert. Habichte sind perfide Jäger. Es sind große Greifvögel, aber sie können sich so klein machen, dass sie durch ein Mini-­Loch passen. Einer hat sich tatsächlich durch die Maschen des Vogelschutznetzes gequetscht und im Gehege gewütet. 

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Landen Ihre eigenen Hühner bei Ihnen nicht auf dem Tisch?
Nein, das würde ich nicht übers Herz bringen!

Was Ihnen leichter fällt, ist der Umgang mit Schnecken.
Mein Rat: Bloß keine Bierfallen ver­wenden, das lockt sämtliche Schnecken der Nachbarschaft an. Ich schwöre auf einen Schneckenzaun, dann kommen sie erst gar nicht rein ins Beet. Falls sie schon drin sind, kann man ein Pärchen Indische Laufenten in den Garten setzen. Man kann die Tiere sogar mieten. Sie fressen alle Schnecken und vor allem deren Eier weg.

Klingt, als wären Sie gestählt im Umgang mit Gartenbewohnern. Wie steht's mit Raupen?
Ich hatte jüngst eine hübsche knall­grüne im Salat, die fast so groß war wie mein kleiner Finger. Ich habe spontan entschieden, den Salat an die Hühner zu verfüttern. Die haben sich gefreut.

Sie hat ein Herz für Tiere  

Im Garten grast häufig Ihre Stute Sazou – wie bei Pippi Langstrumpf.
Genau so ist es hier. (lacht) Sazou wohnt eigentlich in einer Reitanlage, ab und zu hole ich sie aber ein paar Tage zur mir. Wenn ich dann mit Freunden beim Grillen sitze, trottet sie wie ein Hund herbei und lässt sich streicheln. In solchen Momenten freue ich mich besonders über mein kleines Paradies. Sazous Fohlen Charlie wird irgend­wann auch dabei sein. Zurzeit steht er noch in der Junghengst­-Gruppe der Fohlen­-Kita.

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Sazou sorgt auch für den Dünger.
Man muss die Pferdeäpfel nur fünf Monate ablagern, dann hat man den besten Humus. Ich empfehle allen Gartenfreunden, sich welche beim Reitstall zu holen oder einfach auf der Straße aufzulesen, wenn da mal was liegt. Bester vollbiologischer Dünger.

Haben Sie das Zupacken von Ihrem Vater gelernt, bei dem Sie auf­gewachsen sind?
Ja. Ich merke schon, dass ich offenbar einige Fähigkeiten besitze, die vielen meiner Freundinnen fehlen. Ich kann ein Gartenhaus bauen, Laminat ver­legen und mit Kreissägen umgehen. Für mich ist das normal, weil ich viel beim Heimwerken geholfen habe. Außerdem hat mir mein alleinerziehender Vater einen gesunden Pragmatismus und Unerschrockenheit mitgegeben.

Familie steht bei Judith an erster Stelle 

Wie geht's Ihnen damit, dass Ihr Vater älter wird?
Der Gedanke macht mich traurig. Das Leben ist kurz, dessen bin ich mir bewusst. Also nutze ich die Zeit, die wir haben. Wir machen jedes Jahr ge­meinsam Familien­-Urlaub, telefonieren regelmäßig, und Weihnachten ver­bringen wir stets zusammen in Bad Lippspringe. Ich bin ein absoluter Familienmensch, und so lebe ich das auch.

Und wie gehen Sie mit dem eigenen Älterwerden um?
Ich bin so was von entspannt damit. Vielleicht, weil ich mein Lebensglück gefunden habe und es gerade so sehr genieße. Die eine oder andere Delle am Körper betrachte ich mit Liebe. Auch da hilft ein Blick in den Garten: Selbst die knackigste Karotte wird irgendwann schrumpelig. Auch auf mein Gewicht achte ich heute nicht mehr so wie früher, sonst hätte ich dieses Kochbuch gar nicht schreiben können. (lacht) Ich habe dafür sehr viel ausprobiert, und alles war so lecker. In eine bestimmte Kleidergröße zu passen ist mir aber auch nicht mehr wichtig. Ich war seit einigen Jahren bei keinem Society-­Event mehr, obwohl ich solche Ver­anstaltungen früher gern besucht habe. Wenn ich die Wahl zwischen rotem Teppich und Lagerfeuer habe, weiß ich genau, wo es mich hinzieht.

Was schenkt Ihnen Ihr Alltag mitten im Grünen?
Pures, reines Glück.

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