Richard Wagner scheint sich im Laufe der Jahre immer mehr im Programm der Bregenzer Festspiele einzunisten, auch wenn an vollgültigen szenischen Werken von ihm bisher nur „Der fliegende Holländer“ zwei Mal auf dem See Platz fand.
Konzertant kam 2017 dererste Aufzug der „Walküre“, dem zweiten Teil aus Wagners „Ring des Nibelungen“,zur Aufführung. Das war der erste Versuch in der Ära von Intendantin ElisabethSobotka, die sich im Vorjahr mit dem kompletten zweistündigen „Rheingold“, demVorabend des „Ring“-Zyklus, in einer von Johannes Erath erarbeitetenhalbszenischen Fassung noch ein Stück weiter vorwagte.
DieBegeisterung soll prolongiert, die Wagner-Rezeption mit dem „Ring“ als rotenFaden auch heuer fortgesetzt werden, diesem Weltengleichnis in Tönen, das sichals musiktheatralische Schöpfung jedem Vergleich entzieht. Im zweitenOrchesterkonzert wird der dritte Aufzug der Oper „Siegfried“ konzertant zuhören sein. Es ist, wenn man den Ring als große Symphonie betrachtet, alsdritter Teil sozusagen das „Scherzo“ dieser Tetralogie. Die vokaleLuxusbesetzung mit den beiden Bayreuth-erprobten Stimmen, der deutschenSopranistin Ricarda Merbeth als Brünnhilde und dem österreichischen HeldentenorAndreas Schager als Siegfried, verspricht bleibende Eindrücke, wenn inBrünnhildes Liebe zu Siegfried ein Weltenende heraufdämmert. Eine Frau stehtdabei auch am Pult, Karina Cannellakis, jene US-amerikanische Dirigentin, dieim Vorjahr mit einer Larcher-Uraufführung in Bregenz debütierte.
DieVermutung, aus diesen Teilen werde letztlich vielleicht einmal ein eigener„Ring“ in einer Bregenzer Fassung geschmiedet, verweist Elisabeth Sobotka inden Bereich der Spekulation: „Den kompletten ‚Ring‘ machen wir sicher nicht! Esist für jedes Orchester eine besondere Herausforderung, die Opern von RichardWagner zu spielen. Die Wiener Symphoniker haben in Wien relativ wenigMöglichkeiten dazu. Bei uns in Bregenz sind die Bedingungen ideal.“
Reflexion zum Programm
Die beiden weiterenOrchesterkonzerte Nr. 1 und 3 bilden mit den gewohnten inhaltlichen Bezügen zuMusiktheaterproduktionen oder deren Umfeld eine Art Reflexion zum Programm desFestivals. Tschaikowskys Fantasie „Der Sturm“ als Hommage an ShakespearesDrama, das heuer am Kornmarkt aufgeführt wird, soll das Publikum des erstenOrchesterkonzertes mitreißen. Dafür sorgt wohl auch Maestro Enrique Mazzola.Ein Konzert für Koto und Orchester der Komponistin Malika Kishino entfaltet denexotischen Zauber japanischer Musik, die heuer durch Puccinis „MadameButterfly“ am See präsent ist. Koto ist eine mit 13 Saiten bespannteWölbbrettzither in der höfischen japanischen Musik. Den klanglichen Bogen zueinem Nachkriegs-„Sibirien“ in Giordanos Hausoper spannt Schostakowitsch mitseiner zehnten Symphonie e-Moll von 1953.
Das dritteOrchesterkonzert ist geprägt vom Festspiel-Debüt des Vorarlberger CellistenKian Soltani, der längst mit Größen wie dem Dirigenten Daniel Barenboim aufAugenhöhe verkehrt. Soltani bevorzugt schwere Kost, das in seiner vertracktenSchönheit als Schlüsselwerk faszinierende Cellokonzert von Schostakowitsch.Eingerahmt wird dieser zentrale Programmteil von zwei großen, musikgewordenenLiebesgeschichten der Weltliteratur. Da ist die Fantasie-Ouvertüre überShakespeares unsterbliches Veroneser Liebespaar „Romeo und Julia“, inberückende Klänge getaucht von Peter Iljitsch Tschaikowsky. Die immer neuenMärchen aus „Tausendundeiner Nacht“, mit denen „Scheherazade“ inRimsky-Korssakows Bilderwelten ihren Kopf rettet, verheißen einengefühlsinnigen Ausgang dieses von der jungen Französin Marie Jacquot geleitetenKonzertes – ein weiteres Debüt. JU
Quelle: Lesen Sie Vollen Artikel