Parookaville: "Unser Bauantrag umfasst mehrere Aktenordner"

Steve Aoki, Robin Schulz oder auch Eko Fresh sowie Blümchendas Line-Up des diesjährigen Parookaville, des nach eigenen Angaben größten Festivals für elektronische Musik in Deutschland, wartet nicht nur mit großen Namen auf, sondern ist breit gefächert. Vom 22. bis zum 24. Juli werden auf dem Gelände eines ehemaligen Militärflughafens in Weeze nahe der deutsch-niederländischen Grenze etwa 210.000 Besucher erwartet.

Wie alle Festivals musste auch das Parookaville in den vergangenen zwei Jahren pausieren; 2020 gab es immerhin einen Livestream. Kurz bevor auf den insgesamt zehn Bühnen wieder Beats und Bässe erklingen, haben wir beim Veranstalter nachgefragt, ob die Fans treu geblieben sind und ob es in diesem Jahr noch Corona-Maßnahmen und Einschränkungen geben wird.

Die coronabedingte Zwangspause ist vorbei und es kann endlich wieder vom „Festivalsommer“ gesprochen werden. Wie lässt sich die Stimmung in ihrem Team beschreiben?

Bernd Dicks: Wir haben das große Glück, unsere dreißig Festangestellten über die zwei langen Pandemie-Jahre gehalten zu haben. Jetzt sind alle mit Vollgas und großer Vorfreude in der Planung für unsere Festivals Parookaville und San Hejmo. Der Planungsaufwand nach zwei Jahren Stillstand ist allerdings nochmals größer geworden und wir sind sehr dankbar, dass alle bei uns an einem Strang ziehen!

Kam ihnen während der festivallosen Jahre der Gedanke, hinzuschmeißen, lieber was „Vernünftiges“ oder auch „Krisenfestes“ zu machen?

Festivalveranstalter ist vorrangig kein Beruf, sondern eine Leidenschaft. Wir bescheren in diesem Sommer mit unserer fiktiven Stadt Parookaville und unserem neuen Livemusik- und Kunstfestival San Hejmo endlich wieder hunderttausenden Besucherinnen und Besuchern das vermutlich beste Wochenende ihres Jahres. Wir haben die Corona-Zeit genutzt, um unsere Strukturen zu optimieren und noch stärker aus der Krise zu kommen.

Das Parookaville ist ja ein eher junges Festival. Hat sich da die Pause besonders bemerkbar gemacht?

Seit der Gründung 2015 war Parookaville jährlich ausverkauft und binnen drei Jahren von 40.000 auf 210.000 Besucherinnen und Besucher über drei Tage förmlich explodiert. Insofern haben wir in unserer vergleichsweise kurzen Historie ein Wachstum und damit eine Professionalisierung hinlegen müssen, für die ältere Festivals über zehn und mehr Jahre Zeit hatten. Den wirtschaftlichen Erfolg haben wir von Beginn an genutzt, um Stabilität zu schaffen, das hat uns in der Pandemie handlungsfähig gehalten.

Die Tickets verkauften sich ja auch 2020 und 2021 unglaublich schnell – dann musste doch abgesagt werden. Haben Fans und Besucher weitgehend Verständnis gehabt? Wie war da der Kontakt?

Wir haben unglaublich treue Fans! In beiden Jahren konnten unsere Bürgerinnen und Bürger ihre Tickets wahlweise behalten oder vollständig erstatten lassen, das Angebot haben sie direkt per Mail erhalten. Selbst nach der zweiten Absage haben über 90 Prozent ihre Tickets behalten!

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„Es hat fast ein Jahr gedauert, bis es Angebote für unsere Branche gab“

Auch wenn es sehr spekulativ ist: Wäre ein weiteres Jahr Pause zu verkraften gewesen?

Durch den großen Anteil an Tickets, die auf die jeweiligen Folgejahre übertragen wurden, konnten wir mit den Absagen jeweils im Frühjahr den Schaden in Grenzen halten. Inzwischen gibt es unter dem Überbegriff „Neustart Kultur“ eine Reihe von Fördermaßnahmen, die Risiken für Veranstalter abfedern – es hat zu Beginn der Pandemie allerdings fast ein Jahr lang gedauert, bis hier klare Angebote für unsere Branche, die die sechstgrößte in Deutschland ist, auf den Weg gebracht waren.

Das Parookaville arbeitet eng mit örtlichen Betrieben und den Anwohnern. Hat sich bei der Zusammenarbeit nach der Zwangspause alles schnell wieder eingespielt?

Wir vergeben für Parookaville am Niederrhein Aufträge in Millionenhöhe, insbesondere an Bau- und Handwerksunternehmen. Diese haben wir 2020 und 2021 frühestmöglich über die drohenden Absagen informiert, sodass sie den Bauboom für anderweitige Aufträge nutzen und so die Ausfälle kompensieren konnten. Bei Dienstleistern, die ausschließlich im Eventgeschäft tätig sind, gab und gibt es allerdings teilweise große Lücken, insbesondere bei der Wiedergewinnung von Personal.

Ist der weltgrößte Penny-Markt in diesem Jahr wieder am Start?

Penny ist einer unserer treusten Partner und auch in diesem Jahr wieder dabei. Parookaville ist Deutschlands größtes Festival für Electronic Music, da ist alles etwas anders dimensioniert – allein für die rund 40.000 Pizzen, die im Penny Store auf der Campsite für 40.000 Bürgerinnen und Bürger gebacken werden, entsteht eine eigene Logistikkette von Kühlung über Backstraße bis Store.

„Unser Bauantrag umfasst mehrere Aktenordner“

In der Konzert- und Veranstaltungsbranche allgemein gibt es ja nicht nur das Problem, dass Veranstaltungen ausgefallen sind, sondern sich viele Fachkräfte in der Zeit beruflich umorientiert haben und das auch mussten. Nun fehlen Tontechniker, Bühnenbauer und Co. – eine Sache, mit der sie auch zu kämpfen haben?

Das betrifft die gesamte Branche, ja. Durch die Größe und Komplexität von Parookaville haben wir schon vor der Pandemie immense Planungsvorläufe gehabt. Unser Bauantrag umfasst mehrere Aktenordner und wird im April bereits eingereicht, in Kürze startet schon der Aufbau auf dem Airport Weeze. Daher haben wir unsere Anfragen und Akquisen schon im frühen Frühjahr gestartet und alle Positionen bereits besetzt. Viele Veranstalter, die mit kürzeren Planungszeiträumen agieren müssen, trifft der Mangel allerdings besonders hart.

Offiziell vorgeschriebene Einschränkungen oder Vorgaben gibt nun ja nicht mehr – haben sie bestimmte eigene Hygienemaßnahmen, die umgesetzt werden?

Parookaville findet im Hochsommer und Open-Air statt, wir bespielen über 1 Mio. Quadratmeter Fläche. Damit haben wir beste Voraussetzung, dass bei erwartbar niedrigen Inzidenzen die Ansteckungen kaum relevant sein werden. Zudem hatten wir immer schon einen hohen Qualitätsstandard u.a. im Bereich der sanitären Einrichtungen, die klassische Dixi-Toilette ohne Waschbecken findet man bei uns quasi nicht. Und wer möchte, kann natürlich eine Maske tragen.

Anmerkung: Das Interview wurde schriftlich geführt.

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