Campino wird 60 Jahre alt: Vom Düsseldorfer Punk zum großen Musikstar
Am 22. Juni
Andreas Frege, besser bekannt als Campino, gehört zu den größten deutschen Stars. Am 22. Juni feiert er seinen 60. Geburtstag. Der Musiker ist nicht nur der Frontmann der Toten Hosen, sondern war auch bereits als Schauspieler in Theater, Film und TV zu sehen und nimmt regelmäßig Platz in Talkshows.
Campino wurde am 22. Juni 1962 in Düsseldorf geboren. Andreas Frege und seine fünf Geschwister wuchsen zweisprachig auf – dank ihrer britischen Mutter. Zu seinem Künstlernamen kam der spätere Musiker bereits in seiner Schulzeit. Nach einem Kampf mit seinen Mitschülern um die gleichnamigen Bonbons sollen sie ihn Campino genannt haben. Michael Breitkopf (58), Gitarrist der Toten Hosen, ging zwischenzeitlich mit Campino in dieselbe Klasse. Die beiden freundeten sich an und leisteten sogar den Zivildienst gemeinsam ab.
Im Alter von 16 Jahren gründete Campino die Punkband Zentralkomitee Stadtmitte, kurz ZK. Mit an Bord waren unter anderem die späteren Toten-Hosen-Mitglieder Gitarrist Andreas von Holst (58) und Andreas Meurer (59) als Roadie. Mit den beiden sowie seinem Jugendfreund Michael Breitkopf, Trini Trimpop (71) und Walter Hartung gründete Andreas Frege 1982 Die Toten Hosen. Witzige Anekdote am Rande: Bei ihrem ersten Konzert im April in Bremen wurden sie zum Teil noch als „Die Toten Hasen“ angekündigt, wie die Band auf ihrer Webseite schreibt.
Walter Hartung blieb der Band im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern nicht lange treu und schloss sich den Zeugen Jehovas an. Auch am Schlagzeug gab es mehrere Wechsel: Trini Trimpop verließ Die Toten Hosen 1985 und war bis 1992 in ihrem Management tätig. Für ihn kam Jakob Keusen (1966-1989), der jedoch schon 1986 durch Wolfgang Rohde (1950-2016) ersetzt wurde. Rohde blieb mehrere Jahre, 1998 löste ihn dann Vom Ritchie (57) ab, der bis heute der Schlagzeuger der Toten Hosen ist.
Aber der Reihe nach: Das Debütalbum der Toten Hosen, „Opel-Gang“ (1983), wurde zum ersten Erfolg der Band und machte sie deutschlandweit bekannt. Der endgültige Durchbruch gelang den Düsseldorfern mit dem Album „Ein kleines bißchen Horrorschau“ (1988) und dem enthaltenen Song „Hier kommt Alex“. Der Rest ist Geschichte: Unzählige Hits folgten, etwa „Wünsch Dir was“ (1993), „Alles aus Liebe“ (1993), „Bonnie & Clyde“ (1996) und „Tage wie diese“ (2012).
Immer vorne dabei: Campino, ob als Frontmann auf der Bühne und im Studio oder Songwriter hinter den Kulissen. Als wäre das Musikerdasein nicht genug, ist der Tausendsassa auch darüber hinaus in aller Munde. Seit den 1980er Jahren ist er regelmäßiger Gast in Talkshows und diskutiert über Gott und die (politische) Welt – Campino ist zum Medienstar avanciert. Mehrmals tauschte er den Platz auch und wurde selbst zum Interviewer: 1994 traf er sich für den „Spiegel“ etwa zum Gespräch mit Angela Merkel (67), für den „Stern“ interviewte er Paul McCartney (80).
Campino versuchte sich auch als Schauspieler. Er war unter anderem in den Filmen „Verlierer“ (1986), „Langer Samstag“ (1992) sowie „Palermo Shooting“ (2008) von Wim Wenders (76) zu sehen. Zudem stand er 2006 als Mackie Messer in Bertolt Brechts (1898-1956) „Dreigroschenoper“ unter Regisseur Klaus Maria Brandauer (78) auf der Bühne des Berliner Admiralspalasts. Mittlerweile blickt Campino kritisch auf seine Arbeit als Schauspieler: „Aus den Rezensionen zu meinem Auftritt als ‚Mackie Messer‘ und meiner Rolle im Film ‚Palermo Shooting‘ wissen wir alle, dass an mir kein großer Schauspieler verloren gegangen ist“, erklärte er Ende Mai dieses Jahres im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. „Spaß gemacht hat es mir trotzdem.“
In all den Jahren sind durch den großen Erfolg auch Zweifel aufgekommen. Mitte der 1990er Jahre etwa erlebten Die Toten Hosen ein Konzert, das sie in eine „Sackgasse“ brachte, wie Campino im Gespräch mit der „Augsburger Allgemeinen“ sagte. „Bei unserem 1.000. Konzert im Düsseldorfer Rheinstadion kam ein Mädchen in der Menge zu Tode“, erzählte er von der Show 1997. „Dieser Abend hatte eine unglaubliche Tragik, es war fürchterlich, wir waren über Monate aufgewühlt und haben uns eben auch immer wieder gefragt: Ist unsere Art von Musik überhaupt kompatibel für so große Menschenmengen? Kann da eigentlich nicht ständig etwas passieren? Muss man das nicht runterkochen?“
Durch eine Tour am anderen Ende der Welt – in Australien, Neuseeland, Japan und auf Hawaii – gewöhnten sich Die Toten Hosen 1998 laut Campino wieder „an ein wildes Publikum“.
Die Corona-Pandemie legte die Musik- und Veranstaltungsbranche 2020 lahm. Auch Die Toten Hosen waren davon betroffen: Ihre „Alles ohne Strom“-Tour mussten sie absagen. Campino legte sich jedoch nicht auf die faule Haut, sondern wurde an der Seite von Eric Friedler (51) zum Regisseur der Dokumentation „Wim Wenders, Desperado“ über den berühmten Filmemacher. Im Lockdown schrieb er zudem sein erstes Buch „Hope Street: Wie ich einmal englischer Meister wurde“, in dem er sowohl von seiner Liebe zum FC Liverpool als auch von seiner deutsch-englischen Familiengeschichte erzählt.
2022 feiern Die Toten Hosen ihr 40. Bandjubiläum. Große Konzerte sind nach der langen Corona-Pause endlich wieder möglich. Seit Juni sind die Rocker auf großer Stadiontournee unter dem Motto „Alles aus Liebe – 40 Jahre Die Toten Hosen“, im Mai erschien bereits ein gleichnamiges Best-of-Album. Damit brach die Band auch noch einen Rekord: Die Rocker sind nun die Band mit den meisten Nummer-eins-Alben in den deutschen Charts. Die Toten Hosen übertrumpfen mit ihren zwölf Nummer-eins-Longplayern The Beatles, Depeche Mode, Rammstein, Die Ärzte und die Böhsen Onkelz, die alle nur elf Nummer-eins-Platten vorweisen können.
Und wie geht es weiter? Erst am 18. Juni gaben Die Toten Hosen eine Premiere: Sie spielten im Olympiastadion in München. Gleichzeitig spekulierte etwa die „Augsburger Allgemeine“ über den möglichen Abschied der Band: „Dieser Samstagabend im Münchner Olympiastadion könnte zugleich triumphale Premiere und trauriger Abschied gewesen sein.“
Wie sieht Campino die Zukunft denn selbst? „Ich will jetzt (…) nicht spekulieren, dass wir nächstes Jahr aufhören könnten“, erklärte er der Tageszeitung im Interview. „Das gibt dann gleich wieder irgendwelche Schlagzeilen, die ich so nicht gemeint habe. Aber eins ist sicher: Ich sehe mich in zehn Jahren nicht mehr [in] einer Situation wie dieser hier. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.“
Campino will sich nicht festlegen, wann es Zeit für ihn ist, in den Ruhestand zu gehen: „Ich werde es weiterhin so nehmen, wie ich es bisher gehalten habe: Ich lasse die Dinge auf mich zukommen“, erklärte der 60-Jährige.
Über sein Alter sagte er: „Wenn Sie wüssten, wie ich mich manchmal morgens fühle – das geht eher Richtung 80.“ Dann schränkte er aber ein: „Wer schon mal einen frisch verliebten 80-Jährigen erlebt hat, der morgens vor dem Wecker hellwach ist, weil er darauf brennt, seine Liebste zu sehen, weiß, wie relativ diese Zahl ist. Die Liebe zum Leben kann uns innerlich wach halten – darum geht es doch. Mit dem Alter hat das nichts zu tun.“
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