„Solltest du dich bis Freitag entscheiden, deine Dreadlocks abzuschneiden ….“
Wegen Dreadlocks: Fridays For Future lädt Sängerin Ronja Maltzahn von Demo aus
von Claudia Spitzkowski
Eigentlich sollte Sängerin Ronja Maltzahn am Freitag (25. März) in Hannover bei einer Demo von Fridays For Future performen. Doch dann sagten die Klimaaktivisten der gebuchten Künstlerin kurzfristig ab – weil Ronja als Weiße Dreadlocks trägt. Sollte sie sich allerdings entscheiden, sich bis zum geplanten Auftritt ihre Dreads abzuschneiden, darf Ronja auf die Bühne. Im RTL-Interview spricht Ronja über diese „unsensible“ Absage und erklärt, warum sie weiterhin Dreadlocks trägt.
Fridays For Future findet es „nicht vertretbar“, eine Weiße mit Dreadlocks auf ihrer Bühne zu haben
Ronja Maltzahn veröffentlichte die Nachricht von Fridays For Future auf ihrem Instagram-Account. Darin bedauern die Klimaaktivisten die spontane Absage, erklären aber, dass es für sie „nicht vertretbar“ sei, eine „weiße Person mit Dreadlocks auf unserer Bühne zu haben“. „Dreadlocks bei weißen Menschen sind eine Form der kulturellen Aneignung“, schreibt Fridays For Future. Sie seien „in Zeiten der Sklaverei von weißen Menschen als ein Zeichen der Unterdrückung genutzt“ worden. „Aus diesem Grund sollten weiße Menschen keine Dreadlocks tragen, da sie sich einen Teil einer anderen Kultur aneignen ohne die systematische Unterdrückung dahinter zu erleben.“
Fridays For Future hofft, dass sich Ronja „damit auseinandersetzt“: „Wir bieten dir an bei Bedarf in den Tagen nach der Demo diesbezüglich in einen Austausch zu gehen.“
Ronja dürfe aber auftreten, wenn sie sich die Dreadlocks abschneidet: „Solltest du dich bis Freitag dafür entscheiden, deine Dreadlocks abzuschneiden, würden wir dich natürlich auf der Demo begrüßen und spielen lassen.“
Ronja Maltzahn im RTL-Interview:„Wir stehen für genau die kulturelle Werte, die FFF vertritt"
Ronja schrieb zu der Nachricht von Fridays For Future bei Instagram: „Schade dass wir aufgrund von äußerlichen Merkmalen davon ausgeschlossen werden. Wir möchten keinen Menschen aufgrund von seiner/ihrer kulturellen Herkunft diskriminieren, sondern vielmehr kultureller Vielfalt eine Bühne geben, sie wertschätzen und zelebrieren, für Gender-Equality, Achtsamkeit und Toleranz einstehen. Ich hoffe dass unsere Zuhörer dieses Bild durch unsere Musik vermittelt bekommen und nicht das Gegenteil.“
Im Telefonat mit RTL erklärt Ronja, warum sie die Reaktion von Fridays For Future „paradox“ findet: „Wir stehen für genau die kulturelle Werte, die FFF vertritt. Und sind gegen jegliche Diskriminierung. Wir machen Musik in sieben verschiedenen Sprachen“. Beim Thema kulturelle Aneignung komme es für sie auf den Kontext an: „Zelebrierung vs. Diskriminierung. Es gibt gerade in der Musik so viel kulturelle Aneignung, zum Beispiel im Jazz oder Soul. Es kommt darauf an, wie man sich Kultur aneignet, ob diskriminierend oder wertschätzend.“
Die Dreadlocks hat sie sich vor vier Jahren nach einem Festival in Italien machen lassen. Inspiriert von den „weltoffenen Menschen“, die sie dort erlebt hat. Eine Reaktion auf ihre Haare sei ihr in so einem Kontext „noch nie passiert“. Typische Assoziation, die sie kennt: „Oh, du ernährst dich sicher vegan, setzt dich für die Umwelt und Klimaschutz ein, wenn du solche Haare trägst.“ Ironischerweise genau das, was auch für Fridays For Future wichtig ist.
Fridays For Future entschuldigt sich – aber nicht für die Absage
Inzwischen hat sich Fridays For Future in einem Statement für die „unsensible“ Wortwahl entschuldigt, steht aber zur Absage: „Wir entschuldigen uns für die Art und Weise wie die Ausladung der Künstlerin Ronja Maltzahn stattgefunden hat, sowohl in der Kurzfristigkeit als auch der Formulierungen. Dennoch stehen wir zu unserer Entscheidung, mit dem Grund der kulturellen Aneignung Personen von unseren Plattformen auszuschließen.“
„Auch wenn wir die Beweggründe von Ronja Maltzahn nicht kennen, handelt es sich beim Tragen der Dreadlocks durch weiße Menschen um kulturelle Aneignnung“, so die Klimaaktivisten. Das Auftreten einer weißen Person mit Dreadlocks auf einer Bühne einer Friday For Future-Veranstaltung könne daher den Einruck erwecken, dass FFF kein „Safer Space“ für Schwarze, indigene und People of Color sei.
Ronja drückt Fridays For Future trotzdem weiter die Daumen
In einem Instagram-Video erklärt Ronja, dass sich FF inzwischen auch telefonisch bei ihr gemeldet haben und sich für den Tonfall der Absage entschuldigt hätten. „Ich möchte hiermit ganz klar sagen, dass ich hiermit keine Konflikt anzetteln möchte und eigentlich für die Werte von Fridays For Future mit meiner Musik einstehe. Für Toleranz, für Frieden und für ökologische Werte.“ Sie drücke die Daumen, dass es für die „eigentlich tolle Organisation nicht zu viel blöden Pressewind geben wird“. Sie freue sich, dass das Thema jetzt auf dem Debattentisch liegt und weiter diskutiert werden kann. Aber bitte nicht per Shitstorm in den sozialen Medien, erklärt sie im Gespräch mit RTL.
Nächste Woche werde es einen Austausch mit FFF geben, verrät uns Ronja. Und sie würde jederzeit wieder auf einer Friday For Future-Demo spielen. Allerdings MIT Dreadlocks. (csp)
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