Feminismus-Infarkt an Tag Drei im Dschungelcamp – und ein Satz für die Reality-TV-Geschichtsbücher

Das RTL-Erfolgsformat „Ich bin Feministin – Holt mich hier raus“ startet am dritten Tag direkt mit einer inspirierenden Frauenpower-Rede von Vollblut-Emanze Linda Nobat. Die Simone de Beauvoir der Generation Gold Digger klärt die staunende TV-Nation darüber auf, dass ihr Rollenbild primär von Klischees aus den 50er Jahren geprägt ist: „Der Mann muss mehr verdienen als ich, dafür kriege ich auch die Kinder und mache den Haushalt.“ Das ist ein so moderner und zeitgeistsicherer Karriereplan – Friedrich Merz überlegt bereits, Linda als Frauenbeauftragte in sein Zukunfts-Team zu holen.

Eine KolumnevonMarie von den Benken

Diese Kolumne stellt die Sicht der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

Sollten Sie noch mehr Bedarf an Erfolgsstorys über Linda haben, empfehle ich Ihnen eine ausführliche Google-Recherche. Natürlich erst, wenn Sie diese Kolumne zu Ende gelesen und wohlwollend kommentiert haben. Mein Lieblingssatz über Linda stammt dabei vom Trash-TV-Branchenblatt „Augsburger Allgemeine“ und lautet: „2018 hat sie im Kölner Nachtklub ‚Diamonds‘ die Miss-Wahlen in Hessen gewonnen“. Der Satz hat etwa die Sinndichte von „Im Jahr 1311 wurde Heidi Klum im Botanischen Garten Berlin die Chef-Floristin des Jardin du Luxembourg in Paris.“ Warum ausgerechnet 1311? Ja, ja – bleiben Sie dran. Das wird episch!

Adoptionsagentur RTL – und ein Satz für die Reality-TV-Geschichtsbücher

Vorher gibt es unter der Sonne Südafrikas (das wäre auch ein schöner Titel einer neuen Folge „Traumschiff“) aber zunächst noch einen Deep-Talk zwischen Peter Althof und Filip Pavlovic, bei dem der Wildcard-Gewinner aus der 2021er Qualifikations-Show so gerade eben noch verhindern kann, von Alt-Bodyguard Peter spontan adoptiert zu werden. Der nämlich setzt zur Auffüllung seines Sendezeit-Kontos nach Harald Glööckler und Janina Youssefian nun auch auf die Nähkästchen-Variante und beichtet, seit drei Jahren keinen Kontakt mehr zu seinem Sohn zu haben. Dabei fällt der hübsche Satz: „Mein Sohn hat dann ‚Ich breche mit dir‘ gesagt.“ Und damit war kein gemeinsames Hängen über der Kloschüssel gemeint.

Von Vaterliebe durchemotionalisiert gibt Filip zu Protokoll: „Jeder Sohn braucht einen Vater.“ Was Peter zu der beinahe lyrischen Feststellung inspiriert: „Blut ist doch Blut.“ Womit er auch medizinisch absolut richtig liegt. Wäre Blut nämlich beispielsweise Silikonmasse oder Leberwurst, hätte die Menschheit gar nicht bis heute überleben können. Einmal im Tränendrüsen-Modus, legt Filip direkt im Sprechzimmer nach und wendet sich mit einer verspäteten Neujahrsansprache an Peter Althofs Sohn: „Mach den ersten Schritt!“

Der Vater-Sohn-Konflikt arbeitet in Filip noch einige Stunden weiter. Seine Bewunderung für Peters Talent zu hochphilosophischen Bonmots gipfelt schließlich in einem Satz für die Reality-TV-Geschichtsbücher: „Obwohl man frei ist, ist man trotzdem irgendwie eingesperrt.“ Womit seine Anschlusskarriere als „Chefreporter Querdenken“ bei der „Welt“ gesichert wäre. Leider keine guten News für Wolfgang Kubicki, der ebenfalls ein Auge auf den Job geworfen hatte.

Tara zweifelt an Filips Gefühlen: Ist sie überhaupt die Richtige für ihn?

Dschungelcamp 2022: Die Frau des Zeitreisenden

Erst 72 Stunden unter der Obhut von RTL-Mama Sonja Zietlow – und schon ist die erste Familienzusammenführung eingetütet. Auch sehr familiär, aber vor allem spirituell geht es bei Familie Stehfest zu – und damit bei Kandidat Eric, der mit seinen Tattoos ein bisschen aussieht wie ein gescheiterter Bundesliga-Profi, dem einst eine Karriere in der Nationalmannschaft vorausgesagt wurde, der nach einigen unglücklichen Entscheidungen hinsichtlich der Professionalität seines Lebensstils allerdings inzwischen Bingo-Abende in Sportwetten-Bars moderiert. Apropos Fußball: Diesen Winter ist ja Fußball-WM, oder wie man im Dschungelcamp sagt: „Ich bin Katar – holt mich hier raus“.

Wie gut Eric Fußball spielen kann, ist ungewiss. Sicher ist aber: Er ist der Marty McFly des Trash-TV und arbeitet nebenberuflich als esoterischer Zeitreisender. So verrät er der von Sekunde zu Sekunde verwirrteren Janina Youssefian die Geschichte hinter seinem „1311“-Tattoo: Seine Frau und er haben sich bereits im Jahr 1311 in einem früheren Leben kennen und lieben gelernt. Sie war damals eine Hexe, die ein Häuschen im Wald hatte. Ein bisschen so wie Dschungelcamp mit Danni Büchner also. Er selbst lebte damals als Ritter und suchte 1311 bei seiner heutigen Frau Edith Schutz. Im selben Jahr ist übrigens das Frauenbild geprägt worden, nach dem Linda bis heute nach dem Mann fürs Leben sucht. In diesem Kontext finde ich das „1311“ Tattoo konsequent. Ich habe mir daher umgehend „1107“ auf den Arm tätowiert, denn mein Freund und ich haben uns um 11:07 Uhr kennen gelernt.

Zwar hübsch erklärt, aber das mit der Zeitverschiebung begreift Janina dennoch nicht so ganz: „Im Iran ist gerade das Jahr 1340.“ Korrekt. Dort beginnt gerade der Hundertjährige Krieg. Eine Reality-Show, die vom damals noch sehr jungen Thomas Gottschalk moderiert wird. Fun-Fact: Eric hat neben dem „1311“ auf dem Arm zusätzlich an den Schläfen eine Art Kräutergarten tätowiert. Wahrscheinlich, weil er in einem früheren Leben mal ein Pfefferminztee war.

Das „F“ in Linda steht für Female Empowerment

Im Vorfeld der Dschungelprüfung liefert sich die von Eric ordentlich vorverwirrte Janina einen brutalen Niveauabsturz im Girltalk mit Linda. Es zeichnet sich ab, dass die beiden Vorzeige-Erfolgsfrauen nicht unbedingt ihre Trauzeuginnen werden. Etwas frei übersetzt und leicht gekürzt läuft ihr Motivationsgespräch in etwa so ab:

Linda: „Im Ernst, eine Wissensprüfung möchte ich echt nicht verkacken!“
Janina: „Aber Du bist doch nicht doof?“
Linda: „Das stimmt, aber du.“

Da zeigen sogar bei Janina die Transfer-Synapsen Code Red und das Zuschneidetischluder fasst zusammen: „Willst du sagen, dass ich ein bisschen doof bin?“ Nun, was Linda exakt sagen möchte, scheint nach ihrem TED-Talk zum Thema Geschlechterrollen grundsätzlich eher schwierig zu interpretieren. Aber insgesamt schon mutig von RTL, in Zeiten von Corona, in denen sich ganze Bataillone von Telegram-Bruderschaften auf Spaziergängen um die Bildung unserer Kinder sorgen, ausgerechnet Linda und Janina über Wissen philosophieren zu lassen.

Das kann Janina selbstverständlich nicht auf sich sitzen lassen: „Linda muss immer Stink machen.“ Ah, ja. Vermutlich hat Linda Durchfall oder so. Blöd ist Linda ja nicht. Das zeigen auch ihre ständigen Ausflüge in die Atomphysik, wie etwa dieser: „Wenn wir beide sterben, sind es zwei Leichen.“ Was zweifelsfrei zeigt, dass sie mindestens zu 2/3 bis Drei zählen kann. Gefundenes Fressen für die Spezialexperten der Social-Media-Kommentarspalten. Die finden alle Kandidaten „strohdumm“, kennen außerdem „keinen von denen“ und haben daher „natürlich nie geguckt“. Der Fachbegriff für eine Sendung, die man nie gesehen hat, deren Teilnehmer man nicht kennt, aber dennoch ihr Intelligenzniveau beurteilen kann, lautet übrigens: Schrödingers Dschungelcamp.

Linda über Janina: "Hellste Kerze auf der Torte ist sie definitiv nicht"

OnlyFans, Dschungelcamp-Edition

Stichwort Niveau: An Tag drei startet endlich auch die vorfreudig erwartete, traditionelle Zoten-Olympiade. Harald Glööckler legt seine sexuellen Vorlieben offen: „Frauen habe ich geküsst bis zur Pussy, aber bumsen kann die ein anderer besser.“

Österreichs bekanntester Internet-Star nach Sebastian Kurz, Tara Tabitha, legt noch einen drauf: „Mir doch egal, ob sich da einer auf meine Fuß-Fotos einen wi**st.“ Ja, Sie hören richtig. Schmuddelthemen-Limbo am Lagerfeuer. Tara verrät, sie habe sogar einen OnlyFans-Account, auf dem sie „auch Fußnägel und anderes verkauft“. Und das erfolgreich: „Getragene Socken kosten 200 Euro. Plus Porto.“ Da staunt sogar Janina. Zurecht, denn Porto ist eine der berühmtesten Städte in Portugal und insofern vermutlich ziemlich teuer. Der Handel mit Fußnägeln ist aber auch ein geeignetes Erlösmodell, um die schwächelnden Quoten dieses Jahr wirtschaftlich etwas auszugleichen. Überhaupt sind Fußnägel vielfältig einsetzbar. Wie wäre es beispielsweise mal mit einer Dschungelprüfung: Taras Fußnägel essen?

Das sehen wir dann vielleicht demnächst. Vorher müssen aber erst noch die Busenfreundinnen Linda und Janina (Busenfreundinnen, na klar, immerhin waren beide schon im „Playboy“) ins prüfungsrelevante „Horrorhaus der Stars“. Die versiffte Bude, die RTL-Makler Daniel Hartwich ihnen andrehen möchte, sieht ungefähr so aus, wie man sich die Wohnung von jemandem vorstellt, der sich Fußnägel von Tara im Internet bestellt. Am Ende ziehen sie nach 15 Minuten, fünf Sternen und dem Bouquet von Tierfäkalien fluchtartig wieder aus.

Am Montag wird es noch schauriger. Dann wird wieder verköstigt. Köstlichkeiten aus der Ekelküche werden dann Janina, Linda, Anouschka und Harald kredenzt, die die Zuschauer in die Prüfung gewählt haben. Gleich vier Promis sind dabei – oder wie Jürgen Klinsmann sagen würde: „Ein tolles Trio!“ Bis morgen.

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