Sebastian Pufpaff hat bei „TV total“ die „schärfsten Bienen der FDP“ vorgestellt. Im Netz gab es dazu viel Kritik. Auch von der Bundesvorsitzenden der Jungen Liberalen. t-online erklärt sie, was an dem Beitrag so problematisch ist.
„Vorsicht, das ist nicht sexistisch, was wir hier machen, das ist Service“, betonte Sebastian Pufpaff am Mittwoch bei „TV total“, während er FDP-Politikerinnen über ihr Äußeres definierte. Der Moderator bezeichnete die beiden Bundestagsabgeordneten Nicole Bauer und Ria Schröder in einem Beitrag als „die schärfsten Bienen der FDP“.
Deren Kollegin, Franziska Brandmann, die Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, zeigte sich – wie viele andere Zusehende auch – fassungslos. Mit t-online sprach sie über die Gefahr, die eine solche Aktion mit sich bringt.
t-online: Warum ist der „TV total“-Beitrag, wie Ihre Parteikollegin Nicole Bauer auf Twitter schrieb, als „gefährlich und problematisch“ einzuordnen?
Franziska Brandmann: Junge Frauen bekommen dadurch das Bild vermittelt, dass sie auf ihren Körper reduziert werden, dass sie aufpassen müssen, was sie sagen, und dass für sie andere Maßstäbe gelten als für Männer, die sich engagieren. Das finde ich problematisch und das ist nicht das Gesellschaftsbild, das wir als Junge Liberale teilen. Bei uns kann sich jeder und jede engagieren, bei uns wird jeder und jede geschätzt – völlig unabhängig von Geschlecht und Aussehen.
Natürlich kann man Witze machen. Ob man aber Witze über das Aussehen junger Frauen machen muss, bezweifle ich. Ich finde das problematisch und wünsche mir Sender, die sich ihrer Verantwortung gegenüber jungen Menschen bewusst sind.
Sie haben auch einen Tweet zu dem „TV total“-Beitrag geteilt. Wie waren die Reaktionen?
Viele Männer haben uneingeladen mein Äußeres kritisiert. Mir wurde vorgeworfen, ich würde mich nur zu Wort melden, weil ich nicht als „schärfste Biene“ genannt worden sei. Mir wurde gesagt, ich sei keine scharfe Biene, sondern eine dicke Hummel und so weiter. Das ist eine absolute Frechheit und das nehme ich nicht hin. Auch von Frauen habe ich vereinzelt Negatives gelesen, etwa, ich sei humorbefreit.
Aber mich haben – gerade von jungen Frauen – viel mehr positive Kommentare erreicht. Viele von ihnen haben mir geschrieben, dass sie sich durch die Ansprache des Problems ermutigt fühlen, sich politisch zu engagieren. Für jeden einzelnen dieser Kommentare hat es sich gelohnt, das anzusprechen. Ich sehe es als meine Aufgabe, das zum Thema zu machen und politisch aufzuarbeiten. Denn viele Frauen erleben grundsätzlich Hass im Netz – ob sie sich politisch engagieren oder nicht.
Manche schrieben, Sie würden übertreiben. Was meinen Sie dazu?
Genau, ich wurde unter anderem als Anstandsdame bezeichnet. Ich will „TV total“ nicht sagen, was lustig ist und was nicht. Es geht mir darum, eine Grenze zu ziehen. Und die Grenze ziehe ich bei Sexismus. Man kann Witze machen, ohne Sexismus zu bedienen. Redaktionen und Sender sollten einschätzen können, wo die Grenze zu Sexismus verläuft. ProSieben hat 2020 selbst den Männerwelten-Beitrag gebracht und darin lautstark Sexismus angekreidet. Es entspricht einer Doppelmoral, jetzt so einen Beitrag zu zeigen. So was darf nicht wieder vorkommen.
Inzwischen hat ProSieben auf die Debatte auf Twitter reagiert. „Auffallend ist, dass die meisten, die sich äußern, beide Sendungen nicht gesehen haben. In der Debatte reißen sie Elemente aus einem satirischen Kontext. Denn grundsätzlich hat ‚TV total‘ das gemacht, was Satire machen muss: Ein Thema überspitzt und so aufbereitet, dass es polarisiert“, heißt es vonseiten des Senders. Ihre Meinung dazu?
Die „Reaktion“ von ProSieben bestätigt mich in meiner Kritik. Ich fordere nach wie vor eine Entschuldigung bei meinen Kolleginnen. Es gibt keinen Kontext, in dem es in Ordnung oder lustig ist, junge Politikerinnen mit Bezug auf ihr Aussehen in Kategorien einzuteilen und herabzuwürdigen. Wer Satire nicht ohne Sexismus machen kann, der sollte mal einen Blick auf den Kalender werfen. Wir leben im Jahr 2021, da ist kein Platz mehr für Sexismus.
Im Übrigen frage ich mich, welches angebliche Thema „TV total“ hier aufgegriffen und satirisch überspitzt haben soll. Wenn das Aussehen weiblicher Politikerinnen ein „Thema“ für „TV total“ ist, dann ist das Problem noch größer, als ich es zunächst vermutet hatte.
Franziska Brandmann war zu Besuch in der t-online-Redaktion. (Quelle: t-online)
Bei Politikerinnen und Politikern wird noch immer der Geschlechterunterschied betont. Im Sommer wurde etwa über die Fragen im ARD-Sommerinterview an Annalena Baerbock diskutiert, die einem Mann so wohl nicht gestellt worden wären. Wie erklären Sie sich, dass Politikerinnen immer noch auf das Frausein und ihr Äußeres reduziert bzw. auch darüber definiert werden?
Viele Menschen haben wohl das Gefühl, Politikerinnen sind zum Abschuss freigegeben. Nach dem Motto: Die haben sich auf eine öffentliche Bühne gestellt und haben Sexismus auszuhalten, sich nicht zu beschweren. Das ist falsch. Dass dieser „TV total“-Beitrag meine Kollegin getroffen hat, war Zufall. Ich würde mich genauso gegen Sexismus stellen, wenn es eine Kollegin aus einer anderen Partei getroffen hätte.
Ich habe mich jetzt auch nicht nur als Politikerin, sondern auch als Individuum, als Teil dieser Gesellschaft, zu dem Beitrag geäußert. Denn ich akzeptiere Sexismus nicht. Da müssen wir als Gesellschaft eine Grenze ziehen, da trägt jeder Einzelne Verantwortung.
Warum wird gerade die FDP allgemein so oft parodiert?
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Das ist ein interessanter Punkt. Gefühlt liegt gerade bei FDP-Politikerinnen die Hürde niedriger, sich über sie lustig zu machen. Das kann ich nicht nachvollziehen, denn junge Frauen, die sich bei den Jungen Liberalen und den Freien Demokraten engagieren, setzen sich für Selbstbestimmung und Freiheit ein. Grundsätzlich steckt dahinter wahrscheinlich die Idee, dass Menschen, die in der FDP engagiert sind, das aushalten müssen. Das sollte nicht so sein.
Es sollte aber ganz grundsätzlich und unabhängig von der Parteizugehörigkeit eine Grenze gezogen werden. Auf Twitter haben auch sehr viele Politikerinnen oder ehrenamtlich Engagierte aus anderen Parteien meinen Tweet gelikt, aus allen demokratischen Spektren. Das freut mich, denn wir brauchen eine parteiübergreifende Solidarität und eine gesellschaftliche Solidarität, um zu zeigen, dass Frauenfeindlichkeit und Sexismus im Jahr 2021 keinen Platz mehr haben. Egal ob auf die FDP bezogen oder auf andere Parteien, das hat einfach nicht stattzufinden.
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