Es geht wieder ins deutsche Grenzgebiet: Adam Raczek (Lucas Gregorowicz, 45) ermittelt am Sonntag (5. Dezember, 20:15 Uhr, das Erste) zum ersten Mal ohne Kollegin Olga Lenski. Schauspielerin Maria Simon (45) verabschiedete sich bereits Anfang des Jahres in den Krimi-Ruhestand. Nun muss der Kommissar im "Polizeiruf 110: Hermann" ohne sie einen Mord aufklären und wird dabei mit der Vergangenheit konfrontiert. Allerdings nicht nur mit seiner eigenen: Im neuen Fall bekommt der Zuschauer eine Geschichtsstunde der besonderen Art serviert, deren Ende viel Stoff zum Nachdenken bietet…
Um was geht’s im „Polizeiruf 110: Hermann“?
Kriminalhauptkommissar Adam Raczek wird nach Slubice gerufen, wo bei der Entsorgung von Schutt die Leiche der Bauingenieurin Daniela Nowak gefunden wurde. Die Ermittlungen führen ihn zu einer Baustelle nach Cottbus. Dort trifft er auf seine ehemalige Kollegin Alexandra Luschke (Gisa Flake, 36). Das Opfer arbeitete für Karl Winkler (Sven-Eric Bechtolf, 63), der im Rahmen eines großen Bauprojekts einen ganzen Häuserblock saniert. Unklar ist zunächst, wo und warum die Frau zu Tode gekommen ist. Fest steht, ihre Wohnung in Frankfurt (Oder) wurde kurz vor ihrem Tod durchsucht.
Eine erste Spur führt Raczek zu einem Mietwagen, der im Tatzeitraum vor der Wohnung des Opfers gesehen wurde. Doch die Mieterin Maja Spielmann (Orit Nahmias, geb. 1977) und ihr Vater Zvi (Dov Glickmann, 71) aus Israel behaupten, mit Nowak verabredet gewesen zu sein, sie aber nicht angetroffen zu haben. Angeblich soll sie wichtige Dokumente im Zusammenhang mit einem Restitutionsanspruch, den Zvi Spielmann geltend macht, gehabt haben. Die Besitzverhältnisse des Hauses, das Zvis Vater gebaut hatte, sind fast 80 Jahre nach Kriegsende nicht geklärt. Elisabeth Behrend (Monika Lennartz, 83), die in dem Haus aufgewachsen ist, und ihr Sohn Jakob (Heiko Raulin, 49) erklären, dass sie die rechtmäßigen Besitzer sind und ebenfalls Kontakt zu Nowak hatten. Das scheinen auch Dokumente zu belegen, die während den Ermittlungen auftauchen und sich im Besitz des Opfers befanden. Hat Nowak die beiden Familien gegeneinander ausgespielt?
Lohnt sich das Einschalten?
Absolut! Nicht nur, weil der Fall beweist, dass die Figur Adam Raczek auch ohne Olga Lenski funktioniert. Der Film beschäftigt sich thematisch mit der Restitution einer Immobilie. Also die Rückgabe eines Hauses, welches während der NS-Zeit einem jüdischen Eigentümer entzogen wurde. Allerdings bildet die Restitution nur den Rahmen der Handlung: "Eigentlich geht es in dem 'Polizeiruf 110' um Schuld und das Bedürfnis der Deutschen nach Versöhnung und die Schwierigkeit der ersten Holocaust-Generation, dies zu leisten", erklärt Regisseur Dror Zahavi (62) dem Sender.
Schuldgefühle schweben wie ein Damoklesschwert über den Protagonisten. Lang gehütete Geheimnisse und schmerzhafte Erinnerungen werden in den knapp 90 Minuten reichlich zutage gefördert. Zvi Spielmann leidet besonders unter der Rückkehr in seine alte Heimat. Er hatte sich eigentlich geschworen, keinen Fuß mehr auf deutschen Boden zu setzen, nachdem seine ganze Familie von den Nazis umgebracht wurde. Der israelische Schauspielstar Dov Glickmann schafft es, mit nur einem Blick diesen Schmerz und die innere Zerrissenheit zu transportieren. Scham, Trauer und Mitgefühl – einige Szenen sind eine emotionale Achterbahnfahrt.
Auch Raczek wird in Cottbus mit alten Erinnerungen konfrontiert. Zum Glück kann er auf Kollegin Alexandra Luschke, gespielt von Gisa Flake, bauen. Großartig harmonieren die beiden Darsteller vor der Kamera – glaubhaft transportieren sie die Nostalgie, die die beiden Figuren umgibt. Leider ist Luschke nur im "Polizeiruf 110: Hermann" als Raczeks Partnerin zu sehen. Die Nachfolge von Lenski übernimmt André Kaczmarczyk (geb. 1986), der in diesem Fall allerdings noch nicht zu sehen ist. Wann der neue Kommissar in Brandenburg auf Verbrecherjagd geht, ist noch nicht klar. Bleibt abzuwarten, ob er genauso gut mit Lucas Gregorowicz harmonisiert wie Gisa Flake.
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