- In einem neuen True-Crime-Format erinnert sich Katy Karrenbauer an ihren gewalttätigen Jugendfreund zurück.
- Im Interview schildert die Schauspielerin, dass die Erlebnisse sich fest bei ihr eingebrannt und immer noch präsent seien.
- Sie hat einen eindringlichen Appell an Betroffene: „Hinsehen statt wegsehen!“
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„Er hätte alles mit mir machen können, er hätte mich auch umbringen können – es war mir egal“, erinnert sich Katy Karrenbauer an ihren gewalttätigen Jugendfreund zurück. Die Schauspielerin spricht in der neuen TV-Reihe „Im Angesicht“ eindringlich über ihre dramatischen Erlebnisse. Das neue True-Crime-Format von Crime + Investigation dokumentiert Gespräche mit prominenten Gästen, die aus erster Hand über ihre Erfahrungen mit wahren Verbrechen oder der Justiz berichten oder sich für Prävention einsetzen.
Neben Karrenbauer sind auch Martin Semmelrogge, Helmut Zierl, Eva Habermann und Michel Guillaume zu sehen. Wie sehr sie die damaligen Erlebnisse auch heute noch belasten, erklärt Karrenbauer im Interview.
Während viele Frauen über ihre Erfahrungen mit häuslicher Gewalt schweigen, schildern Sie offen und ehrlich Ihre Erlebnisse in der Interviewreihe „Im Angesicht“. Was hat Sie dazu bewogen?
Katy Karrenbauer: Im letzten Jahr war ich Teil der großen, bundesweiten Kampagne „Schweigen macht schutzlos“ für den „Weißen Ring“ gegen häusliche Gewalt. Als ich die Anfrage für „Im Angesicht“ bekommen habe, dachte ich zunächst, ich würde eher allgemein über dieses wichtige Thema sprechen. Ich hatte allerdings schon in meinem zweiten Buch über diese, meine Geschichte geschrieben und somit ist es keine, die ich hier neu ans Tageslicht bringe.
Fällt es Ihnen schwer, darüber zu sprechen und an diese schmerzhaften Erinnerungen zurückzudenken?
Nur dann, wenn ich mich darauf einlasse und emotional „erwischt“ werde – wie es mir bei dem Interview zwischendurch ging. Diese Erinnerungen sind fest in mir eingebrannt. Sie waren erniedrigend und sind verletzend, sowohl körperlich als auch seelisch und haben mein Selbstbewusstsein damals sehr beeinflusst. Ich war ja noch sehr jung, es war mein erster Freund und natürlich wünschte ich im Nachhinein, all das wäre nie passiert. Aber wir alle können das Rad nicht zurückdrehen. Wir können allerdings dabei mithelfen, dass andere Frauen davon verschont bleiben oder zumindest Hilfe anbieten, wenn ihnen häusliche Gewalt begegnet, Ihnen oder einem Familienmitglied, einer Nachbarin, einer Freundin.
Katy Karrenbauer: In diesem Moment starb die Liebe zu ihrem Jugendfreund
Sie waren 14 Jahre alt, als Sie mit Ihrem damaligen Freund zusammenkamen. Wie lange waren Sie mit ihm in einer Beziehung, hat sich seine Gewalt schon früh abgezeichnet?
Ich war 3,5 Jahre mit ihm zusammen und der „erste Schlag“ hatte sich für mich nicht vorher abgezeichnet. Mal war es Frust, mal Eifersucht oder aber ich hatte nicht das getan, was er wollte. Allerdings schlug sein Vater ihn ebenfalls und ich denke, dadurch, dass er selbst häuslicher Gewalt ausgesetzt war, übertrug er diese auf mich. Nach dem Nachmittag unseres Kennenlernens hatte er sein erstes, blaues Auge. Ich weiß noch, wie fassungslos ich war.
Sie schildern eindringlich, wie er Sie nach einem Discobesuch von der Tanzfläche gezerrt und mitten ins Gesicht gespuckt hat. Das habe Sie tiefer verletzt als alle Schläge, warum?
Es ist ganz einfach, ich hatte ihn geliebt. Zumindest dachte ich das und er hatte ja auch gute Seiten an sich. Mein Herz verstand allerdings damals überhaupt nicht, warum er das alles tat. Ich hatte ja in meinen Augen nichts Schlimmes gemacht, ich war doch nur in die Disco gegangen und hatte getanzt. Er aber hatte den anderen ein Versprechen gegeben und das hielt er jetzt ein. Als er mich dann draußen vor der Tür anspuckte, mir drohte und sein Gesicht ganz dicht vor meinem war, und ich diese unfassbare Wut und Hass sehen konnte, in diesem Moment starb meine Liebe für ihn. Aber vor allem wurde ich ganz ruhig und innerlich kühl. Ich hatte keine Angst mehr vor ihm. Vielleicht hat mich das an diesem Abend vor seinen Fäusten gerettet. Er hätte alles mit mir machen können, er hätte mich auch umbringen können – es war mir egal. Ich glaube, ich hatte nicht mich aufgegeben, sondern ihn. Das war der letzte Moment, in dem meine Seele ihm ausgesetzt war. Von da an konnte er mich innerlich nicht mehr erreichen oder brechen. Und das hat er gespürt.
Sie glaubten damals: „Ein Mensch, den ich liebe, kann nicht schlecht sein“. Was gab schließlich den Ausschlag zum Umdenken?
Vielleicht, dass man den Menschen doch letztlich nur vor den Kopf gucken kann. Erst das Miteinander, die gemeinsamen Erfahrungen zeigen, was das Gegenüber wirklich für ein Mensch ist.
„Für Gewalt gegen Frauen gibt es keine Entschuldigung“
Wie konnten Sie dieser Beziehung letztendlich entkommen?
Er musste zur Bundeswehr und war erstmal eine Zeitlang weg. Dann hat er es mir wirklich leicht gemacht, indem er mich auf dem Bahnsteig warten ließ, als er endlich einmal frei hatte. Der letzte Zug kam ohne ihn an, weil er mich irgendwo ein weiteres Mal betrogen hat, wie mir jemand noch auf dem Bahnsteig berichtete.
Haben Sie je wieder Gewalt in einer Beziehung erfahren müssen?
Nein. Wer auch immer gegen mich die Hand erhebt, kann sofort gehen. Ohne Wenn und Aber. Auch gerne, bevor er zuschlägt. Oder ich gehe. Es gibt dafür keine Entschuldigung!
„Solange ich mich daran erinnern kann, trage ich dazu bei, dass dieses Schicksal anderen Frauen erspart bleibt“, erklären Sie im Interview. Wie sieht dieses Engagement aus?
Ich setze mich seit meiner Jugend gegen Gewalt gegen Frauen ein, habe an unterschiedlichen Aktionen und Charity-Veranstaltungen teilgenommen, Frauen in Frauenhäuser gebracht, die Angst vor ihren Männern hatten, habe Geld gesammelt und engagiere mich dort, wo ich gebraucht werde oder der Meinung bin, dass ich dazu beitragen kann, dass kein Unrecht geschieht.
„Hinsehen statt wegsehen!“
Vielerorts ist häusliche Gewalt immer noch ein Tabuthema, warum wird hier immer noch weggeschaut?
Ich plädiere ja immer fürs „Hinsehen statt Wegsehen“, aber manche Menschen sind zwar gern hier und da mal Voyeure, mischen sich aber ungern ein, weil sie möglicherweise an den Konsequenzen beteiligt sein könnten. Ich bin zum Beispiel neulich abends spät einem Schrei einer Frau gefolgt, der sich furchtbar anhörte. Ich dachte an Vergewaltigung oder zumindest an einen Übergriff. Aber es war nur eine harmlose Situation, die das Mädchen aufklärte. Ich habe sie dann wissen lassen, dass so ein Schrei Menschen wie mich in Bewegung setzen kann, weil man denkt, jemand sei in Gefahr und brauche Hilfe.
Die Anzahl der Fälle häuslicher Gewalt ist in Zeiten von Corona noch gestiegen. Gibt es genug Anlaufstellen für Hilfesuchende?
Ich kenne einige Anlaufstellen, aber ich bin sicher, es sind nicht genug. Und es gibt natürlich auch Frauen, die nicht unbeachtet ein Handy benutzen können, nicht einfach eine Nummer wählen oder sich mit jemandem treffen können, der sie berät. Einmal kam eine junge Türkin, verschleiert im Karstadt auf mich zu, als ich an der Kasse stand. Sie stellte sich neben mich, kam ganz nah, lüftete ihren Schleier und flüsterte mir ins Ohr: „Ich wäre so gerne so stark wie du!“ Danach befestigte sie den Schleier wieder und ging. Solche Momente sind mir immer in Erinnerung.
Was können Betroffene oder Angehörige von Betroffenen tun, wenn sie Gewalt in Partnerschaften erleben/beobachten?
Hinsehen, den Mund aufmachen! Helfen oder Hilfe anbieten! Offen oder heimlich! Hinsehen statt wegsehen!
Wenn Sie von sexueller Gewalt betroffen sind, wenden Sie sich bitte an das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch 0800 22 55 530 (Deutschland), die Beratungsstelle für misshandelte und sexuell missbrauchte Frauen, Mädchen und Kinder (Tamar) 01 334 0437 (Österreich) beziehungsweise die Opferhilfe bei sexueller Gewalt (Lantana) 031 313 14 00 (Schweiz).
Wenn Sie einen Verdacht oder gar Kenntnis von sexueller Gewalt gegen Dritte haben, wenden Sie sich bitte direkt an jede Polizeidienststelle.
Falls Sie bei sich oder anderen pädophile Neigungen festgestellt haben, wenden Sie sich bitte an das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“. © 1&1 Mail & Media/spot on news
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