- Max Giesinger meldet sich nach fast drei Jahren mit einem neuen Album zurück.
- Im Interview mit unserer Redaktion spricht er über Social Media, Shrimps-Pasta und seine Oma.
- Zudem gibt er Einblicke in seine Kindheit und erzählt, welche offenen Baustellen er zu bewältigen hatte.
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Bekannt wurde Max Giesinger durch auf Youtube hochgeladene Coverversionen und seine Teilnahme an der ersten Staffel der Castingshow „The Voice of Germany“. Seinen musikalischen Durchbruch erreichte der 33-Jährige 2016 mit der Singleauskopplung „80 Millionen“, das im selben Jahr anlässlich der Europameisterschaft in einer neuen Version zu einem Fußball-Hit wurde. Zwischenzeitlich war er Jurymitglied bei „The Masked Singer“ und Teilnehmer bei „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“.
Nun meldet sich der Sänger nach fast drei Jahren Album-Pause mit neuer Musik zurück: Am 12. November veröffentlicht er seine vierte Platte mit dem Titel „Vier“. Im Interview mit unserer Redaktion spricht er unter anderem darüber, was er in der Corona-Pandemie gelernt hat, wie er über Social Media denkt und inwiefern ein Urlaub auf Bali für ihn ein Schlüsselmoment war. Zudem gibt er Einblick in seine Kindheit und erzählt, welche Fragen ihn im Inneren schon länger beschäftigt haben.
Max Giesinger, „Vier“ ist Dein erstes Album seit Beginn der Pandemie. Wie hast Du sie für Dich genutzt?
Max Giesinger: Erstmal habe ich ein bisschen kochen lernen müssen, weil ich erst nach ein paar Monaten Pandemie gecheckt habe, dass man sich eine Lieferservice-App aufs Handy machen kann (lacht). In solchen Dingen bin ich immer super spät dran: Ich hatte als Letzter Instagram, WhatsApp und Mytaxi. Deswegen habe ich die ersten Wochen für mich gekocht. Nach einiger Zeit habe ich zum Beispiel gute Shrimps- und Pilz-Pasta hinbekommen. Damals habe ich auch noch ein bisschen mehr Fleisch gegessen, da konnte ich mir auch ein Rumpsteak mit selbstgemachten Wedges machen.
„Es hat sich bei mir eine absurde Stille eingestellt“
Hast Du neben dem Kochen lernen noch weitere wichtige Erkenntnisse erlangt?
In den ersten Wochen war für mich beruflich noch viel los. Aber irgendwann konnte man quasi gar nichts mehr machen und es hat sich bei mir eine absurde Stille eingestellt, weil ich wusste, dass ich da draußen nichts mehr verpassen kann. Diese Handbremse von außen hat mir nach fünf Jahren des ständigen Unterwegsseins ein bisschen den Druck genommen. Ich war nicht mehr von dieser schieren Optionsvielfalt erschlagen. Ich wusste, dass ich auf keinem Festival spielen, nicht auf Tour sein oder in den Urlaub fliegen konnte. Es hat mich runtergebracht, einfach nur zu Hause rumzuhängen, mal meine eigene Wohnung zu erkunden, nach vier Jahren einen vollen Kühlschrank zu haben, Yoga zu machen oder mal in die Natur zu gehen. Es war auch eine Zeit, in der wichtige Themen aufgekommen sind, die ich sonst mit allerlei Ablenkung unterdrücken konnte. Mir ist bewusst geworden, dass ich hier und da noch ein paar offene Baustellen habe.
Was für Baustellen?
Es geht um Fragen wie: Warum geht es mir besser, wenn ich nicht so viele Optionen habe? Warum stresst es mich, wenn ich alles machen kann? Muss ich nicht mal ein bisschen mehr im Moment sein? Warum spüre ich manchmal, obwohl ich mit meiner Musik etwas erreicht habe, immer noch Zweifel und Ängste, dass alles am nächsten Morgen wieder weg ist? Warum kann man es nicht immer wertschätzen, was man hat?
„Wenn man etwas erreicht hat, dann sucht man sich direkt das nächstkleinere Problem“
Woher, glaubst Du, kommen diese Fragen?
Ich glaube, das hat die menschliche Psyche so an sich, dass man sich immer an das nächste Level gewöhnt. Wenn man etwas erreicht hat, dann sucht man sich direkt das nächstkleinere Problem. Selbst wenn man sich seinen Lebenstraum schon erfüllt hat, bedeutet das nicht, dass man für den Rest seines Lebens glücklich ist. Bei diesem „Immer-Mehr“ erwarten wir irgendwo einen Topf mit Goldmünzen, der aber nie da sein wird. Ich glaube, dass diese Eigenschaft in jedem Menschen drin ist und dazu geführt hat, dass wir unsere Welt so zugrunde gerichtet haben. Man muss eher die Reise nach innen zulassen und sagen können: „Jetzt ist es ok.“ Die Devise sollte sein: „Weniger ist mehr. Nicht mehr Besitz macht einen happy, sondern zu checken, was man schon hat und was gut ist.“ Man sollte versuchen, sich nicht auf das eine Prozent zu konzentrieren, was gerade nicht so cool läuft, sondern auf die 99, die schon ganz gut sind.
In Deinem Lied „Das Wunder sind wir“ singst Du auch von Schnelllebigkeit und dem Drang der Menschen, immer besser sein zu müssen als der Rest. Wie ist dieser Song entstanden?
Das war vor noch vor der Corona-Pandemie. Zu dem Zeitpunkt ging es mir nicht so gut, obwohl ich eigentlich alles erreicht hatte, was ich wollte. Für mich gab es diesen Schlüsselmoment auf Bali: Ich war in einem wunderschönen Restaurant, direkt am Stand und mit sehr gutem Essen. Die Sonne ging langsam unter und ich habe das Treiben der Leute beobachtet, unter denen auch viele Influencer waren. Dabei habe ich festgestellt: Alles war reine Selbstdarstellung. Alle machen nur Bilder – hier mit Boomerang, da noch ein Rad für TikTok schlagen. Und ich dachte: „Das ist gerade der perfekte Ort, aber niemand von euch ist gerade wirklich anwesend. Ihr seid zwar an diesem Ort, aber nicht für euch selbst, sondern für den Rest der Welt. Weil ihr anderen irgendetwas zeigen wollt, was sie jetzt vielleicht gerade nicht haben.“ Ich habe darüber nachgedacht, was man dadurch alles aus dem Blick verliert. Wenn man so ein Leben für andere führt, dann vergisst man dadurch total, wie geil eigentlich der jetzige Moment ist und dass man alles, was man braucht, schon in sich trägt. Diese Bestätigung auf Social Media fühlt sich zwar kurz gut an, aber dann braucht man schnell den nächsten Klick. Da gibt es kein Ende.
„Durch Social Media verlernt man, sich zu konzentrieren“
Hat Social Media also einen negativen Einfluss auf uns Menschen?
Durch Social Media verlernt man, sich zu konzentrieren. Die Schnelligkeit von TikTok merkt man mittlerweile schon oft der Musik an: Kein Gitarren-Intro mehr, direkt auf den Punkt kommen. Die Konzentrationsstärke der Nutzerinnen und Nutzer wird drastisch nach unten gedrosselt. Es wird gar nicht mehr gewollt, dass man sich länger als 15 Sekunden auf etwas fokussiert. Ich glaube nicht an eine allgemeine Verblödung, aber meiner Meinung nach führt Social Media nicht gerade zu einer besseren Gesellschaft, sondern trägt eher zu einer Spaltung bei.
In dem Lied „Deine Zweifel“ gestattest Du einen intimen Einblick in Deine Kindheit. Konkret geht es um die Trennung Deiner Eltern. Inwiefern kann Kinder so etwas beeinflussen?
Wenn man erwachsen ist, dann kommen oft Fragen auf, die man mit dem in Verbindung bringt, was man als Kind erlebt hat. Fragen wie: Warum fällt es einem manchmal schwer, bei einer anderen Person zu bleiben, wo sich doch alles gut anfühlt? Warum scheint man den Schmerz zu brauchen? Warum passiert es einem tendenziell eher, dass man in eine ungesunde Beziehung rein möchte, während man doch gleichzeitig merkt, dass das kein gesundes Verhalten ist? Aber wenn Eltern sich getrennt haben und man nicht unbedingt diesen Heile-Familien-Entwurf kennengelernt hat, dann scheint es oft nur zwei Optionen zu geben: Entweder man entwickelt sich zu einem Menschen, der in einer Beziehung direkt Familie und Sicherheit will, oder einem, der all dem aus dem Weg gehen will, sobald es sich andeutet.
Man kann aus diesem Denken erst herauskommen und eine bessere Version von sich selbst werden, wenn man schaut, wo es herkommen könnte beziehungsweise was bei einem früher passiert ist und dann merkt: „Da reagiert gerade eine Kindheits-Version von dir, die verängstigt ist.“ Es ist zwar sehr psychologisch, aber meiner Meinung nach muss man sich dem stellen, wenn man sich weiterentwickeln will. Ich bin also davon überzeugt, dass die Trennung der eigenen Eltern etwas mit einem macht.
„Man macht sich schon damit ein Stück angreifbar“
Ist es Dir schwergefallen, so ein Thema öffentlich anzugehen?
Man macht sich schon damit ein Stück angreifbar. Gleichzeitig denke ich mir aber, dass es wichtig ist, sich die eigenen Fehler und Stärken bewusst zu machen und zu ihnen zu stehen. Unserer Gesellschaft könnte mehr davon guttun.
Auch in dem Lied „In meinen Gedanken“ nimmst Du uns mit in Deine Familiengeschichte. Dieses Mal geht es um Deine Oma. Hat sie dieses Lied schon mal gehört? Wie hat sie darauf reagiert?
Für sie war das schon sehr emotional, aber auch ein bisschen viel Aufmerksamkeit. Meine Oma ist eine Person, die eher im Hintergrund bleiben und nicht abgefeiert werden möchte. Sie kommt aus einer Generation, wo man sich nicht viel gegönnt hat und auf vieles verzichtet hat, damit man seinen eigenen Kindern und Enkelkindern ein schönes Leben bieten kann. Sie hat mir dadurch erst ermöglicht, dass ich das Leben führen kann, das ich führe.
Fühlst Du Dich manchmal schuldig, dass Du nicht so oft bei ihr bist und stattdessen immer auf Achse?
Nicht oft, denn man muss sich irgendwann auch mal freischwimmen. Aber manchmal muss ich mich schon mal wieder daran erinnern, zumindest einmal die Woche durchzuklingeln. Für einen selbst sind es nur zehn bis 15 Minuten, um den Tag des Gegenübers aufzuwerten und ihn glücklich zu machen. Man sollte mehr schätzen, dass man noch Großeltern hat.
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