Eine Kritikvon Felix Reek Diese Kritik stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.
Die Zahlen klingen erschreckend: 150.000 Schweine und 1,7 Millionen Hühner werden täglich in Deutschland geschlachtet. Nicht im Jahr, jeden Tag. Die Haltung ist in den meisten Fällen indiskutabel, Ärzte raten zu weniger Fleischkonsum, Umweltaktivisten ebenso, trotzdem hat sich in den letzten Jahren nur wenig geändert. Das liegt vor allem daran, dass die Konsumenten gar nicht so genau wissen wollen, wo das herkommt, was auf ihrem Teller landet.
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Einige von ihnen begleitet VOX in der dreiteiligen Reihe „Gewissensbisse? Das Fleischexperiment“. Wie der Zusatz „Experiment“ bei einem Format aus der RTL-Senderfamilie vermuten lässt, geht es dabei aber weniger um vegetarischen Aktionismus, sondern um Unterhaltung. Die Grundkoordinaten sind klar umrissen: Für vier Wochen beherbergen fünf fleischessende Familien zwei Nutztiere. Nach diesem Zeitraum müssen sie sich entscheiden: Ernähren sie sich ab jetzt vegetarisch oder landen ihre Hühner, Kühe und Schweine beim Schlachter? Viel platter lässt sich die Frage „Fleischkonsum Ja oder Nein“ nicht beantworten.
„Kack Hühner, wer will die schon?“ In der ersten Folge von „Gewissensbisse?“ traten bereits drei Familien an, eine entschied sich für den Verzicht, die Entscheidungen von Musiker Joey Kelly und Fußballer Dennis Diekmeier stehen noch aus – und werden auch in Folge 2 nicht aufgelöst. VOX hebt sich das offenbar für das Finale auf. Stattdessen stellt „Gewissensbisse?“ zwei neue Teilnehmer des „Fleischexperiments“ vor. Schauspieler Hardy Krüger jr. samt Frau und zwei Söhnen und Familie Ehmann aus Duisburg.
Die Rollen sind wie in Folge eins ähnlich verteilt. Die Promis sind reflektierter, die „Normalos“ die menschlichen Fleischwölfe. Allen voran Vater Wolfgang Ehmann, der statt Salat lieber noch ein Stück Fleisch isst und das passende T-Shirt trägt: „Meat Lover“. Der Rest der Familie ist gemäßigter, aber genauso wenig an den tierischen Besuchern interessiert. „Kack Hühner, wer will die schon“, verkündet der Sohn bei der Ankunft des Federviehs.
„Gewissensbisse“ Folge 2: Tränen bei der Lamm-Geburt Der Verlauf der zweiten Folge von „Gewissensbisse? Das Fleischexperiment“ ähnelt im weiteren Verlauf der der letzten Woche. Es geht in den Maststall, der als Vorlage für ein paar Fakten herhalten muss. Zwei Prozent der Küken sterben bereits in den ersten Tagen, der Bauer verdient nur 20 Cent an jedem ausgewachsenen Huhn. Es wird etwas betreten geschaut, die Hühner zu Hause gestreichelt und verkündet: „Von Tag zu Tag ging es dann, dass man die gar nicht mehr so doof fand“. Um gleich darauf die Hühnerbrust auf den Grill zu legen.
Noch dramatischer inszeniert „Gewissensbisse?“ die Neu-Bauernschaft der Krügers. Sie beherbergen zwei Lämmer und sind zu Schulungszwecken in einem Zuchtbetrieb. Wenig später steckt der Bauer bis zur Schulter in der Gebärmutter eines Schafes und zieht ein quer liegendes Lamm-Baby heraus. Hardy Krüger jr.’s Managerin und Frau verdrückt eine Träne, isst dann aber doch ein Steak. Dazu gibt es schlaue Sätze wie „Wir sind das einfach nicht mehr gewohnt“, als die Familie in einem Head-to-toe-Restaurant sitzt, das komplette Tiere verwertet und ihnen Lamm-Nieren serviert.
Als Höhepunkt der Folge rückt bei beiden Familien der Schlachter an. Ausführlich erklärt er den Krügers den Vorgang: Das Bolzenschussgerät zerstört das Gehirn, das Tier merkt nichts mehr, die Kehle wird aufgeschnitten und das Lamm blutet aus bis zum Tod nach zwei oder drei Minuten. Das ist den Krügers zu viel, sie sind ab jetzt Vegetarier.
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Ein Huhn stirbt – auf natürlichem Weg Noch unglaubwürdiger ist die Wandlung der Ehmanns. Der Schlachter demonstriert den Vorgang: Der Kopf der Hühner kommt in den Elektroschocker, das betäubt das Tier. Nach dem Kehlenschnitt blutet das Huhn aus, es wird abgebrüht, damit die Federn leichter abgehen und landet in einer Art Waschtrommel, die das Gefieder entfernt. Frau Melanie weint bereits bei der Erklärung. Der wenig einfühlsame Kommentar des Ehemannes: „Echt jetzt?“ Als es wirklich losgeht, senken alle betreten den Kopf.
So recht mag man deswegen die Entscheidung des „Meat Lovers“ am Ende der Folge nicht abnehmen, jetzt Vegetarier werden zu wollen. Sie wollen ihre zwei, beziehungsweise drei Hühner (Huhn Nummer zwei stirbt vor Ablauf der vier Wochen an einem Wespenstich am Kehlkopf) behalten. Die Tiere habe er schon in „sein Herzchen“ geschlossen, verkündet Vater Ehmann. Hoffen wir, dass die Liebe in diesem Fall nicht durch den Magen geht.
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