Allen Bemühungen von Politik und Wirtschaft zum Trotz entscheiden sich in Österreich nach wie vor nur wenige Frauen für ein Studium im MINT-Bereich. Wie erleben die, die es dennoch tun, ihren Studienalltag – und was muss sich ihrer Ansicht nach ändern?
Hochschulabsolventinnen in Fächern aus dem MINT-Bereich,also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, sind auf dem Arbeitsmarktgefragte und gut bezahlte Fachkräfte. Trotzdem liegt der Frauenanteil inStudienfächern wie Informatik und Ingenieurwesen seit Jahren unter 25 %. Hierberichten drei junge Vorarlbergerinnen, warum sie sich entgegen aller Klischeesfür ein Studium im MINT-Bereich entschieden haben und was sich ihrer Meinungnach ändern muss.
Aus Klischees ausbrechen. Schon während der Schulzeithat sich Selina Schmid für den technischen Bereich entschieden und die HTLBregenz mit dem Schwerpunkt Maschinenbau und Automatisierungstechnikabsolviert. Inzwischen arbeitet sie bei der Julius Blum GmbH und studiertberufsbegleitend Wirtschaftsingenieurwesen an der FH Vorarlberg. „Umherauszufinden welchen Weg ich nach der Hauptschule gehen soll, habe ich einenOrientierungstest gemacht, bei dem mir die HTL empfohlen wurde. Ich habe mirgedacht, ich schaue es mir einfach mal an – wenn es mir nicht gefällt, kann ichmich immer noch anders umorientieren. Schlussendlich hat es mich überzeugt undich bin dabei geblieben“, berichtet die Harderin. „Ich denke, es sollte mehrSchnuppermöglichkeiten geben, damit man den Bereich nicht schon ablehnt, bevorman ihn überhaupt einmal angeschaut hat. Man muss aber auch selbst als Frau einbisschen offen sein, gedanklich aus den Klischees einmal ausbrechen und sichtrauen. Ob das jetzt den Besuch einer HTL oder ein Studium im MINT-Bereichangeht.“
Programmieren statt EDV. Ich habe ab der Oberstufe gemerkt, dass michTechnik, das Arbeiten mit Computern und neuen Technologien interessiert. Dabeiwar vor allem mein Opa ausschlaggebend – er war sehr technikinteressiert undhat das an mich weitergegeben“, erklärt Stefanie Graf, die ein Studium imBereich Informatik am FH Campus in Wien absolviert. „Ich denke, man sollte vielfrüher Mädchen in Kontakt mit IT oder Technik bringen. Bei mir ist das erst inder Oberstufe passiert und das war für viele zu spät, um noch eine Verbindungdazu zu bekommen. Wir hatten in der Unterstufe zwar einen großen Computersaal,haben ihn aber nur genutzt, um Maschineschreiben und ein bisschen EDV zulernen. Aber zum Beispiel kleine Programmierübungen oder Ähnliches gab es gar nicht.Hätte ich schon früher den Kontakt zur IT gehabt und herausgefunden, dass michdas interessiert, dann hätte ich vielleicht nach der Unterstufe statt der AHSeine HTL besucht.“
Kontakte herstellen. Ähnlich sieht es Jacoba Häfele.Sie studiert Maschinenbau an der Technischen Universität Wien – als eine vonnur fünf Frauen in ihrem Semester: „Dass nur so wenige Frauen technische Fächerstudieren, liegt meiner Meinung auch daran, dass vielen Mädchen der Bezug dazufehlt. In der AHS kommt man mit dem Thema Technik gar nicht in Berührung.“ Man müsse mehr auf die jungen Fraueneingehen, zum Beispiel in der Schule eine Schnupperwoche in technischen Berufenorganisieren. Oder auch Frauen, die in technischen Fächern studieren, an dieSchulen schicken, damit sie von ihrem Studiengang erzählen. „Viele können sichunter einem technischen Studium einfach nichts vorstellen und kommen daher erstgar nicht auf die Idee, dass ihnen das Spaß machen könnte – und nicht nur etwasfür Nerds ist“, berichtet die Hohenemserin. Sie selbst kam über ihren Vater mitdem Berufsfeld in Kontakt. „Ich glaube, gerade persönliche Verbindungen sindwichtig. Wenn man jemanden kennt, der in einem technischen Beruf arbeitet, istdie Hürde niedriger“, erklärt sie.
Respekt und Unterstützung. Auch in Selina SchmidsStudiengang sind Frauen in der Unterzahl – Nachteile erlebt sie dadurchallerdings nicht: „Für mich ist es ganz normal, als Frau im technischen Bereichzu arbeiten. Ich spüre weder im Studium noch auf der Arbeit einen Unterschied imUmgang, im Gegenteil – ich empfinde die Atmosphäre in beiden Bereichen als sehrangenehm.“ Dem stimmt auch Jacoba Häfele zu: „Von der Lernatmosphäre ist es beiuns sehr angenehm. Man wird respektiert. Auch die Professoren sind sehr bemüht,uns Frauen mit einzuschließen und auf uns besonders zuzugehen.“ Dennoch stelltsie fest: „Wir waren von Anfang an nie viele Frauen, aber von den wenigen hatdie Hälfte das Studium nach dem ersten Semester abgebrochen. Viele schüchtertdas doch sehr männlich dominierte Umfeld leider ein. Da braucht es schonSelbstbewusstsein.“
Gute Chancen. Eine hohe Drop-out-Rate von Frauenbeobachtet auch Stefanie Graf. „Wir haben viele Quereinsteigerinnen, die vorherkeine Berührungspunkte zum Fach hatten. Viele probieren es aus und stellen dannfest, dass es doch nichts für sie ist“, erklärt die Informatikerin. „Generellwird einem als Frau vor allem von Außenstehenden das Studium oft nichtzugetraut. Unter meinen Studienkollegen finden es die meisten Männer gut, dassauch mehr Frauen dieses Fach studieren. Ein paar sind aber schon dabei, dieunterschwellige Andeutungen machen oder zum Beispiel bei Teamarbeiten bestimmteAufgaben an sich reißen, weil sie einer Frau diese nicht zutrauen. Ich versucheaber grundsätzlich, das zu thematisieren und mich nicht unterbuttern zulassen.“ Ihrer Beobachtung nach führe gerade der geringe Frauenanteil in derIT dazu, dass sie auf dem Arbeitsmarkt besonders gute Chancen hätten: „VieleUnternehmen stellen mittlerweile gezielt Frauen ein, weil sie gute Erfahrungenmit weiblichen Mitarbeiterinnen gemacht haben. Oft sind diese sehr motiviert,weil sie für ihre Ziele härter kämpfen mussten.“
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