44 Tage von Stephan R. Meier im Check – warum dieses Buch wichtig ist

Ein deutsches Trauma

44 Tage im Herbst 1977, die prägend waren für die Bundesrepublik Deutschland und als der „Deutsche Herbst“ in ihre Geschichte eingingen. Der Ausgang dieses Dramas ist im Groben bekannt, wenn nicht Allgemeinwissen: Flugzeug in Mogadishu durch die GSG 9 erfolgreich gestürmt, drei RAF-Terroristen in der JVA Stammheim tot, ebenso wie der entführte Hanns-Martin Schleyer. Warum also schreibt jemand einen Thriller darüber? Weil es – wie so oft – eine Geschichte hinter der Geschichte gibt. Und weil der „Deutsche Herbst“ ein deutsches Trauma ist. 44 Tage, die zeigen, wie ein Rechtsstaat an seine Grenzen gedrängt wird und mit sich selbst kämpfen muss, um ein Rechtsstaat zu bleiben.

Autor Stephan R. Meier ist Sohn des damaligen Verfassungsschutzpräsidenten

Wahrscheinlich haben wenige, die damals nicht in die Geschehnisse involviert waren, einen solchen Einblick in die Hintergründe, wie der Autor von „44 Tage“, Stephan R. Meier. Dieser ist der Sohn des damaligen Verfassungsschutzpräsidenten Richard Meier, der als Chef des deutschen Inlandsgeheimdienstes von Anfang an ganz nah am Geschehen war, nur eben weit hinter den Kulissen.

Trotz dieser Nähe zum Geschehen, das der Autor als damals 19-Jähriger bewusst miterlebt hat, bleibt „44 Tage“ natürlich ein Roman. Fiktion, die sich am tatsächlichen Geschehen entlang hangelt. Man sollte keine spektakulären Enthüllungen von Staatsgeheimnissen erwarten, dennoch ist es ein wichtiges Buch, da es Einblicke in den Geist der damaligen Zeit liefert und noch einmal vor Augen führt, vor welch einer Zerreißprobe die damals noch junge Bundesrepublik Deutschland stand. Und wie sehr sich viele Bürger in ihrer Alltagswelt bedroht und verunsichert fühlten. Schließlich waren die Terroristen bei der Schleyer-Entführung überaus brutal vorgegangen. Sie hatten mitten am Tage und mitten in der Öffentlichkeit vier Menschen erschossen. Auf der anderen Seite gab es in Teilen der Bevölkerung eine gewisse Sympathie für die Ziele der RAF, „die sehr weit ging, nicht in die Unterstützungsbereitschaft hinein, aber doch eine Sympathie, die ganz wichtig war für die Terroristen. Die wussten, dass es Menschen gab – nicht zu knapp – die hinter ihnen standen. Und das war eine starke Motivation für sie“, wie der damalige Staatssekretär im Innenministerium und spätere Innenminister Gerhart Baum (FDP) es in einem Video von „zeitzeugen-portal.de“ es formuliert.

Interessante Einblicke in eine außerordentliche Zeit

Ob nun der Verfassungsschutzpräsident Roland Manthey, der versucht das Grundgesetz zum einen gegen die RAF und zum anderen gegen überreagierende Politiker und Polizeibehörden zu verteidigen. Oder Mantheys Assistentin Annemarie, deren Sohn offen mit den Terroristen sympathisiert. Oder der Streifenpolizist Erdmann, der helfen will, aufblüht, eine brisante Entdeckung macht, aber sich eigentlich nichts sehnlicher wünscht, als das alles wieder seine gewohnte Ordnung annimmt. Oder die Terroristin Lopez, die auf ihrem Trip in ein internationales Terrorcamp im Jemen feststellen muss, dass ihre Gruppe mit all ihren Idealen nur Spielball der internationalen Geheimdienste ist: Alle diese fiktiven Charaktere liefern interessante Einblicke in eine außerordentliche Zeit der BRD und den Kampf des Staates gegen den Terror der RAF. Ihre Geschichten zeigen eine demokratische Verfassung vor der für sie größten Herausforderung überhaupt: Der Angriff einer Gruppe, die die Regeln dieser Verfassung missachtet, ihre Rechte aber für sich in Anspruch nimmt und sich darauf berufen darf. Und wie der Staat unter diesem hohen demokratischen Gut und sich selbst kämpft, nicht zu dem faschistischen und repressiven Staat zu werden, den die Terroristen in ihm sehen. Letztlich erwies sich die deutsche Demokratie als stark genug, doch hat sie ihre Unschuld verloren und Narben davongetragen.



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