„Goodbye Deutschland“-Star Andreas Robens hat über seine Vergangenheit gelogen. Ein Messerangriff fand unter ganz anderen Umständen statt. Er war nicht nur Opfer.
Als die falsche Frage fällt, kippt die Stimmung. Andreas Robens‘ Gesicht versteinert. Der Wind weht durch das Haar seiner Frau, Boote ziehen durch die blaue Bucht von Palma. 23 Grad wärmen den beiden TV-Promis den Rücken. Doch die malerische Kulisse am Strand scheint vergessen. Jedes seiner Worte untermauert nun eine strikte Handbewegung: „Ich sage es offiziell: Ihr dürft dieses Video nicht ausstrahlen.“ Kümmern darum werde sich die Rechtsabteilung von RTL.
Das Interview sehen Sie oben im Video oder wenn Sie hier klicken.
Auf Mallorca soll, was Vergangenheit ist, offenbar Vergangenheit bleiben. Auch wenn Robens, der um kein Wort über andere prominente Auswanderer verlegen ist, sonst mit ihr Quote macht.
Das „Zugpferd“ und der Messerstich
Der Mann aus Hannover, der unter den Palmen von El Arenal ein neues Leben begann, hat sein Privatleben zur TV-Karriere umgebaut: Als Unternehmer begleiteten ihn Vox-Zuschauer jahrelang nach Mallorca, wo er in die Fitness-Branche einstieg. Seine Muskeln, seine Liebe, seine Sorgen – all das war jahrelang Folge für Folge in der Sendung „Goodbye Deutschland“ mitzuerleben. Als „Zugpferd“ für die Sendung sehen er und seine Frau Caro sich mittlerweile. Nicht von ungefähr.
Caro und Andreas Robens: Sie sind das „Promipaar des Jahres 2020“.(Quelle: TVNOW / Stefan Gregorowius)
Gemeinsam gewannen die Auswanderer im vergangenen Jahr die RTL-Show „Sommerhaus der Stars“ und wurden zum „Promipaar des Jahres“ gekürt. Andreas‘ Beliebtheit tat es keinen Abbruch, dass er einen anderen Teilnehmer betrunken bedrohte: „Dich schützen nur die Kameras.“ Das sei ein einmaliger Vorfall gewesen, das könne jedem mal passieren, sagte er später. Er vertrage halt keinen Alkohol. Im Anschluss erhielten er und seine Gattin ihre eigene Sendung: „4 Fäuste für Mallorca“. Auch aus seiner Vergangenheit in Hannover erzählte er dabei.
„Sollten besser ruhen bleiben“
Die enthält laut Recherchen von t-online allerdings einen blinden Fleck, über den Robens nicht sprechen will und sogar in seiner Sendung gelogen hat. Das räumt er im Interview mit t-online ein: Er habe die „offizielle Version“ erzählt. „Ich möchte da keinen weiter reinreißen, weil das wäre ganz schlecht für die Leute, das wäre ganz böse für die Leute“, sagt er. „Es gibt eben Sachen, die sollten besser ruhen bleiben.“ Wenig später bricht er das Interview ab und will die Ausstrahlung verhindern. Eine schriftliche Anfrage zu den Vorgängen lässt er unbeantwortet.
Andreas Robens mit Frau Caro am Strand in El Arenal: Als t-online die Vergangenheit des TV-Stars anspricht, droht der Bodybuilder mit Medienanwälten. (Quelle: t-online)
Vermutlich hat er einen guten Grund dafür. Recherchen von t-online legen nahe, dass seine Ausfälligkeiten im „Sommerhaus“ wohl kein Einzelfall waren, wie er behauptete. Im Gegenteil: Es scheint, dass sie für einen kurzen Moment eine andere Seite von Robens erahnen ließen. Bei der geht es um Alkohol, Drogen, Gewalt – und den Ausgangspunkt seiner TV-Karriere.
Robens‘ Version: Angriff an der Clubtür
Denn es ergeben sich erhebliche Zweifel an einem zentralen Punkt seiner Erzählung, an jenem Messerangriff, von dem er noch heute eine Narbe an der Brust trägt – und der ihn dazu bewogen haben soll, nach Mallorca auszuwandern. Dort heiratete er, der damals noch Andreas Schmiedeberg hieß, wenig später seine Frau Caro Robens, nahm ihren Namen an und die gemeinsame Arbeit fürs Fernsehen begann.
Das Ehepaar Robens im gemeinsamen „Iron Diner“: Neben Fitnessstudios führen sie jetzt auch ein kleines Restaurant. (Quelle: t-online)
Seine Version dazu, die „offizielle Version“ wie er nun sagt, erzählte er Ende des Jahres in seiner Show bei einem Ausflug in seine Heimatstadt: Die Wunde habe ihm dort 2009 während seiner Zeit als Türsteher vor dem Club „Zaza“ ein aggressiver Gast zugefügt. Nur knapp sei er dem Tode entronnen. Noch im Krankenhaus habe er entschieden: „Jetzt haust du ab! Sterben kannst du auch auf der ganzen Welt.“ Die Erzählung vom lebensgefährlichen Angriff an der Clubtür machte deutschlandweit Schlagzeilen.
Alles spricht dagegen
Erstaunlicherweise lassen sich für diese Version des Geschehens keinerlei Belege finden. Die Polizei Hannover kann – obwohl sie angeblich vor Ort war und Erste Hilfe leistete – einen derartigen Vorfall im Jahr 2009 vor dem Club „Zaza“ nicht bestätigen. Für den fraglichen Zeitraum findet sich auch keine Pressemeldung der Behörde dazu. Und die zuständige Staatsanwaltschaft kann der Schilderung keine Straftat zuordnen.
Das „Zaza“ an der Hamburger Allee in Hannover: Dort weiß man nichts von einem Messerangriff auf den damaligen Türsteher. (Quelle: Henning Scheffen/imago images)
Auch Jürgen Uhlenwinkel, der den Club in der Nähe des Hauptbahnhofs seit über 20 Jahren betreibt, kann mit der Erzählung nichts anfangen. t-online sagte er: „An den Andreas kann ich mich gut erinnern.“ Um skeptisch hinzuzufügen: „Eigentlich würde ich mich doch auch an einen solchen Messerangriff erinnern.“ Ein langjähriger Türsteher, der sowohl Robens als auch die Szene in Hannover kennt, sagte t-online zu dem angeblichen Angriff: „Das ist mir so nicht bekannt.“ Es sei zwar nicht vollständig auszuschließen, eigentlich sprächen sich derart schwere Angriffe allerdings herum.
Schnaps, Kokain und ein Campingausflug
Dass sich niemand an den Vorfall erinnern kann, könnte daran liegen, dass er so nicht stattgefunden hat. Tatsächlich wurde Andreas Robens im Jahr 2009 Recherchen von t-online zufolge zwar mit einem Messer angegriffen – allerdings unter völlig anderen Umständen. An die Stelle der Heldengeschichte als Türsteher vor einem Club tritt eine Beziehungstat im Alkohol- und Kokainrausch.
Das Messer rammte ihm seine damalige Lebensgefährtin T.* bei einem Camping-Ausflug in Niedersachsen in die Brust. Eine Tat im Affekt, nachdem Robens sie über Monate hinweg im Rausch vielfach verprügelt und schwer verletzt hatte. t-online liegt das Gerichtsurteil gegen die Frau aus dem Jahr 2010 vor. Es zeichnet den Vorfall und die Vorgeschichte genau nach. „Ich bin mir keiner Schuld bewusst und habe mir nichts zuschulden kommen lassen“, sagt Robens im Interview dazu. „Das Thema ist erledigt, er war das Opfer“, sagt seine heutige Ehefrau Caro. Doch so eindeutig ist die Lage nicht.
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Alles hat sich laut den Akten in einer Sommernacht an einem See südlich von Hannover abgespielt. Der Baggersee gilt als gefragtes Naherholungsgebiet. Der Stellplatz für Wohnmobile, der zum Tatort wurde, ist wegen seiner direkten Nähe zum Wasser für Kurztrips durchaus beliebt, auch wenn eine nahe Bahnlinie die nächtliche Ruhe etwas stört. Auf Nachtruhe hatten es der damals 43-Jährige und seine einige Jahre jüngere Freundin aber offenbar ohnehin nicht abgesehen.
Die Situation eskaliert in der Nacht
Wie aus den Akten hervorgeht, reisten die beiden mit einem neu angeschafften Wohnmobil für ein Wochenende an den See. Der Ausflug sollte Auftakt zu einer Tour durch Deutschland und Österreich sein, schon damals war demnach zwischen ihnen im Gespräch, nach Spanien überzusiedeln.
Im Gepäck hatten sie bei ihrem Trip an den See Alkohol und Kokain, beides seit Langem eine gemeinsame Leidenschaft des Paares. In der Nacht zu Sonntag flossen Whiskey, Bier und Wein, die Frau kokste, nahm auch Medikamente, die Robens über einen Arzt besorgt hatte. Schließlich eskalierte die Situation.
Die Frau greift zum Steakmesser
Es sei wie bereits häufig zuvor zum Streit gekommen, hält das Urteil fest. Oft hatten derartige Auseinandersetzungen demnach mit erheblichen Verletzungen der zierlichen Frau geendet. Sie war dem muskulösen Türsteher mit ihren 1,65 Metern und nur 50 Kilo Körpergewicht haushoch unterlegen. Dieses Mal kam es anders.
Für starke Muskeln ist Andreas Robens bekannt: Erlangt haben soll er sie laut Urteil auch durch Testosteron und Anabolika. (Quelle: t-online)
Um 4.15 Uhr griff Robens, bekleidet mit Bahama-Shorts und T-Shirt, von hinten nach dem Arm der nackten Frau, zog sie zu sich herum, während sie an der Spüle stand. Die Frau griff zu einem Steakmesser und stach zu. Zwei bis drei Zentimeter oberhalb der linken Brustwarze drang die Klinge 5,5 Zentimeter tief in die Brustmuskulatur ein, die Robens „durch entsprechendes Training, die Einnahme von Anabolika und das Spritzen von Testosteron erlangt hatte“, wie im Urteil steht.
„Diese alten Geschichten“
Den Konsum leistungsfördernder Mittel zum Muskelaufbau haben Robens und seine heutige Frau stets bestritten. An eben jener Einstichstelle trägt der Mallorca-Auswanderer allerdings bis heute eine Narbe, deren Existenz er in seiner Show mit dem angeblichen Angriff bei der Arbeit zu erklären versuchte. „Bei der Arbeit passiert, fertig“, sagt er dazu im Interview mit t-online. „Diese alten Geschichten, wenn die wieder mit diesem dummen Zeug anfangen und das Lügenmaul aufmachen.“
Caro Robens mit Ehemann Andreas: „Das Thema ist erledigt, er war das Opfer.“ (Quelle: t-online)
Der Stich war laut Urteil potenziell lebensbedrohlich, eine Arterie wurde verletzt, das Blut spritzte. Auf Hilfe seiner damaligen Freundin wartete Robens allerdings vergeblich. „Ich helfe dir nicht, du kannst verrecken!“, schrie T. nach dem Stich. Dann versetzte sie ihm noch einen Faustschlag aufs Auge. Noch als er blutend auf dem Rasen vor dem Wohnmobil lag, schrie sie ihn an, er solle sich „verpissen“.
Notrufe, Operation, Ermittlungen
Insgesamt sechs Mal wählte Robens daraufhin fast im Minutentakt selbst den Notruf, mehrfach brachen die Verbindungen ab, währenddessen lief er in Richtung Hauptstraße.
Zumindest in diesem Punkt stimmen Robens‘ Schilderungen der Ereignisse und die tatsächlichen Geschehnisse in etwa überein. „Du läufst über die Straße, das Blut spritzt raus“, sagte der Bodybuilder in seiner Show „4 Fäuste für Mallorca“. Polizisten hätten versucht, die Blutung zu stoppen, hätten aber kein Handtuch gehabt, um das er bat. Erst dann seien Rettungssanitäter hinzugekommen.
Ähnlich steht es auch im Gerichtsurteil: Seine Freundin weigerte sich demnach, die Blutung mit einem Handtuch zu stoppen, Polizeibeamte fanden Robens 20 Minuten nach der Attacke in etwa 125 Meter Entfernung vom Wohnmobil, ein Rettungswagen brachte ihn dann ins Krankenhaus, wo er notoperiert wurde. Drei Tage blieb er stationär dort. Seine Lebensgefährtin wurde derweil festgenommen, vernommen und schließlich in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht. Die Kriminalpolizei übernahm den Fall.
Robens verletzte die Frau mehrfach schwer
Vor Gericht wurde die Frau schließlich wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt – nicht wie von Robens behauptet zu fünf Jahren wegen versuchten Mordes. Zwar war die Tat als versuchter Mord angeklagt, das Gericht verneinte jedoch einen solchen Tatvorsatz.
Vielmehr sei die Frau im Rauschzustand gewesen, habe im Affekt gehandelt und auch keinen weiteren Versuch unternommen, als Robens verletzt am Boden lag. Angeordnet wurde deswegen die Unterbringung der Frau in einer Entziehungsanstalt – unter anderem weil davon auszugehen sei, dass sie sonst insbesondere mit Robens „auch künftig in erheblichem Maße Alkohol, Drogen und Medikamente konsumieren werde“.
Die Begründung des Strafmaßes hat es jedoch in sich. Und zwar für den heutigen TV-Star. Schuldmindernd wurde berücksichtigt, dass Robens „die Angeklagte in der Vergangenheit mehrfach teilweise erheblich verletzt hat“. Es erscheine „unbefriedigend“, dass er straflos bleibe, während sie bestraft werde – obwohl sie selbst „regelmäßig Opfer“ geworden sei.
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Die Staatsanwaltschaft Hannover bestätigte auf Anfrage von t-online, dass es im Zeitraum 2009 zahlreiche Verfahren gegen Robens gegeben habe, unter anderem wegen Körperverletzung und Beleidigung. All diese Verfahren seien allerdings eingestellt worden. Wohl vor allem, weil die Frau einige Tage nach den Prügeln jeweils nicht mehr gegen ihn aussagen wollte, wie das Urteil festhält. Er sei schließlich „durchaus liebevoll“ mit ihr umgegangen, wenn er nicht gerade betrunken und auf Drogen war.
*t-online ist der Name der Frau bekannt. Er wurde hier nicht nur abgekürzt, sondern auch geändert.
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