Bei „Bares für Rares“ ist er der Strahlemann mit den kecken Sprüchen. Im Interview verrät Horst Lichter, was er an seiner Heimat schätzt und was seine Ehe besonders macht.
Mit seinen 59 Jahren weiß Horst Lichter mittlerweile ganz genau, was er will. Das liegt sicherlich auch an dem Buch, das der gelernte Koch jüngst geschrieben hat. Darin unternimmt der TV-Star eine Reise zu sich selbst.
t-online erzählt der Lebemann im Telefongespräch von Gedankenexperimenten, von Erschöpfung und seiner Ehe mit Nada Lichter. Die beiden sind seit 2009 verheiratet. Aller guten Dinge sind drei, sagt man. Für Lichter ist es die dritte Ehe und an der arbeitet er besonders, wie er im Interview verrät.
"Bares für Rares"
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t-online: Sie haben wieder ein Buch geschrieben. Darin heißt es, Sie haben zwei Drittel Ihres Lebens schon hinter sich. Was macht dieser Gedanke mit Ihnen?
Horst Lichter: Ich belüge mich nicht selbst. Das ist mir wichtig. Der Gedanke macht mich demütiger und lässt mich mehr im Hier und Jetzt sein, was nicht immer einfach ist. Ich habe schon viel an Lebensjahren erreicht. Vielen Menschen ist das gar nicht vergönnt. Vieles, das ich erlebt habe, war jetzt auch nicht so beschissen. Da war viel Schönes dabei. Ich versuche, mich auf die positiven Sachen zu konzentrieren. Viele machen das nicht und halten sich stundenlang mit Negativem auf und lassen sich davon hineinziehen wie in einen Strudel.
Aber schlimm ist es auf der Welt eigentlich doch vor allem da, wo wir den Blick nicht mehr hinlenken. Deutschland ist das beste Land zum Leben, das wir auf der Erde haben. Davon bin ich überzeugt, auch wenn viele das nicht so sehen. Vieles ist hier einfach sehr schön.
Dabei steht unser Land gerade jetzt in der Kritik. Vor allem während der Corona-Krise werfen viele den Regierenden Fehler vor.
Fehler machen gehört dazu. Ich mag es nicht, im Nachhinein Menschen anzuprangern. Es mussten Entscheidungen getroffen werden. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir im besten Land auf der Erde leben. Wenn man das Beste aus der ganzen Welt nehmen würde, dann hätten wir ein Paradies wie Adam und Eva. Einer würde trotzdem wieder den Apfel essen und alles wäre im Arsch. Die Menschen sind so. Wenn wir aus alldem gelernt hätten, was uns schon passiert ist, dann hätten wir keine Kriege mehr, alle wären wunderbar unterwegs. Wenn jeder selbst bei sich anfangen würde, auf sich selbst zu achten, dann wäre die Welt eine Sensation. Ich glaube nicht, dass wir dazu geeignet sind, perfekt zu sein.
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Sie haben sich in Ihrem Buch die Frage gestellt, was Sie im Leben nicht mehr wollen. Welche Antwort geben Sie sich jetzt darauf?
Ich muss selbst vorleben, was ich bei anderen anprangere. Das ist mir ganz wichtig. Die meisten können nur im Nachgang erzählen, was andere falsch machen. Das ist das Einfachste. Für mich ist es wichtig: Mag ich mich jetzt, hier und heute?
Und? Mögen Sie sich selbst?
Ja. Ich mag mich jetzt, hier und heute. Auch wenn vielleicht Kleinigkeiten dagegensprechen.
Die wären?
Ich hätte vielleicht gern mehr Haare, wäre sportlicher, jünger. Was weiß ich (lacht). Nein, das ist alles Blödsinn. Ich mag mich. Alle Fehler, die ich begangenen habe, haben dazu beigetragen, dass ich der bin, der ich eben heute bin.
Sie haben eben gesagt, Sie möchten Dinge selbst vorleben. Welche Dinge sind das?
Ich kann mich nicht ereifern darüber, wenn irgendwo Müll rumliegt. Ich hebe ihn auf und räume ihn weg und schreie nicht nach anderen Leuten, warum die es nicht tun. Ich muss es vorleben. Ich rauche, das finde ich nicht gut. Aber ich werfe zum Beispiel keine Kippen auf den Boden und belästige noch andere damit. Das sind so Kleinigkeiten. Wenn ich mich über bestimmte Tierhaltungen aufrege, weiß ich im Umkehrschluss für mich, ich werde niemals Fleisch kaufen oder essen, das eben aus solchen Haltungen kommt. Wenn das alle tun würden, könnte diese Haltung gar nicht mehr gerechtfertigt werden. Ich kann nicht auf der einen Seite sagen, ich möchte die Umwelt retten und kaufe mir auf der anderen Seite Gummistiefel und Plastik. Das sind so Dinge, die man in sich infrage stellen muss. Das ist in jedem Bereich so. In Beziehungen, im Umgang mit anderen Menschen, mit meinen Kindern oder mit meinen Enkelkindern. Ich stelle mich da immer wieder selbst auf den Prüfstand und frage mich: Verhalte ich mich für mich korrekt, ohne dass ich bei anderen etwas anprangere?
Wenn Sie sagen, Sie mögen sich heute, impliziert das dann eigentlich auch, dass es Zeiten gab, in denen Sie sich nicht mochten?
Es gab jedenfalls Zeiten, in denen ich nicht darüber nachgedacht habe, ob ich mich mag. Wenn ich das getan hätte, dann hätte ich mich sicherlich nicht gemocht. Es gibt ein schönes Denkspiel, das hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen. Ich bin 59 Jahre alt. Wenn ich die Möglichkeit hätte, mich selbst im Alter von 16 Jahren zu treffen, was würde ich dem 16-jährigen Horst mitgeben für sein Leben. Ich würde ihm nicht von Fehlern abraten, denn dann würde ich nicht mehr der werden, der ich bin. Aber ich würde ihm sagen: Du musst es schon richtig machen.
Sie stehen seit 2013 für „Bares für Rares“ vor der Kamera. Sie haben viele lange Arbeitstage, waren oft ausgelaugt und fertig. Wie anstrengend ist Ihr Job?
Wie anstrengend mein Job ist, merke ich eigentlich erst immer in Ruhephasen, wenn ich dann wirklich sehr erschöpft bin. Ich habe das große Glück, das tun zu dürfen, was ich gerne tue. Ich habe nur ein negatives Ding in mir: Wenn ich etwas mache, dann gebe ich 100 Prozent. Dann achte ich wenig auf mich selbst. Ich kann ein Wort sehr schlecht aussprechen und das ist „Nein“. Mein Pflichtbewusstsein und mein Anspruch an mich selbst sind manchmal sehr anstrengend. Dadurch kommt sehr oft diese Erschöpfung.
Was tun Sie dagegen?
Es ist wichtig, dass ich mir deswegen immer wieder Ruhephasen und Pausen nehme. Auf der Autobahn des Lebens ist es wichtig, nicht zu schnell zu fahren, sondern auch ab und zu mal rechts ranzufahren. Deswegen war ich zum Beispiel auch in einem Schweigekloster. Natürlich ist mein Job anstrengend. Aber ich habe auch schon ganz anders gearbeitet.
Bedeutet das, dass Ihnen „Bares für Rares“ vielleicht mal zu viel wird und Sie mit der Sendung schon bald aufhören?
Nein. Und wenn ich aufhören würde, dann würde ich das lange vorher ankündigen. Das, was ich tue, macht mir so viel Freude. Gleichzeitig nehme ich mir aber auch sehr viel Zeit für diese Arbeit. Ich bleibe gern länger, kümmere mich um Mitarbeiter. Ich muss wirklich sagen: „Bares für Rares“ ist mein Leben geworden. Da muss ich wirklich aufpassen, dass ich darüber nicht die Dinge vernachlässige, die auch wichtig sind.
Was macht die Sendung so außergewöhnlich für Sie?
„Bares für Rares“ widerspricht allem, was heute im Fernsehen läuft. Wir begegnen jedem Menschen mit Respekt. Jede Geschichte interessiert mich. Ich schaue jedem in die Augen und gebe ihm in dem Moment auch meine Aufmerksamkeit. All das, was sonst im Fernsehen Quote macht, funktioniert auf einer anderen Ebene. Wir führen niemanden vor, machen ihn lächerlich oder lassen ihn dumm aussehen. So etwas gibt es bei uns nicht und das macht mich sehr glücklich. Ich darf dort so viel lernen und auch so viele Menschen kennenlernen. Wir lachen manchmal Tränen, das kann alles immer gar nicht gezeigt werden. Wenn die Welt so funktionieren würde wie „Bares für Rares“, mein Gott, wäre das schön.
Wie meinen Sie das?
Es wäre ungefähr so, wenn Sie mit Ihrem Wissen, das Sie haben, zu einem Experten des Lebens gehen. Dem sagen Sie dann: So und so könnte mein Leben aussehen. Der Experte würde Ihnen dann sagen, ob Ihr Weg richtig oder falsch ist, oder ob es noch einen ganz anderen, wertvolleren gibt. Das Prinzip ist einfach und ehrlich.
Ehrlichkeit, ist das für Sie eine wichtige Eigenschaft?
Ja, und das ist auch etwas, dass ich immer wieder von anderen Leuten einfordere: Seid doch mal ehrlich! Viele Menschen trauen sich nicht, ehrlich zu sein und ihre wirkliche Meinung zu sagen. Die meisten haben Angst, anderen auf die Füße zu treten oder anzuecken.
Horst und Nada Lichter: Für den TV-Star ist es die dritte Ehe.(Quelle: IMAGO / Horst Galuschka)
Ihre Beziehung zu Ihrer Frau wirkt auch sehr ehrlich und aufrichtig. Was macht Ihre Ehe so besonders?
Die stete Arbeit an meiner Ehe macht sie so besonders. Ich durfte einmal ein Ehepaar bei „Bares für Rares“ treffen, das hat mir einen Satz mitgegeben, den ich sehr mag. Die waren 60 Jahre verheiratet. Ich habe den Mann gefragt, was sein Geheimnis ist. Er hob den Zeigefinger und sagte mir: „Herr Lichter, wir kommen aus einer Generation, in der noch repariert und nicht neu gekauft wurde.“ Wenn man sich den Satz einmal ganz genau anschaut, dann hat man viel gelernt. Es gibt im Leben nicht nur schöne Stunden und Schmetterlinge im Bauch. Wenn etwas kaputt ist, dann kann es repariert werden. Es sei denn, es ist komplett zerstört. Ich habe immer schon gesagt, in der heutigen Zeit gibt es gute und schlechte Seiten für Beziehungen. Gut ist, dass nicht jeder zusammenbleiben muss, wenn es nicht mehr passt. Früher wurde ein ganzes Leben zerstört, wenn du den falschen Menschen gewählt hast. Früher wurden Frauen, die ihre Männer verlassen haben, geächtet. Da bin ich sehr glücklich, dass wir diese Zeit überwunden haben. Auf der anderen Seite finde ich es oft sehr schade, wie schnell Pärchen aufgeben. Manche geben sich auf, weil sie einen Monat lang keinen Sex mehr haben. Es ist immer Arbeit. Liebe muss gewartet werden.
Inwiefern?
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Die Liebe ist wie ein Auto. Das muss gepflegt und bearbeitet werden. Wenn man ein Auto 15 Jahre lang nur benutzt, ohne etwas dafür zu tun, dann zerstört man es. Wenn man es aber pflegt und darauf achtet, dann kann man ein Leben lang etwas davon haben. Man muss sich nur selbst auch mal zurücknehmen.
„Ich bin dann mal still: Meine Suche nach der Ruhe in mir“ (Preis: 18 Euro, Verlag: Knaur Balance) von Horst Lichter ist seit dem 3. Mai im Handel erhältlich.
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