Die rosarote Brille – wer kennt sie nicht? Frisch verliebt ist alles neu und aufregend, doch "die wilde, euphorische Verliebtheit lässt nach etwa eineinhalb Jahren nach." Autor Dr. med. Werner Bartens erklärt im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news, warum das nichts Schlechtes sein muss und wie Paare den Übergang in die Langzeitbeziehung schaffen.
Bartens Bücher "Was Paare zusammenhält", "Glücksmedizin" und das "Ärztehasser-Buch" standen auf der "Spiegel"-Bestsellerliste. In seinem neuen Buch "Lob der langen Liebe" beschäftigt sich der Leiter des Wissenschaftsressorts der "Süddeutschen Zeitung" mit Langzeitbeziehungen. Diesen Status hätten Paare nach vier gemeinsamen Jahren erreicht. "Das Bedürfnis, sich ganz nah sein zu wollen, ist dann fast weg. Bleibt ein Paar nach dieser Zeit doch zusammen, hat es den Übergang zu einer längeren Beziehung geschafft", erklärt er.
Ein großer Irrtum sei laut Bartens, "lange Liebe mit Langeweile zu verwechseln". "Aber diese Art Vertrautheit, Nähe und Verlässlichkeit sind Kennzeichen der langen Liebe. Das ist etwas sehr Schönes, auch wenn es das Gegenteil der akuten Verliebtheit am Anfang ist." Der Zustand der ersten Verliebtheit lasse sich "nicht konservieren". "Wir haben nur leider ein völlig überhöhtes, romantisches Ideal von der Liebe. Die Liebe ist aber kein rosarotes Bällebad", appelliert er. Diese Tipps hat Bartens für Paare, um auch nach vielen Jahren eine glückliche Beziehung zu führen.
Den liebvollen Blick bewahren
"Sie sollten versuchen, sich einen liebevollen Blick auf Ihren Partner zu bewahren", empfiehlt Bartens. Das sei gar nicht so einfach: "Denn oft finden wir manche Eigenschaften des anderen zu Beginn der Beziehung liebenswert und charmant, irgendwann können aber genau diese Eigenschaften erst zur Marotte, dann zu einer Macke werden."
Verwöhnprogramm für die Liebe
Bartens empfiehlt Paaren, die schon lange zusammen sind, regelmäßig ein "Verwöhnprogramm für die Liebe", also "eine Art Überraschungsangriff der Wertschätzung". Paare, die Kinder haben, sollten sich auch mal Zeit zu zweit gönnen. "Beispielsweise könnten Sie für einen Abend einen Babysitter engagieren und einen gemütlichen Kinoabend verbringen", so ein Vorschlag des Autors.
Freundlichkeit statt Vorwürfe
Versäumt Ihr Partner zum Beispiel einen Termin, bringen Vorwürfe wie "Ich hab's gewusst" oder "Nie klappt so etwas mit Dir" gar nichts, warnt Bartens. "Stattdessen sollten Sie eine Freundlichkeitsattacke starten. Schenken Sie Ihrem Partner Aufmerksamkeit und tun Sie ihm etwas Gutes." Dabei gehe es nicht um Materielles. "Greifen Sie Ihrem Partner unter die Arme", empfiehlt er. "Wenn Sie das drei Tage nach einem Streit durchhalten, kann das eine wunderbare Wirkung haben", prophezeit der Experte.
Rituale statt Routine
Partner, die seit vielen Jahren in einer Beziehung leben, könnten irgendwann Langeweile empfinden. Um dem vorzubeugen, hat Bartens einen Tipp: "Rituale statt Routine". Denn Gewöhnung in Beziehungen sei per se nicht falsch, sagt er, ganz im Gegenteil. "Kleine Rituale pflegen sogar die Liebe, beispielsweise wenn Sie Ihrem Partner jeden Tag einen Kaffee ans Bett bringen und er jeden Sonntag zum Bäcker geht und Brötchen holt." Das seien "liebevolle Wiederholungseffekte, die eine Beziehung stärken".
Sich an den Anfang erinnern
Nach vielen gemeinsamen Jahren könne es passieren, dass Partner ihr Gegenüber nicht mehr zu schätzen wissen. Deshalb rät Bartens: "Versuchen Sie, sich auch nach Jahren daran zu erinnern, was Sie am anderen beim Kennenlernen geschätzt und bewundert haben. Behalten Sie Ihre Bewunderung bei!"
Zudem empfiehlt er, sich vom Partner in schwierigen Phasen nicht abzuwenden, sondern zuzuwenden. "Viele ziehen sich in solchen Situationen zurück und sprechen nicht mehr mit dem Partner", erzählt Bartens.
Gemeinsame Lösungen finden
"Finden Sie bei Problemen gemeinsame Lösungen, anstatt einander Vorwürfe zu machen", rät der Experte. Denn sobald ein Partner sich Veränderung wünscht, sollten beide über eine mögliche Lösung nachdenken. In solchen Fällen empfiehlt Bartens zudem: "Nehmen Sie lieb gemeinte Vorschläge Ihres Partners an."
Hobbys finden, die beiden gefallen
Um sich als Paar gemeinsam zu entwickeln und nicht auseinanderzuleben, ist nicht nur die richtige Kommunikation wichtig. "Suchen Sie nach gemeinsamen Aktivitäten und Hobbys", sagt Bartens. Zum Beispiel könnten Pärchen gemeinsam einen Segelschein machen oder sich in gemeinnützigen Vereinen engagieren. Denn "das schweißt zusammen", empfiehlt der Autor.
Wichtig sei, dass dabei nicht ein Partner den Ton angebe. Entscheidend für eine lange, glückliche Beziehung sei, "auf seine eigenen Gefühle Rücksicht zu nehmen", warnt Bartens. "Sie sollten nicht gegen Ihren Willen oder Ihr Bauchgefühl bei etwas mitmachen. Dauerhaft etwas zu machen, das einem eigentlich gegen den Strich geht, kann zur Belastung werden."
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