"Sie geben indirekt Schützenhilfe für Querdenker und AfD"

Mit ihrer Videoaktion #allesdichtmachen haben über 50 Schauspielstars für viel Kritik gesorgt. Einige haben sich inzwischen davon distanziert. Nun äußert sich Filmakademiepräsident Ulrich Matthes zu der Angelegenheit.

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„Dieser Diskurs wird seit einem Jahr medial geführt. Der wird im Bundestag geführt, den führen die Stammtische, den führen wir permanent alle“, sagte Matthes. „Und die Kolleginnen und Kollegen beklagen mittels dieser vermeintlichen Satire, dass dieser Diskurs nicht stattfände und geben damit – und das ist meine Hauptkritik – indirekt Schützenhilfe für die Querdenkerszene und die AfD.“

Unter dem Schlagwort #allesdichtmachen hatten mehrere bekannte deutsche Schauspielstars mit ironisch-satirischen Clips die Corona-Politik in Deutschland kommentiert. Einige von ihnen distanzierten sich später von ihren Beiträgen – allen voran „Tatort“-Star Jan Josef Liefers. Einige Videos wurden von der Internetseite genommen, etwa Beiträge von Meret Becker, Kostja Ullmann und Heike Makatsch. Immer mehr Beteiligte ziehen nach. Viele andere bekannte deutsche Stars der Schauspielszene übten Kritik, Nora Tschirner etwa bezeichnete die Aktion als „unfuckingfassbar“.

„Textbausteine könnten fast wörtlich aus Querdenkerszene stammen“

„Ich finde die Krokodilstränen, die einige der Kolleginnen und Kollegen jetzt weinen, sie seien so gründlich missverstanden worden, vollkommen unverständlich, weil manche Textbausteine fast wörtlich aus der Querdenkerszene stammen könnten“, sagte Matthes, der seit zwei Jahren Präsident der Deutschen Filmakademie ist. 

Wegen der Pandemie hatten Kinos, Theater und Museen in Deutschland über Monate schließen müssen. Matthes findet die #allesdichtmachen-Aktion allerdings wenig konstruktiv. „Als ich mir das erste Mal fassungslos diese Videos reingezogen habe, dachte ich auch: Was wollt ihr mit eurem Ulk? Was ist der Gegenvorschlag? Worin besteht jetzt das Konstruktive dieser Aktion?“

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Er befürchte nach wie vor die Marginalisierung der Kulturszene, sagte der 61-Jährige in Berlin. „Ich beklage, dass die Theater, die Kinos, die Opern, Konzerthäuser – obwohl sie sich um die klügsten Hygienemaßnahmen gekümmert haben – einfach pauschal dichtgemacht worden sind. Das haben viele Institutionen, auch die Deutsche Filmakademie, immer wieder angesprochen.“ Es sei „etwas deprimierend“, dass „diese Quatschvideos eine größere gesellschaftliche Resonanz erzielen als die vielleicht nicht so prominent-prickelnden, aber seriösen Stimmen von Menschen, die für Institutionen stehen und die versuchen zu differenzieren, abzuwägen und trotzdem kritisch zu sein“.

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