Seit ihrem 18. Lebensjahr hat sie mit Depressionen zu kämpfen, doch vor der Öffentlichkeit verschwieg Nora Tschirner ihre Diagnose lange. Nun spricht die Schauspielerin ganz offen über den Tiefpunkt in ihrem Leben.
In einer Umfrage wurde Nora Tschirner vor wenigen Monaten zur sympathischsten „Tatort“-Kommissarin gewählt. Neben der Krimireihe war sie auch immer wieder in Komödien wie „Keinohrhasen“ zu sehen, spielte sich mit viel Humor in die Herzen der Zuschauer. Wie schlecht es der Schauspielerin abseits der Kameras ging, ahnte kaum jemand.
Jahrelang litt Nora unter schweren Depressionen, hielt ihren Kampf jedoch stets von der Öffentlichkeit fern. Im letzten Jahr sprach sie erstmals in einem Podcast darüber, versucht seitdem offen mit der psychischen Erkrankung umzugehen. Als Komiker Kurt Krömer vor Kurzem über seine Depressionen sprach, bedankte sie sich in einem Instagram-Posting für seine Ehrlichkeit. Nun blickt die 39-Jährige in einem Interview mit dem „SZ-Magazin“ auf ihre schwerste Zeit zurück.
„Meine erste depressive Episode hatte ich schon mit 18, aber vor zehn Jahren kam der Tiefpunkt“, enthüllt Nora Tschirner. Auf der Website einer Depressionsklinik habe sie eine Prüfliste ausgefüllt. „Da stand: Wenn Sie bei den folgenden zwanzig Fragen drei mit ja beantworten, wäre es ganz gut, wenn Sie zeitnah vorbeikommen. Bei mir waren es 19.“
„Scham tötet mehr Leute als die Depression“
Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Angst, Lustlosigkeit und Schlaflosigkeit seien nur einige der Punkte gewesen. Und Scham. „Als privilegierte Person – Schauspielerin, Dach über dem Kopf, zwei gesunde Arme, zwei gesunde Beine – hatte ich das Gefühl, meine Probleme gar nicht haben zu dürfen“, erklärt die 39-Jährige und betont: „Ich glaube, dass die Scham mehr Leute tötet als die Depression.“
Auch in ihrem beruflichen Umfeld ließ sich Nora nichts anmerken, hielt die Diagnose sogar bewusst geheim. Denn: „Wenn ich angebe, dass ich in den vergangenen fünf Jahren psychische Erkrankungen gehabt habe, kommt die Frage: Ist deswegen irgendwann ein Drehtag ausgefallen? Egal ob die Antwort ja oder nein lautet, die Produktion wird sich daraufhin gut überlegen, ob sie es sich leisten will, dich zu besetzen.“
„Ich habe kategorisch gelogen“
Also machte sie in den Fragebögen für die Versicherung stets falsche Angaben. „Ich habe kategorisch gelogen, weil ich sonst keinen Job mehr bekommen hätte“, gibt sie zu. Als es ihr immer schlechter ging, zog sie sich mehr und mehr aus dem Business zurück und begab sich schließlich in Therapie. „Zwei Wochen lang stationär in der Klinik, aber ich habe ein Jahr lang Psychopharmaka genommen“, berichtet Nora.
Das sei genau der richtige Schritt gewesen. „Ich bin seit vielen Jahren frei von Symptomen, habe mir ein gutes Umfeld gebaut, treffe Vorkehrungen“, so die Schauspielerin. Rückblickend weiß sie: „Vermutlich hätte ich die Krankheit niemals komplett verhindern können, aber wenn ich mich besser um mich gekümmert hätte, wäre ich so tief nicht gefallen.“
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Einer der Gründe, warum sie nun verstärkt versucht, auf das Thema aufmerksam zu machen. „Ich weiß noch genau, wie allein ich mit meiner Depression war, und wie sehr es mir geholfen hätte, wenn sie nicht so ein Tabu gewesen wäre. Vielleicht hilft es jemandem zu erfahren: Guck mal, die Lustige, die steht ja auf dem roten Teppich, obwohl sie voll Depressionen hatte. Ey, vielleicht ich bin doch kein Honk.“
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