Intensiv, experimentell, engagiert und nah am Leben. Mit diesen Worten hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer die Lyrik von Nora Gomringer beschrieben. Die in Oberfranken aufgewachsene Direktorin der Villa Concordia in Bamberg ist am Montagabend mit der Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet worden. „Lyrik ist das Florettfechten der Sprachkunst, und Frau Gomringer beherrscht das Florett meisterlich“, sagte Dreyer (SPD) bei einer im Internet übertragenen Feierstunde im Staatstheater Mainz.
Was Gomringer (40) mit Carl Zuckmayer verbinde, sei das Hineinhorchen in die Gesellschaft, sagte Dreyer am Todestag des rheinhessischen Dramatikers. Ihre Texte seien politisch, „aber immer ganz feinsinnig und nie plakativ“. Die Gesellschaft brauche Kunst als Mutmacher wie als Spiegel. Auch wenn die Theater geschlossen und die Zuschauerräume leer seien – „die Kultur ist nicht verstummt“.
Beim Blick auf Gomringers bisheriges Wirken nannte Dreyer zehn Gedichtbände – den ersten veröffentlichte die Lyrikerin schon im Alter von 19 Jahren – sowie zwei Essay-Bände und mehrere Poetik-Dozenturen. Als Direktorin der Villa Concordia in Bamberg leitet Gomringer ein internationales Künstlerhaus, das Raum für kreative Arbeit, Austausch und Präsentationen biete.
Ein besonderes Anliegen ist der Preisträgerin die Verbindung von Text und Musik. Im Staatstheater Mainz wirkten dabei Philipp Scholz am Schlagzeug und Verena Marisa am Theremin mit, einem elektronischen Musikinstrument, das berührungslos gespielt wird.
„Lyrik und die Beschäftigung mit Lyrik sind Entfessler von Superkräften“, sagte Gomringer der Deutschen Presse-Agentur vor der Preisverleihung. Sie meine das ganz faktisch: „Ohne gelesene Texte, die mich zu bestimmten Zeiten in meinem Leben erreicht haben, wäre ich nicht mehr am Leben.“ Lyrik und ihre Vermittlung seien wie alle Künste auf Platz und Gelegenheit angewiesen, damit sie auch etwas bewirken könnten.
Der Preis ist mit einer Bronze-Medaille und einem Fass mit Nackenheimer Riesling verbunden. „40 Liter Wein als Gabe und eine generelle Nicht-Dotierung des Preises irritieren einen Künstler, der keinen Alkohol trinkt und natürlich unzählige Absagen und Aufschiebungen von Auftritten hinnehmen musste“, sagte die Preisträgerin der Deutschen Presse-Agentur. „Gerade in diesen Zeiten, da es ums Überleben geht.“ Aber es seien auch Zeiten, in denen es um um „Sichtbarkeiten“ gehe, auch aus der Distanz, trotz der Distanz.
Die Carl-Zuckmayer-Medaille ging bisher unter anderem an den Schweizer Autor Friedrich Dürrenmatt (1984), den Mainzer Lyriker und Liedermacher Hanns Dieter Hüsch (1989), die Poetin Hilde Domin (1992), den Schauspieler Mario Adorf (1996), die Schriftstellerin Herta Müller (2002) und den Filmemacher Edgar Reitz (2004).
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