Schluss mit Whatsapp: Darum sollten wir zu Signal, Threema und Co. wechseln

Ein Kommentar von stern.de-Autor Christoph Fröhlich

Whatsapp ist der populärste Messenger in Deutschland. Und Facebook sammelt damit Daten ohne Ende. Dabei gibt es längst Alternativen, welche die Privatsphäre schützen. Es wird Zeit, Whatsapp zu löschen.

Ernsthafte Konkurrenz für Whatsapp?

Sascha ist bei Signal. Kathrin ist bei Signal. Mathias ist bei Signal. Die Push-Benachrichtigungen auf meinem Smartphone sind in den letzten Tagen ziemlich eintönig. Und doch freue ich mich über jede einzelne von ihnen. Denn endlich ist etwas in Bewegung gekommen, was ich kaum noch für möglich gehalten habe: Immer mehr Menschen suchen nach einer Alternative zu Whatsapp.

Whatsapp ist mit mehr als zwei Milliarden aktiven Nutzer*innen der populärste Messenger der westlichen Welt. Längst hat der Dienst alle Winkel unserer Gesellschaft durchzogen. Hier werden Junggesellinnenabschiede geplant und bleiben Elternbeiräte in Kontakt. Man schickt den eigenen Standort an den besten Kumpel und telefoniert mit Oma und Opa. Je größer ein Netzwerk, umso schwieriger ist es, ihm auszuweichen.

Bei Whatsapp ist man selbst das Produkt

Zwei Dinge haben Whatsapp so unglaublich populär gemacht: Der Dienst integriert ständig neue Funktionen – und bleibt trotzdem kostenlos. Das ist insofern bemerkenswert, weil Mark Zuckerberg vor fast sieben Jahren stolze 19 Milliarden US-Dollar für die App auf den Tisch legte.

Viele Menschen haben nie hinterfragt, wie sich diese Ausgabe für ihn eigentlich gerechnet hat. Dabei gilt im Silicon Valley und erst recht in Palo Alto, dem Firmensitz von Facebook: Wenn etwas nichts kostet, bist du das Produkt. Dienste gegen Daten, das ist die stillschweigend geschlossene Übereinkunft im Netz.

Das wurde vielen Menschen in den vergangenen Tagen schlagartig bewusst, als sie nur kurz die neusten Mitteilungen auf ihrem Smartphone lesen wollten – und plötzlich ein Hinweisfenster den gesamten Bildschirm füllte. „Whatsapp aktualisiert seine Nutzungsbedingungen und seine Datenschutzrichtlinie“, hieß es darin. Auch ohne den Riemen gelesen zu haben ahnte man: Für die Nutzer*innen verheißt so etwas selten etwas Gutes.

Facebook sammelt Daten ohne Ende

Mutterkonzern Facebook wird nicht müde zu betonen, dass sich für Whatsapp-Nutzer*innen hierzulande nichts ändere. Und dass sämtliche Kommunikation Ende-zu-Ende-verschlüsselt sei, also von Außenstehenden nicht mitgelesen werden könne.

Beides ist wahr.

Doch Facebook lässt unter den Tisch fallen, dass der Konzern auch ohne die jüngsten Ergänzungen jede Menge Daten abgreift. Etwa, mit wem man Nachrichten schreibt und zu welcher Uhrzeit oder was für ein Gerät man benutzt. Einzeln mögen diese Datenschnipsel harmlos sein, in der Summe zeichnen sie ein deutliches Bild unseres Nutzerverhaltens, unserer Vorlieben, unserer Psyche. Denn die sogenannten Metadaten können sogar verräterischer sein als die eigentlichen Inhalte.

So offenbaren sie die Beziehungen zwischen Personen. Schreibt man jemanden nachts um drei eine Nachricht, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man eine starke Bindung zu dieser Person hat. Anhand von Standortdaten wiederum könnte man sogar erkennen, ob jemand eine Affäre hat – ohne ein Wort mitlesen zu müssen. Allein der Abgleich mit dem Adressbuch des Telefons ist ein Datenschatz für Facebook, mit dem der Konzern systematisch auswerten kann, mit wem ich befreundet bin.

Signal statt Telegram

Die Nutzer*innen rennen den Whatsapp-Konkurrenten nun die Server ein. Egal ob Threema, Telegram oder Signal – sie alle vermelden Rekordzuwächse. Am stärksten scheint derzeit Telegram vom Whatsapp-Exodus zu profitieren, der Dienst knackte vor wenigen Tagen die 500-Millionen-Marke. Dabei spricht nicht besonders viel für den Dienst, es sei denn man ist auf der Suche nach Raubkopien (nicht erlaubt) oder Corona-Schwurblern (nicht empfehlenswert). Warum Telegram den Ruf als sichere Whatsapp-Alternative hat, ist mir jedenfalls schleierhaft – Jürgen Schmidt, der Sicherheitsexperte von „Heise“, bezeichnete den Dienst jüngst wieder als „Datenschutzalbtraum“. Gruppen-Chats sind nicht verschlüsselt und alle Texteingaben werden offenbar bereits vor dem Absenden auf die eigenen Server übertragen.

Dabei gibt es mit Signal eine kostenlose Alternative, die alle wesentlichen Funktionen eines Messengers bietet und auch von Datenschützern gefeiert wird. Dahinter steckt kein Internetgigant, der mit den eigenen Daten die Anzeigen seiner Werbekunden optimieren will, sondern eine gemeinnützige Stiftung. Diese wird finanziert durch Brian Acton, der einst Whatsapp entwickelt und später an Facebook verkauft hat – und diesen Schritt mittlerweile zutiefst bereut.

Der prominenteste Fürsprecher von Signal ist Edward Snowden, der vor einigen Jahren das gigantische Spionageprogramm amerikanischer Geheimdienst offenbarte und so zum Staatsfeind der USA wurde. Auf die Frage, warum er den Messengerdienst Signal benutze, antwortete er knapp: Er nutze den Dienst jeden Tag und sei immer noch am Leben. Mehr Überzeugungsarbeit braucht es wohl nicht.

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst an dieser Stelle bei stern.de.


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