Zum Tod von Queen Elizabeth II.: Die Unerschütterliche

  • 70 Jahre lang war Elizabeth II. Königin des Vereinigten Königreichs. Länger regierte kein anderes britisches Staatsoberhaupt.
  • Sie erlebte den Mauerfall genauso wie den Brexit.
  • Nun ist Queen Elizabeth, ist die Queen, am Donnerstag im Alter von 96 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

Wenn man Queen Elizabeth II. beschreiben soll, noch dazu als Außenstehender, dann fällt es schwer, die richtigen Worte zu finden. Zum einen, weil schon viel zu viele Worte über sie gesprochen und geschrieben wurden. Wenn schon so viel gesagt wurde, egal, ob Wahres oder Erfundenes, wird jedes weitere Wort banal.

Zum anderen aber, weil zu wenig gesagt wurde – von ihr selbst. Die Queen spricht über Elizabeth? So etwas kam so gut wie nie vor.

Wer also war Elizabeth II.? Wie war sie? War sie humorvoll? Vermutlich. Einige Szenen in ihrem Leben lassen darauf schließen. War sie tierlieb? Die Zuneigung zu Hunden, vor allem zum Pembroke Welsh Corgi, ist weltbekannt. War sie tapfer? Wie hätte sie es nicht sein können, bei allem, was sie erlebte? Ja, Elizabeth II. zu beschreiben, ist alles andere als leicht. Aber ein Wort trifft ihr Wesen vielleicht doch: unerschütterlich.

Elizabeth II. war unerschütterlich, auch, weil sie unerschütterlich sein musste. Ständig und überall. Als Oberhaupt des Vereinigten Königreichs, des Commonwealths, der anglikanischen Kirche, der königlichen Familie – ihrer Familie – , als Hausherrin, als Leiterin des königlichen Unternehmens und als erste Repräsentantin des britischen Volkes. Und in all diesen Funktionen, Rollen und Ämtern musste sie die Unerschütterliche sein, egal, was auf sie, auf ihre Familie und auf ihr Volk einprasselte.

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Am 2. Juni 1953 wird sie in der Westminster Abbey in London gekrönt, zur Königin ausgerufen bereits ein Jahr zuvor nach dem Tod ihres Vaters Georg VI. Damit war Elizabeth II. das am längsten amtierende Staatsoberhaupt der Welt. Sie ist da, als sich Großbritannien vom Trauma des Zweiten Weltkriegs erholt.

Sie erlebt den Beitritt des Vereinigten Königreichs in die Europäische Gemeinschaft und auch dessen Austritt, den Brexit. Sie ist beim Bloody Sunday genauso im Amt wie beim Karfreitagsabkommen, als die blutige Gewaltspirale des Nordirland-Konflikts angehalten wurde.

Sie sieht, wie sich die Kolonien des ehemaligen British Empires ihre Freiheit erstreiten und sich langsam zum Commonwealth of Nations wandeln. Sie regiert, als zwischen Ost und West eine Mauer gebaut wird und sie regiert immer noch, als sie wieder fällt.

Sie ist im Amt, als britische Soldaten im Irak kämpfen, auf den Falklandinseln, dem Balkan oder in Afghanistan. Als weltliches Oberhaupt der Church of England erlebt sie mit, wie die anglikanische Kirche Frauen zum Amt des Bischofs zulässt und die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in einem Gottesdienst erlaubt.

Elizabeth II. ist mittendrin, als sich die britische Monarchie wandelt und ist selbst Teil dieses Wandels. Sie muss zusehen, wie das Königshaus immer stärker ins Visier der Boulevardpresse gerät, der egal ist, ob die Geschichten über sie und ihre Familie wahr, falsch oder gar erfunden sind. Sie sieht Hochzeiten, Geburten, Scheidungen, Todesfälle und Skandale – vom Tod Dianas über die möglichen Verwicklungen ihres Sohns Andrew in den Fall Epstein bis hin zum Rückzug ihres Enkels Harry und dessen Frau Meghan nach Los Angeles.

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Elizabeth II.: Ein Anker in einer sich wandelnden Welt

Sie erlebt mit, als in Großbritannien das Farbfernsehen Einzug hält und Jahrzehnte später das Smartphone. Sie regiert, als Sean Connery als James Bond vermeintlich in ihrem Auftrag Dr. No jagt und auch, als Daniel Craig fast 60 Jahre später keine Zeit zum Sterben hat. Doch anders als sie war der Superagent nur auf der Leinwand unerschütterlich.

Was aber bei all ihren Rollen und Verpflichtungen oft übersehen wird: Queen Elizabeth war auch ein Mensch. Einer, den abseits des Protokolls wohl nur die allerwenigsten kannten. Über die private Elizabeth Alexandra Mary ist wenig bekannt, Interviews gab sie nur ganz, ganz selten. Wer ständig unter Beobachtung steht, schützt die wenigen privaten Momente, wo er nur kann. Als sie für eine Dokumentation einmal erzählt, wie ungemütlich die goldene Kutsche auf der Fahrt zu ihrer Krönung gewesen ist, gehörte das schon zu den intimeren Einblicken in ihr Gefühlsleben.

Nein, über die private Elizabeth ist wenig bekannt, aber dass sie immer da war, immer standhielt, erzählt doch einiges über sie. Gerade in einer Welt, die im Wandel ist, wie vielleicht nie zuvor. Aber eine Welt kann sich nur vom Schlechten zum Guten und vom Guten zum Besseren wandeln, wenn sie Anker, wenn sie Fixpunkte hat. Weil sie sonst nicht wandelt, sondern wankt.

Elizabeth II. war so ein Fixpunkt. Ein unerschütterlicher. All die Zeit. Nun wurde die Unerschütterliche doch erschüttert.

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