München – Nach dem Erfolg ihres im vergangenen Jahr erschienenen Comeback-Albums „The Zealot Gene“ legen Jethro Tull jetzt nach: „RökFlöte“ heißt das neue Werk, bei dem sich inhaltlich alles um die nordische Mythologie dreht. Musikalisch bleibt sich die Band um Sänger, Flötenspieler und Songschreiber Ian Anderson aber treu – und serviert 13 typisch vertrackte Songs aus dem Grenzfeld Prog- und Folk-Rock, Jazz und Worldmusic.
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Die ersten zwei Dekaden des neuen Jahrtausends waren nicht unbedingt die Zeit von Jethro Tull. Sie gastierten zwar auf Festivals und gingen auch auf Tour. Doch im Studio machten sie sich rar und fütterten ihre Fangemeinde nur sporadisch mit neuer Kost. Dazu kamen Ausstiege verdienter Bandmitglieder (wie Gitarrist Martin Barre) und diverse Umbesetzungen. So mancher treue Fan befürchtete schon das Aus der Band.
Mit Comeback-Album in die Charts
Umso dankbarer wurde das Comeback-Album aufgenommen. In Deutschland kletterte „The Zealot Gene“ sogar bis auf Platz vier der Charts – und war damit das erfolgreichste Band-Album seit „Heavy Horses“ aus dem Jahr 1978. Ian Anderson, der gewiefte Geschäftsmann, weiß natürlich, dass man Eisen schmieden muss, solange sie noch heiß sind. Ergebnis ist „RökFlöte“.
Ein passender Albumtitel. Denn „Rök“ bedeutet auf Altisländisch „Schicksal“ und die Flöte, nun, sie war und ist das Markenzeichen dieser 1967 gegründeten Band. Schließlich war es Ian Anderson, der die Querflöte überhaupt in die populäre Musik einführte um damit ein Klangbild zu generieren, das Rock, Jazz, Folk und dazu kammermusikalische Preziosen kunstvoll vereinte.
Das gilt auch für die meisten der 13 Tracks von „RökFlöte“. Im Opener, dem fast vierminütigen „Voluspo“, gibt es aber zunächst einen kleinen Einführungstext über die nordischen Legenden, gesprochen von der Isländerin Unnur Birna. Dazu: sphärische Keyboard-Klänge, Atmen, Flötenmelodien. Ein mystischer Worldmusic-Mix, der sich erst in gefällige Folk-Rock- und später in rabiate Hard-Rock-Muster verschiebt.
Virtuoser Parforceritt
Seit jeher speisen Jethro Tull ihren Sound mit unterschiedlichen Zutaten: In einem Moment lässt sich ein verträumter Waldschrat-Folk vernehmen, im nächsten Takt setzt es harte Gitarren-Riffs. Abgeschmeckt wird die Mixtur häufig von vertrackten Unisono-Läufen, bei denen Anderson und seine stets versierten Begleiter ihre Virtuosität unter Beweis stellen können. Dieser Parforceritt gelingt erneut prima – beispielsweise bei „Ginnungagap“, „The Feathered Consort“ und dem wuchtigen „Hammer On Hammer“.
Auf welchem musikalischen Niveau sich die Band auf ihrem 23. Album immer noch bewegt, beweist sie in dem mit ungeraden Takten gewürzten, sehr nach den alten „Tull“ klingenden „The Perfect One“. Auch „The Navigators“ und das akustisch gehaltene, mit barocken Melodien aufgeladene „Guardian’s Watch“ erinnern an Frühwerke des Rock-Dinos. Ein Hit, wie ihr 1971er Evergreen „Locomotive Breath“, lässt sich aber auch auf „RökFlöte“ nicht ausmachen. © dpa
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